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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1860 (Nr. 179-190)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1806#0051
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Kölner Dornban.

llnter Bezugnahme auf die Borstands-Ber-andlu»gcN in der Sitzung
v»m 27. Dcccmber v. I. (e5. Demblalt Nr. 778) zeigen wir bierdurch an,
daß die erste Sendung der pro 1880 auSzugebenden

Bereins Gedrukblätter

eingetroffen ist. — Diejenigea Mitglieder des Eentral-Dombau-Bereins,
welche gemäß ß. 76^) des Statnts zur Empfangnahme des Gedenkblattes
berechtigt find, können demnach dasselbe in unserem Bereins-Secrstariate
(Rathhausplatz Rr. 3) entgegennebmen.

Die verehrlichen Borstande der auswärtigen Hülfs-Bereine ersuchen wir
ergebenst, unserem Secretariate die für ihrcn Verein erforderliche Anzahl, so
wie die Art und Weise der Zusendung (ob per Post oder per Gelegenheit)
anzugeben. ». . »

Köln, den 72. December 1860.

Der Ve rwaltun gs-Au sschuß
des Central-Domb au-Vereins.

*) folgenden Jnbalts: „Jedes Mitglied, welches dreiJahre dem Dereine
anzehört hat oder den Beitrag dieses Zeitraumes beisteucrt, erhält
ein Bereins-Gedenkzeichen".

Erste Geueral-Bersammlung

d e s

akademischku Dombau-Vercins in Hildesheim,

Montag, 19. Novcmber 7860, NachmittagS 5 Uhr.

Anwesend waren außer sämmtlichen ordentlichen Mitgliedern des Vereins
und dem Borstande (die 8tuä. tlisol. Mctz, Machens, Beelte) Seine
Bischöfiichen Gnaden der Hochwürdigste Btschof von Hildesheim, die
Ehren-Präfidenten, Herr RegcnS v. Mattes und Herr Prof. v. Open,
uebst andercn Ehren-Mitgliedern.

Der zeitweilige Präfidcnt des Vereins, Herr 8tuä. tkeol. Metz, refe-
rirte kurz über dte neue Sründung dcs Bereins, der bet dcr unbedeutenden
Zahl der Studirenden an der hildeshcimer Facultät vor einigen Jahren
eingrschlasen war, gab daS Ergebniß der ersten Semestral-Sammlung an
(24 Thlr. 5 Ngr.) und den jetzigen Bestand dcs Vereins (16 ordentliche
und 34 Ehren-Mitglieder), und bat schließltch Se. Bischöflichen Gnaden,
unter allgcmeiner Erhebung der Versammlung, das Protectorat über den
Bercin annehmcn zu wollen. Der Hochwürdigste Bischof erklärte fich hierzu
in gewohnter, liebevoller Weise bereit und erwähnte, daß auch er während
seiner Anwesenheit aus der Synode zu Köln aufgefordert sei, sür den kölner
Dom in seiner Diözese zu wirken. Er wolle dahcr um so mehr die Bemühun-
gen deS VereinS nach Kräften fördern und sei vor Allem erfreut, daß diese
Bestrebungen gerade von den Theologen auSgingen, weil mit diesemWirken
für das Haus Gottes auch der Sinn für das Göttliche und Heilige erstarke.

Sodann gab Herr Seminarist B ecker nach den Werksn von Boifferße
und Kreuser, so wie nach den Berichten dcs Dombaumeisters im Domblatte
eine Geschichte deS kölner Domes.

