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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1865 (Nr. 239-250)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1815#0016
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die .gzthische' ;u bezelchuen pflegen, indem ste der Anstcht find, daß der
u:sp ürgliche Spottname sich l» cinen E-rennamea verwandelt habe. Eine
weitere grage >st die de» UrsprungS der Gotbik. Herr Mcpec fieht es für
eiue auSgemachte Sach« an, daß sie eiue frauzösische Ersindung sei. Die
Gründe, welche er dafur anführt, erinnera an die auSgestopfien Elephanten
der Sem ramie, denen kein fsindlicheS Geschoß etwaS anbaben konnte.
Schreiber riese« hat zuerst im Domblatte vomsO.November1845sNr.il)
deu Satz aufgestellt und geaen Sulp-z Boifferbe vertheldlgt, daß die La-
thedrale v:n SmienS daS Dsrbild des kiiner DomeS sei, und so ziemllch
alle Gothlker stimmen darin überein, daß die erstcn gotdischen Bauwerke
»icht auf dem Boden unssreS heutigen DeutschlandS entstandeu sind. Um
das dar,utdun, bedurst; eS nicht erst der Litate des Herrn Mepsr auS
Echaaafe'S L-nstgeschichte; er dätte sich die Mühe spare» können, offene
Thüren einzurennea. Der Schiuß ader, den er darauS zieht: ,der
französische Ursprung deS gotdtschen SipleS ist also auSgemacht", ist nur
dann stichhaltig, wsnn jkarl der Große, und äbeihaupt die Franken, welche
»ach Larl dem Troßen in Anstrasien berrfchtea — Franzosen waren. ES
wird wohl erlaudt sein, in diefer Beziehung. der Kürze halber, auf meine
Schrift: »Eine kurze Rede uad ein« laage Lorrede üder Lunst', zu ver-
weisen, in welcher Herr Msper voa Seite 56 bi- 62 die zur Zeit fast nur
noL Setten« deutscher Luastliteratea verfochtene Thes« vom franzöfischeri
Ur'prunge der Toth.k näder deleuchtet und aus ibren Uisprung zarückgeführt
finden kann- Sber wsnn denn auch wirklch der goth sche Styl alS zuerst von
Franzosen cultivirt aniusehen würe, weil Jsle de France, d,e Dvmaine der
fränk.schen Lönige, in dem nach den germanischen Franken so genannten
heutigsn Frankreich belegen >st, waS in aller Welt wüide darauS füc den
Satz folqen, daß wir nicht im gothischen,soadern im Renaissance-Stpl
bauen sollen? Orer hält etwa Herr Mtpsr daS Wort „Renaissance" sür
ein deutscheS Wsrt und die Sachs füc eine dsutsche Erfindung? Jst eS ihm
undekannr geblieben, daß die Renaiffance auS Ztalien über Frankreich zu
unS gekommsn ist, daß die italiknischen stünstlsr den auf ihrem Boden be-
reitS einheimisch gewsrdeaen Spipbogenstpl mit dem Spitznamsn „gothisch"
belcgt haden uad als eins E findung der „germanischen Barbaren' erst
dekämpft uud endlich verdrängt haben? Für diessn Fall rathen wir ihm,
Guhi'S Künstlerbriefe zu lessn, die ihn darüber voraussichtlich vollftändig
ins Llare briagen werden. llnd waS ist denn eigentlich der Renaiffance-
Sipl, wa« charakterisirt ihn? Lr ist ein Gemenge aus dea verschiedenar-
tigften Elementen uud wtrd nur charakterisirt durch den Mangel jeder
Einbeitlichkeit und jede- structiven PrincipS. Die ursprünglich thm beige«
mischt gewesenen gothischen Elemente find allmählich auSgeschieden, weil das
Durcheinander ollzusehr dsm inuersten Wesen der Gothtk widersprach, und
die Renaiffancisten handthirten dann nur noch mit grtechilchcn uud römi-
schen, dazu noch rneist arg niißverstandeaen oder am unrechten Orte ver-
wendeten Bildungen. Man versah und veisieht die verschiederen Stockwerke
mit Säulen oder Halbsäulcn der verschtcdenen Ordnungen, ohne fich
darum zu kümmern, daß zu solchem Zwecke die Säulen keineswegs ersun-
den warea; eben so wenig kümmert man fich darum, daß kein' geistigeS
Band, kein einheitl cher Gedank- daS Ganze zusammenhält. Mit dem cos-
structiven Priacip ging allmählich auch die Technik verloren, so daß unsere
hsutigen RenaiffancistlN meik nur noch i» Ecment, EppS, Zink und Guß-
«isen machen — natürlich AlleS im Namen und unter der Fahne der „mo-
dernen Civilisation" und deS „FortschrittS".

