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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1860 (Nr. 179-190)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1806#0007
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VvK Paris nach Marserlle.

von Prisac.

LL.

Monibard, ar>f der 31. Staiton, im Departement Tote d'Or, ist ein
Bergsckloß, wie man deren eine Menge an den Ufern der Rhsne findet, mit
einem dazu gehörtgen Städichen. Letzteres ift aber besonder« badurch berühmt
geworden, wetl eS die Baterstadt Buffon's tft. Für dte Kirchengeschichte aber
hat die Nähe von NontbarL etne audere Berühmthett. Hier liegt nämlich die
Ldtei Fontenay, Cistercienser-Ordens, welche im Jahre 1118 burch Bernhard
und Milon von Montbard, Deide Oheime des beiligen Bsrnhard, gegründet
worden, und die wsnigften« als daS geistige Vaterland dieses großen und
um die Äirche so verdienten Heiligen zu betrachten ist. Die Kirche von Fon-
tenay wurbe von Eberhard, Bischof von Norwich, gegründet und von Popft
Eugeu III., dem Schüler deS heiiigen Bernhard, om 21. September 1147
eingeweiht.

E« liegt aber nicht wcit von Montbard noch ein andere« Schloß in der
Nähe der 32. Station, das schon durch sein Bauwerk allein geeignet wäre,
die Aufmerksamkcit des Besuchers aus fich zu lenken. ES ist diescs jeneS der
Nouffy de Rabutin, eines Teschlechtes, dss dte Leser aus den berühmten
Briefen der Frau von Sövtgne sennen.

Hat man die 34. Station, 8laisy-DaS, pasfirt, ss geht es in einen wei"
ten Tunnel hinein, über welchem fich in malertscher Fernficht ein prächttges
Felsenschloß erhebt mid der rine Länge von mehr als 4000 Meter hat, die
wan gewöhnlich in 5—6 Minuten zurücklegk. Die Gegend wird jetzt wild unS
phantaftisch, besonderS um das Schloß von llrcy herum; d!e Lust ist ein Feuer,
der Htmmel ein Ocean, wie Lamariiae sagt, dgs franzöfische Stbirien, traurig
wie dir Norden, eine Gegend für Hiltes uud Holzhacker, wo man siundenlang
gehe« kann, ohne etwaS LndereL zu sehen. Liue Eiche gleich der anderen,
eine Herde gleich der anderen. Es ist die Monotonie der Wüste zwischen
Kairo und dem todten Meere. Ohne nun weiter mtt dem Dichter zu rechten,
ob seine Züge doch nicht etwas zu markig sind oder so ganz paffen, — fahren
wtr lieber weiter über den schönen Viaduct bei Molain oder Courbe du Fotn. !
Dieser Viaduct hat tn einer doppelten Rethe von Bogenstellungen im Ganzen s
eins Höhe vo» 44 Meter und eine Länge ron 220 Meter. Dte untere Rethe
zählt 8 Nrcaden mtt einer Epannung von 9 Meter, dte obere 13 Lrcaden
mit einer Gpannung vsn 12 Meter. Jrtzt geht es nach PlombtereS, so hat
der Franzose einen Ort, der einst in gut DeutsK Plumers hieß und einen
Theil des burgundischeu Kretses bildete, übersetzt. Es ist ein kleiner Ort vsn
ungrfähr 1700 Etmvohnern, aber schon im frühen Miitelalter bekannt. Es
liegt in etnem bamnreichen Thale, rund von Gebirgen umgeben, und ist in
der neueren Geschichte wiederum vielfach genaimt. Von PlumerS gebt es wic-
derum tn einen Tunnel hinein, und wir sind Licht sor Dtjon, der alren Haupt-
stadt der burgundrschen Herzoge.

Was war Dijon noch gegen den Nusgang de« vortgcn Jahrhunderts sür
eine prächtige, thurmreiche Stadt! Prag hat nicht mehr Thürme als das alte
Dtjon. Jch habe da ein Bildniß von Dijon vor mtr liegen, wte es noch bis
rmn Jahre 1789, dem Jahre der großs» Zerstörungs-Zdeen, war, wonach fich
die Stadt auch mit der thurmreichsten meffen konnte. Dtjon hatte damal« ein
malerisches, poetisches Aussehen. Man kann fich nichts Prächtigeres devke»,
als eine Stadt mtt vielen Thürmen. Eirie Stadt ohne Thürme mag ein
Lübsches Häuser-Eonglsmerat sei», daS Bild xiaer städttschen, krästtgen Ge-
noffenschaft hst fie nicht.