Hierauf sprach Herr 8tuä. tdsol. Machens solgcnde Worte:

„Die warme Thetlnshme, die unser Verein gleich bei seinem Entstehen
gefunden hat, beweis't, daß, wie überall, so auch bei uns mit dem Wieder-
erwachen des religtöscn Lebens der Sinn sür die Kunst, für die christliche
Kunst insbesondere, wieder rege geworden ist. lleberall in den deutschen
Gauen, ja, auf dem ganzen Continent,scheint, wie für Religion und Wissen-
schast, so auch sür die Kunst eine neue glänzende Aera angebrechen zu sein,
und so viel wenigstens ist unverkennbar, daß die Periode des Ungeschmacks,
daß die Zopfperiode ihr Ende erreicht hat. Auch hat man endlich eingesehen,
daß nicht bet den Hellenen allein die Kunst gepflegt ist, daß such bei den
christlich-germanischen Völker» des MittelalterS ein frischcs, fröhliches Kunst-
leben herrschte, ja, dsß die Kunst des Mittelalters auf ungleich höherer
Stufe steht, als dte der Hellenen, weil dteser das tief Jnnerliche des christ-
lichen Princips fremd ist, weil fic das Ewige nur beröhrt, es nicht zu be-
greisen und zu erreichen vermag, während die christliche Kunst des Mittel-
alters, nicht klebend sn dem bloß Aeußeren, auf den Fittichen des begeistern-
den Glaubens und der beseligenden Liebe emporstrebt, und tn der Verklärung
des Endlichen durch das Uneudliche, in der Erhebung des Sinnlichen in das
Neberfinnliche ihren ewige» Gehalt findet. Wetl diese christliche Auffassung
der Kunst des Mittelalters in der Aufklärungs-Periode verloren gegangen
war, und mit ihr dcr richtige Maßstab zur Wurdigung der Werke dieser
Kunst, so sah man in diesen nur Ausgeburten religiöser Schwärmerei und
möuchischcn Ungeschmacks, und tlickte mit souvcraiirer Berachtung auf alles
herab, was der christliche Sinn, was die Begeisterung sür Kirche und Vater-
land im Miitelalter Großes geschaffen batte. Die Poefieen der alten Dichter,
die Heldengesänge eineS Wolfram von Eschenbach, die Legenden eines Gott-
sried von Straßburg, die Dichtunge» eines Walther von der Vogelweide
vermsdertcn fast unbekannt im Staube der Bibliotheken, und die Bcmühun-
gen der romautischen Schule, fürdiese echt d e utschen Dichter dasJntereffe
des dcutschen VolkeS rege zn machen, waren nur von geringem Erfolge
gekrönt. Die alte Kirchemmrfik, die in der Fortbildung bes gregorianische«
Gesanges einen so hohen Reichthum von Gesangcsblüthen entfaltete, hat bis
heute noch einer Mufik weichen müffen, die den kirchlichen Charakter, die
christliche Jdee zum Theil gänzltch verloren hat. Auf dem Gebiete der bil-
denden Kunst vollends erkannte mau nur die Hellenen und deren sclavische
Nachahmer als wahrhaft bewunderungswürdige Meister an, und selbst dte
Werke eines Michel Angelo, eines Raphacl hatteu nur in so weit Werth,
als fie auf dem Bsden der Antike standen; der christliche Charakter ihrer
Gemälde galt als ein unerquicklicher Beisatz. Die ehrwördig-frommen, wenn
auch oft etwas steisen Heiligen-Statuen des Mittelalters, auf deren Lnt-
litze Glaube und Liede strahlen mit jener Milde und Hoheit, mit jenem hei-
ligen Feuer, aber auch mit jener tiefen Ruhc und sanften Heiterkeit, wie fie
nur dsn Seligen des HtmsielS zukommen, betrachtete man mit mitleidigem
Achselzucken. Und alle jene herrlichen Werke der Architektur, jeneprachtvollen

Bafiliken, jene romanischen Kathedrslen, jene himmelanstrebendcn gothische»
Dome ließ man verödsn und verfallen, bemitzte fie zu Magazinen und be-
dauerte nur, fie rricht auf Abbruch verkausen zu köunen. Mußten doch auch
wir noL vor etnigen Jahren mit anseben, wie der Prachtbau des heiligen
Bernward, jeue Karhedrale, in welcher so ost dte Gesänge ehrwürdiger Mönche
ertönten, zu einer Aegelbahn för Jrrfinnige herabgewürdtgt wurde.