Herr M-per geht davon aus, die heutigen Gothiker seien eben nur
bemüht. die Werke der mittelalterlichsn „nachzuahmsn". Das mag bei eivi-
gen Aftergothikern der Fall seiu, die das gothische Handwerk so wenig
verstehea, wie die Renaiffancisten daS ihrtge. Daß alle trgend nambaften
Gotbtker ihre Aufgabs auders, daß fie das individuelle, sreie Schaf-
fea nach Maßgabe etne« nur im Allgemeinen, dem Princip nach, feflstehen-
den Bildungs-GesetzeS alS zum Wesen der Gothik gehörig ansehen, bewei-
sen ihre Werks. ihre gebauien, wie ihre geschriebcneu, diS zur Evidenz.
Herr Mrper möge sich nur die Mühs geben, diese Wsrke mit eini'ger Snf-
merksamksit zu perlustriren, und er wird sich zweifelsohne davon öberzeugen,
daß die beutigen Gothiksr ntcht daran denken, mschanischeS Eopiren för
Lunstübung auSgeben ;u wollen; daS Coplren üderlaffen sie vielmehr den
Renaiffancistm, wslche mit Nothwendigkeit darauf angewlesen sind, weil eS
ihnen edsn an einem lebendizen und belsdenden ConftructionS-Princip fehlt.

Jn Bezug auf all,S, waS sonst noch in den „Trenzdoten" für die Re-
naiffance und aezen die Gothik sich angesöhrt fiudet, wird eS genügen, auf
daS bikannt- Werk von Biollet lkeDuc: Oiationn-iiro ruisonnS äo l'^rolii-
t-otnr« lrnnp-tis« hinzuweifen, worin allkS Einzelae !N alphadetischer Ord-
nung eingehend gepiüst ift und a!S Facit sich ergibt, daß die Gothik, wean
richtig verftanden und behandelt. allsa Anforderungen der Gegenwart in
schönerer und zugleich zweckmäßigerer Weise zu eatsprechea vermag, alS
trgend ein anderer der dekannten Baustple. Den in Aasficht genommenen
ZukunstS-Stpl wollen wir abwarten; vor der Haad läßt der gothische sir
die Aenner deSleiben ntchtS zu wünschen üdrig.

Ich würde den Gegnern der Golhik aoch ein aadereS Buch zu reislicher
Erwäquag empfevlen, wsnn daSselde nichl so schwer aus uaserem Continente
zu babsn wäre. Jch meine den oificiellea Bericht der Untersnchungs.Com-
miision*), welch; vurch Bsschluß deS englilchen HauseS der Gemeiaen im
Jahre 1858 einges.tzt wordea i i, uin zu prüfsa, in welcher Srt daS in
London füc das auSwärtige Ministerium zu errichtende Gebäude auSgeführt
werden soll.

Da e« iu Englaud bekanutlich keiae Bau-Bureaukratie gibt, die ohne
DeitereS von Ami« wegen üder dea zu wähleadeu Stpl die E.-.t'cheidung zu
treff.n bat, so sctzte das Hau« der Gemeinea «ine, aus fünszehu Mitglie-
dern bestehende Commisfion eia, wslche den Nufrrag erhielt, durch die Ber-
uebmung dsr heivorragendsten Sachverkändlgerr und sonstige Ermittluvgen
alle« einschiaaeade Material zn lammela, s» wie alle irgend zweifslbaften
Fragen oufzuklären. Jn dem citirten Berichte fiadrn fich nun die Berhöce
ausführlich mitgetheilt, welche die Commisfion mit dea erstea Architektea

*) kvport trom <d« 8«I«ot 6ommitto, on toreigu-otLe« De-oonstrueti'fn;
Mitd «do prveeoilinxs ok ld» oomwlttse. Oräsrell d/ td- llvuss ok Lommoo» to
de printeä 13 ckul/ 1858. Foltodand von 224 Seiten. Jch verdanks «eiu
-.remptar der Guts des Pcäfioeaten gedachter Commisfioa, deS Herrn
A. 2- BereSford Hcpe.

