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POMPEJI UM 1825

Obwohl man bereits 1748 mit den ersten, noch wenig systematischen Ausgrabungen
begonnen hatte, war Pompeji erst m den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts zu einer
obligatorischen Station der bildungsbeflissenen Italienreisenden geworden. Voraussetzung
dafür war ein Entschluss der bourbomschen Administration, die ausgegrabenen Ruinen
offen liegen zu lassen und für Besucher zugänglich zu machen. Die beiden damals
sichtbaren Grabungsbereiche um das Herkulaner Tor im Norden und um das Theater
im Süden wurden noch durch Weinberge voneinander getrennt. Doch vor allem von 1806
bis 1815, während der französischen Herrschaft m Neapel, war die Grabungsfläche sehr
erweitert worden. Man hatte unter anderem das Forum entdeckt und damit eine genauere
Kenntnis der urbanistischen Gestalt der antiken Stadt gewinnen können. Die vollständige
Freilegung dieses Platzes und damit letztendlich auch die Verbindung der bis dahin
noch getrennten Grabungsareale fiel jedoch erst m die Zeit der zweiten bourbonischen
Regierung, die die Arbeiten weiter förderte. Um 1825/26, zur Zeit von Enslens erstem
Aufenthalt in Pompeji, konnte der Besucher bereits einen beträchtlichen Teil der Stadt
auf dem antikem Pflaster durchqueren. Von der Diomedes-Villa im Norden, dem üblichen
Eingang m das bewachte Areal, bis zum großen Portikus unterhalb des Theaters war das
ein Spaziergang von mehr als einem Kilometer, der von den unterschiedlichsten Bauten
gesäumt war und damit einen einzigartigen Einblick in den Charakter einer römischen
Stadt bot. Normale Reisende konnten weitgehend frei die Ruinen besuchen, mussten
aber die oft phantasievollen Geschichten der „Ciceroni" anhören und dafür auch bezahlen.
Künstler und Architekten brauchten im Allgemeinen eine besondere Genehmigung,
um an Ort und Stelle zeichnen oder gar messen zu dürfen.
Schwierig war es dagegen, sich em Bild von Pompeji zu machen, wenn man nicht die
nötigen Mittel für eine Reise nach Italien besaß oder wenn man lediglich die eigenen
Erinnerungen auffrischen wollte. Das galt insbesondere für die deutschen Staaten. Die
wenigen prunkvollen Stichpublikationen waren in Italienisch oder Französisch erschienen
und in Deutschland kaum zugänglich. Auch die beliebte, 1819 erschienene handlichere
Darstellung Pompejis von William Gell dürfte nur in den besten Bibliotheken vorhanden
gewesen sein. So konnte 1823 der österreichische Genie-Offizier Goro von Agyagfalva

Aup Jen Seiten 40-4]
Andrea de Jorio, Pian Je Pompei, 1825,
Paris, Bibliothèque Nationale.
Der Plan zeigt den Stand der
Ausgrabungen, wie ihn Enslen bei
seinem Aufenthalt in Pompeji vorfand.

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