„Dsch wozn diese traurigen Erinnerungen wach rufen? Wozu jener Zeit
gedenken, die so »iele Konstwerke verschleuderte, so vieles Schöne und Gute
mit dem Pinsel der Aufklärung öbertünchte? Freuen wtr uns, dafi diese wahr-
haft trübsclkge Zeit vorüber und das Morgenroth einer neuen lebensvollen
Zukunfi aogebrochen ist; freuen wir uns, daß man in vielseitiger Strebsam-
keit auch auf dem Gebiete der Kunst die Fehler der Ahnen wieder gut zu
macheo sucht. Mit der richtigcn Einficht, daß ein neuer Aufschwung derKuust
nur durch Anknüpfung an dcn durch die Reformation unterbrochenen Ent-
wicklungsgang herbeigeföhrt werden könne, und daß, indem das reiche Kunst-
leben der Vorzeit dem Emn erschloffen wird, die ewigen Jdeen desselben i»
den Gedsnkenkreis der Gegenwart eindringen, — mit dicser richtigen Ein-
ficht wendet man fich dem Siudium der Kunstwerke des Mittelalters zu und
sncht vor Allem dte großen Monumente jener großartigen Epoche, jener
Jugendzeit der christlich-germanischen Völker in wüidiger Weise wteder her-
zustellen. Der Ausbau des kölner DomeS, dieses unvollendeten BilLeS der
Vollendung, dieses Canons deutscher Banknnst, gab nur den Anstoß zu eiuer
Menge ähnlicher llnternehmungen, und die Godehardi- und Michaelis-Kirche
in HildeSheim, der Dom wie die Liebfrauen-Kirche zu Halberstadt, die Kirche
zs Gernrode am Harz wie zu Königslutter bei Braunschweig geben Zeug-
»iß, daß auch unsere Gegend bei dem allgemeinen Streben nicht zurückge-
blkcben ist. Bor Allem gebührt dem hochherzigen König Ludwig von Bapern
der unvergängliche Ruhm, durchgreifend und umfaffend die Kunst gefördert
und besonders ihre volkSthümliche Scite richtig erfaßt und begriffen zu haben,
daß die Kunst kein bloßer Lurus-Arlikel für die Reicheren, sonder» cine le-
bendige Sprache des ganzen Volkes sein will.

„Dadurch, daß der kunstfinnige König für große, öffentliche Zwecke alle
bildendcn Künste vereiuigte, knüpste er wieder das Baud inniger Einheit,
welches so lange zerriffen gewesen war. Die Architektur stand wieder im
Mittclpuncte, und die Schwesterkünste wetteiferteu in jugendlicher Frische,
fich ihr zu edlem Dienste zu ergebe», ohne dabei ihre Selbstständigkeit ein-
zubüßen. Fast verloren gegangene Zweige der Kunst, wie die Frescotechnik
und die Glasmalerei, würden wieder, und man dqrf satzen: meisterhaft, nach
langer Bergessenheit geübt, und andcre biSher kümmerlich betriebene erhoben
fich von Neuem zu schwungvollem Betriebe. Dadurch aber, daß die Künste
nicht mehr in ihrer Jsolirung verharren, daß fie zur Herstellung großer Auf-
gaben fich wieder einträchtig zusammengefundcn und gemeinsam Werke von
wahrhaft monumentaler Bedeutung und von unvergänglichem Werthe ge-
schaffen haben, wie dte Bonifacius-Bastlica, die Allerhetligen-Kirche, die
Ludwigs- und Au-Kirche in München, find fie fich wieder jener höchsten Auf-
gabe bewußt geworden, dem öffentlichen Leben des ganzen Volkes als Aus-
druck zu dienen, indem fie seinen Anschauungen, Jdeen und gemeiusamen
Jntereffen ein höheres Gepräge verleihön und den kirchlichen und nationalen
Sinn gleichmäßig beleben. Doch wird die Kunst erst dann wahrhaft NeueS
schaffen können, wenn die Kirche, diese Mutter alles Guten, Wahren und
Schönen, diese Pflegerin dcr Künste und Wiffenschaften, das alternde Europa
wieder mit ihrem Geiste belebt und verjüngt haben wird.