EnglandS abgchalten hat, und tritt dabei namentlich dle Frage von der
Zeitgemäßheil deS gothrschen SiplcS fäc bücgerliche Bauwerks ur den Vor-
dergruiid. Dieienigen, wrlche die Frage nicht durch allzemeine RedeuSartea
oder gar dadurch abmacheri zu können glauden, daß fie dea Äorhikern mir
nichtS dir nichts von obea heruntec die „Bildung" oder den „Kunftfina"
adsprechsn, thäten sehr wohl darrn, namsntlich die mit den Architektsn
Geocge Gilbert Scoit unv Sir C-arlsS Barry «dgcha!«enen B rhöre (S.
56, 61, 83, 91 »nd 106) sorgfaltiz durchzulesen. Sie würden dort alle ge-
gen d:e allgemeiae W>esere.nfü)rnag deS golhischen Siples ia daS Leben
möglich-r Wsise zn erhedendea Bedenkea auf das sorgfältigste geprüfr uad
— deseitigt fiadea.

Vr. S. ReicheaSperger.

Das Münster;u Aachen betreffeud.

Der kölncr Dom und dag aachener Münster, die wonumentalen
Hühepuncte unseceS RheinlandeS, ergänzen und beleben sich in gewiffem Sinne
wechselseitig. Jn dem Maße, wie ecsterer seiner Vollendunz enlgcgengeht,
scheint lctztcrer sich wieder verjüngen und von seinen k.ankhciften An- und
AuSwüchsen reinigcn zu wollen. Jn diesem Augenbiicke handelt e« fich
in Aachen um die Wiedechecstelliing oer im >5. Zahrhunderl angebauten,
überauS schönen uno ociginellcn A ina-Lapelle. llcsprüngiich eiiie offene
Halle, ward fi- wähcend der Z ipfzeit aus angsblichen Zwcck.nähigkeitSgrün-
den zugemauert uns alS Sacristei benutz«. Vor Kuczem noch glauble man,
di« verunstaliende Blendung der impcsanten Boqcnöffnungen socibestehen
laffen zu müffen, wenn auch in andecec ais dec auS dec Pcrlücke»zeit yer-
stammenden We:se. Die Bewunderer deS welthistocischen Münst cbaueS, ja,
alle Kreunde der christlichen Kunst werden sich fceuen, zu vsrnehmen, daß in
jüngstcr Zeit eine Wendung eingetceten und viel Hoffmrng vorhanden ist,
die in ibrer Act einzige Halle so wicder hergestelll zu seheu, wie ihr ge-
nialer C.bauer ste enlwoifen hai, indem ducch Benutzung anderer Rflum-
lichkeiten alg Sacristei dem Berüiftiip allem Anscheine nach enispcochen wsr-
den kann. Hoffentlich wiro diese Gelcgenheit, manchsn in fiüherec Zeit bei
der Restauraiion deS MünstecS gemachlen Kehlgciff zu sühnen, nicht unbe-
nutzl vocübergehen, überhaupt dec fests Lnlschluß sich kunb geden, den Pcacht-
bau in seiner ursprünglichen Gestalt voc den Augen dec lebenben Ge-
neraüon wieber erstehen zu laffen. A. R.

Zum Besten des kölner Dombaucs.

Vorräthig im Secretariate deS Ceatral-Dombau-LereinS (Rathhaus-
platz Nr. 8):

D i e

neuen Glasgemälde

im Dome zu Köln,

cirr Weihegeschenk Sr. Majestät dcs Lönigs Ludwig I.
von Layrrn,

beschriebeu von

Ernst Wehden.

3. Auflage, vermehrt durch eine kurze Geschichte der Glasmalerkuust, so wie
durch Andeutungen über die alten Fenster des kölner Domes im hohea Chore
uad im nördlichen Nebeaschiffe des LanghauseS. Mit Adbildungen.
PreiS 10 Sgr.

Dkl Doili ooil Kölk

Mld das

Mnnster von Straßburg.

Bon

Zl. v. Görrcs.

Negcnsburg, 1842. Prels 10 Sgr.

Die Legende

vlm dcn hciligen drci Königc».

Nach einer alten Handschrift herausgegeben
von

Karl Simrock.

Preis 10 Sgr.

Berantwortlicher HerauSgeber: I. I. Relle« iu Löln.
CommisfiouS-Lerlag uud Druck von M. DuMout-Schaaberg in KSl»
(Expedition d;r Kölatschca Zeitung.)
 
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