Vsr dem Jahre 1789 gab es in Dijon ungefähr 33 bis 34 Kirchen. Die
Mauern waren durch eine Menge von Thürmeu flankrrt. Noch gegemvärtig,
»achdem diese gebrochen, die meisten jener Kirchen niedergelegt oder zu an-
derweitigen, fcemden Zwecken verwsndt worden» hat Drjon ein malerisches
AuSsehen. Eine gcheime Sehnsucht trieb mich stetS dorthin, wenn ich dte Thürme
von St. Bentgnus sah. Jch konnte daher nicht wtdcrstehen, wentgstens Einmal
aus mctnen Zügen hier zu übernachten und dte dortigen Merkwürdigkeiten
etwaS genauer in Augenschetn zn nehmen.

Die Kathedrale deö heüigen Denignus fallt schon von dem Bahnhofe,
auS als ein tnteressantes Gebäude in dte Augrn. Sie wmde über dem Trabe
des Heiligen selbst erbaut, der hier in dem zweiten Jahrhundert der christ-
licheu Zeirrechnung ben Martprtod erliiten. Es kann dabci keineswegcs an
das gegenwärtige Kirchengebäsde gedacht werden. Jenes «rsprünglichs war
schon im 6. Jahrhmidert nicht mehr vorhanden, wo der heiltze Gregor, Bischof
von Langres, ein «eueS errichtete, welcheS schon in den Tagen Karls bes
Kahlen der Restsucation bedürstig war. Nder auch das hielt nicht länger als
biS in deu Anfang des II. Jahrhundsrtö, wo Nbt Wilhelm eS erneuern ließ.
Diese Kirche war wahrschetnltch, wie es in jener Zcitperiode nicht selten vor-
kommt, mit eincm Thurm über dem Knotenpuncte deS TransepteS und des
HauptschiffeS versshe», wonn sich im Jnnern eine Kuppel befand. Der Thurm
stürzte aber spätcr ein und zog demnach den Untergang eineS großen Theiles,
wenn nicht der ganzen Ktrche nach fich. Es war daher abermals etn Neudau
vonnötben, der uns mit Jnbegriff eintger ältcren lleberreste bi« aus den heu-
tigen Tag eihalten ist. Die Kirche, wie wtr fie gegenwärtig vor uns sehen,
hat cine Länge von70Meter, 29 Meter Breite und 28 Meter Höhe im Jnnern.
Ste ist von cinem malerischen Sffecte mit schönen Thürmen an der Westseite
und interessantem Pvrtale, welche von einzelnen Kunstbistortkern, wiewohl um
etn Jahrhundert z« srüh, noch in da« 11. Jahrhundert gesrtzt werden.

Dicht in der Rähe von St. Benignus findet fich eia anderes Kirchen-
Bauwerk aus einer viel älteren Periode, al« dte Kaihedrale, daS aber leider
gegeuwärtig in ein Magaztn vcrwandelt wordes, obgleich dasselbe als Ktrche
jede Stadt uoch fchmücken würde.

Eine Kirche von grandtoser Auffaffung, aber strengem Stple deS Spltz-
bogen-SystemS ist dte Rotre Dame ta Dijou, zu Ansang deS 13. Jabrhun-
derts gegründet, aber sehr langsam sortgeführt. Dte vordere Fayade ist so
eigenihümlich, daß ich kaum eine ihres Tleichen kenne. Ste besteht aus dret
Hauptabtheilungen; Lie untere davon hilden die Etngänge, die betden oberen
eine doppelte Reihe von Colonnade» im strengen Spitzdogeustxle, welche mit
einem horizontal laufenden Gesimse gekrönt find. Die horizontale» Linien

walten öberhaupt bei der ganzen Fa?ade in einem größsren Maße vor, als
es sonst bei gothischen Bauten Regel ist. Der Hauptthurm srhebt stch über
dem Trqnstpte, und die Kirche bat im Gsnzen 48 Meter Länge, 14 Meter
Breite und 15 Meter Höhr.