„Mit dsm Wiederausblühen der Kunst in der Gegenwart geht Hand in
Hand das Streben, die allgemeinere Verbreitung kunstgeschichtlicher Erkennt-
niß, und damit zugleich Berständniß und Genuß der Meisterwerke durch
Wort und Bild zu fördern. Anschließend an Winckelmann, der die Weltzum
wahren Verständniß der antiken Kunst führte, haben besonders in neuerer
Zeit Kunstkenner den ganzen Entwicklungsgang der Kunst in den drei Pe-
rioden der alten, mittleren und neueren Zeit in anztehender Weise darge-
stellt. Außer den größeren Werken von Kugler und Schnaase erwähne ich
hier vor Allem den „„Grundriß der Kunstgeschichte"" von Lübcke und die
Arbeitsn von Springer und Otte. Lübcke gibt in seinem Grundriß eine
Ueberficht des ganzen Entwicklungsganges der Kunst, stellt besonders die
einzelnen Höhenpuncte ihrer Entfaltung in volles Licht und macht das Ganze
durch eine Rcihe zum Theil »ortrefflicher Abbildungen anschaulich, so dsß
das Wcrk jedem, der Sinn und Jnteresse für die Kunst hat, ohne aber aus
dcm Studium derselben eigentlichen Lebensberuf zu machen, empfohlen
werden kann.

„Mögen die Bestrebungen dieser Manner, den historischen Verlauf dcr
Kunstbewegung darzustellen, und in ihr den iuneren geistigen Zusammenhang,
die großen Jdeen der Culturentfaltung des Menschengeschlechts zur An-
schauung zu bringen, — mögen dtese Bestrebungen such bei unS, Commili-
tonen! Anerkennung finden. Mögen fie uns eine Aufforderung sein, der
Wiffenschast die Kunst als ebenbürtige Schwester an die Seite zu stellen.
Halten wir fest am begonnenen Streben, beharren wir treu und thätig im
Vereine und fördern wir gemeinsam seineu erhabenen Zweck. Denn wo ein
hoheS Werk gelingen und dastehen soll in Pracht und Herrlichkeit, da kann
es nur anf Eintracht gegründet sein, die alle Kraste sammelt und lebendig
zu Einem verbindet, es kann nur hervorgehen aus dem Geiste der hetligcn
Einheit. Wohlan denn, bleiben wir nicht zurück hinter unseren Commilitonen
an den Hochschulen Deutschlands! Zeigen wir ihnen, daß auch wir für alles
Gute, Schöne und Erhabene begeistert find; beweisen wir, daß derGeist des
großen Bernward nicht ausgestorben sei in Hildesheim, sondern fortlebe und
fortwirke auch in unseren Tagen!"

Schließlich dankte HerrRegens v. Mattes im Ramen der ganzen Ber-
sammlung demHochwürdigsten Bischoffür die gütige Annahme desProtectorats,
und anknöpfend an die Worte des letzten Redners, forderte er noch eirimal
auf, nach Kräften für den Ausbau des Domes zu wirken; einmal mößten
wir uns gewiffer Maßen för verpflichtet halten, uns an einem Werke zu
betheiligen, dessen Bollendung Ehrensache des deutschen BolkeS sei, und so-
dann sei diese Theilnahme ein nicht unbedeutender Antrieb fär den Einzclnen,
fich die Kunstbildüug zu Rutze zu machen, die fich an den Ausbau de« kölner
Domes angeknüpft, — eine Kunstbildung, die, an und für kch eine der er-
freulichstcn Thatsachen unserer Tage, sür Niemanden wichtiger sei als für
die Candidaten der Theologie.
 
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