Ein Kirchen-Bamverk ganz besondeier Ait und, was stine Fa?ade be>
trifft, von dem wilden Geschmacke deS 16. uvd 17. JahrhundertS ist St.
Michel in Dijon. Maa fieht an seinem Haupt.Psrtal, wte ein Retst-Handbuch
bemerkt, heidnisch mytdologische Jdeen mit religiöS-christlichen in Verdtndung
gebracht: Minerva irud Apsllo, BenuS und Salomo, Judjth und Uott-
heite» der Römerwelt. Wir sages, das ist eiue schöne Wirthschast! Eine
solche Zeit mußle ihre Resction finden, fie hat fie gefunden. aber leider
wiederum uicht in der rechten Wetfe, Man fieht. daß die Zett fich selbst nicht
mehr verstand <n thren reltgiöst» Jdecn, und dsß nur dcr politische Wirrwarr
der Gegcnwart fich ihr auf poltttschcm Gebiete würdig an Lie Seite ßellen
könnte.

Leider haben die sonsttgen Kirchen Dijons durch spatere Restaurationea
so gelitten, daß wohl von threm ursprünglichen Altcr wentg mehr übrig ge-
dlieben, als die Eriunerung. Dasstlbe gtlt aber auch von vielen konstigsn
alten Banwerken dcr Stadt, woran allerdingS »och eiu ziemltcher Reichthum
vorhandeu tst.

Dijon hat ungefähr 30,000 Einwohner, aber verhältntßmäßig ist wohl
keine Stadt der Welt ss fruchtbar an berühmlen Männern gewestn, als ge-
rade fie. Sie bat der Kirche den heiltgen Bernhard, Boffuet, die hetlige
Francisca von Chantal gegeben; der RschtSwiffenschast: Bouhter, Bannelier,
Bcrlier; der Verwaltunq: Hugo Auberiot, Jntkndant ber Finanzen und Prevot
von PariS unter Karl V., unv Hug» Maret, StaatSratd unter dem ersten
KaistrretL; dcn sonsttgen Wlssenfchaften: Guyton du Morveau, Chausfier,
Durand, Adela Tobourot, Clement, Biron. Crebillon, Cazvite, Petelot, Ja-
cotot, Viardot und Andere; den Künsten Rameau, Ssmdter, Brunet, Lalle-
mant u. s. w.; der Armee einen Admirsl Rouffel, den General Lharbonnel
und Marschall Vaillant.

Der größte Bürger von Dijon ist offsnbar der heilige Bsrnhard, dem die
Stadt auch auf etnem eiaens dazu bergerichteteu Platze etn Denkmal gesttzt,
dss freilich nach dem Ginne der Zeit aufgessßt tst und in sttner gegenwär-
tigen Umgebung fich nicht so ganz zurechtzufinde» weiß.

Lon Dijon auS föbrt dsr Schienenweg weiter durch dte herrlichen Wein-
berge ron Burgundlen Lber Gevrep Chambertin, deffen Schloß Tcvrep Cham-
dertin einst zur Abtei von Cireau gehörie. Dtest Abtet selbst liegt in der Nähe
von Vougeot, auf der 39. Ststion von Pan's nach Lpon. wenn man eS nicht
vorzieht, bts Nuits zu fahren. Wem jedoch einiger Maßen darcm liegt, wte
die Abtei früher tn ihren Bauwcrken auSscch, den müssrn wir auf daS schöne
Werk: Oletionniurs rsissmie ä'L-rekiteoturo irsnysise, von Vtollet-Le-Duc ver-
weisen. Denn letber tst auH Cckeau elner Sirömung gefolgt, Lie gegcn Ende
des 18. Jahrhunderts allgenwin war und zulctzt nichtS geschaffen alS GebäuLe
für prächtige Castrnen, Zucht-, Fabrik- unv Raspelhäustr. So wurde denu
auch Citeau im sogenannien modernen Geschmack erneuert, u.id die Revo-
lution that das Jhrige, wenn fie die berühmie Abtei, ganz ohneRücksicht auf
ihre srühere Dedeutung in der Grschichte dcr europäischen und christlichen
Cultur, aufhob, an einen weltlichen Speculanten verkauste oder in eine Strsf-
Austalt umwandeite. Ctteau, von dem einst eine Reform in der Klostergefchichte
ausgegangen, das hell leuchstte in die Jahrhunderts hinein wie der Morgen-
ßern, und aus dessen gewethten Mauern vier Päpfte hervorgegangen, nämlich
Eugen III., Gregor Vlll , Tölestin IV. unb Benedict L!I, tst gegenwärtig
wie Brauweiler und Steinfeld und so viele andere Klostergebäude eine Colonte
für Sträflings.

Die 42. Station ist Beaune. Die dortige Collegiat-Kirche Notre Dams
ist ein höchst tntereffantes Bauwerk, deffea ältcre Theile noch dem 12. Jahr-
hundert angesören sollen. Ste hat elnen schönen Porticus und eine malertsche
llmgebung. UebrizenS trägt dte Kirche die Spuren aller Jahrhunderte sett
ihrec Gründung an fich. Von sthr schöner Wirkung und wahrhaft malcrtschem
Effecte ist das Hospikal zu Beauns, welcheS, nach drm Ausdrucke eineö spateren
SchitststsllerS, der freiltch unstre Jnstitnte in der Art nicht kennt. eher einem
köntgiichen Schlosse, als einem Aufenthalte für Nrme gleicht. Das Bauwerk
mit seincn vtelen rctchverzierten Dachfenßern im Stpls deö MstelalterS hat
eine höchst prächtig? Csnstruction und ist schon läugst der Gsgenstand viel-
sacher Siudren der berühmtestcn Alterjhumsforscher gewestn. Da stch das Ge-
dsude im Tanze gut erhalten hat, so hat man von hter msnches Mottv zu
späteren Rsftaurationen, wenn ntcht besonderen Neuhautrn, enilchnt. Man
nennt nsmentltch die Bleiardcit und daS Bleiwerk, welches, von M. Laffus
copirt, auch dei dcn Reparationen an der Sainte Chapelle in Parts in An-
wendung gekommen. Es gtdt ader außer Liestm Hofpttale und der odener-
wädnten Kirche auch noch sonstige Merkwürdigkeiten und Seh>tnSWürdigkeiten
tn Beauue.

Die 46. Station tst ChalonS-sur-Saone, Cabillonum, die alte Stadt der
Aeduer. Jch habe in diestm Orte einmal üdernachtet und bin zweimal von da
auf das Saoneschiff gegange«, um mittels deestlden zu Waffer nach Lyon zu
fahren. Zch kaun aber nicht sagen, daß mir bei der Gelegenheit hesondere
Merkwürdigketten in dem Orte aufgestoßen find. llnd doch war die Stadt in
den Tagen deS Ammianns Marcellinus eine der dedeutendsten tn dem dama-
ligen Gallien und kommt wiederholt in der Geschichte vor. Man nennt fie in
Krtegs- und FriedenSzetten, uud bis in die Tage der merovingischen Könige
haben fast alle Bölker ihren Stab dort m'edergesttzt. Die Köuige Karl VIII.,
Ludwig XII., Franz I., Ludwig XIII., die Königin Chrißinr von Schwedsn
haben hier glänzende EmpfangStage gehslten, und die Strettigkeiten der
relrgiösen P-rteten, welche namentlich den Süden von Frankreich so blutig
zerfletschten, find ebsnfallS nicht ohne gewaltige Nachmehen hter rordeigegan«
gen, und vielleicht ist gerade dieseö der Grund, wrßhalb tch auch ntcht ein
etnziges merkivürdtgeö Gebäude in Chalons zu nennen wüßte, dte Stadt mir
überhaupt, außer Len obltgaten BoulevardS, ohne welche in Frankrcich nicht
einmal eine Provincialfiadt bestehen kan», mid eintgen Kaffeehäusern, die
ebeufallö zum franzöfischen Ch-raktergehören.sthr mittelmaßig schiea.Dsgegen
machen di- Schriststeller auf eine benachbarte Abtei aufmerksam, von der tch
doch etwas sagen muß. Es ist dteö St. Msrcell, wo Köntg Guntram dsreinst
eine prächtige Kirche gebaut. DaS Klsster gehört aber als Prtsrat zn dem
ebenfalls ntcht gar weit tn der NSHe von Macon gslegenen Llugnp. Js St.
Marcell war es, wo Abailard am 2. April 1142, nachdem er fich zuvor
 
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