Kleinen Rat besaßen nicht die Zunftmeister die Mehrheit, sondern die Burger und die Ver-
treter der „Gemeinde“, bei denen es sich um Kaufleute und kaufmännisch orientierte
Handwerker handelte, deren Interessen keineswegs mit denen der Zunftmeister identisch
waren.152
Ein Vierteljahrhundert später - 1488 - folgte eine neuerliche Verfassungsänderung, die die
Anzahl der Ratsherren von 39 auf 24 reduzierte. Damit das Verhältnis 1:1:1 der drei Bänke
gewahrt blieb, wurde die Zahl der Zünfte von dreizehn auf acht herabgesetzt.153 Eine weitere
tiefgreifende Änderung der reichsstädtischen Regierungsgewalten strebte Kaiser Karl V.
nach seinem Sieg im Schmalkaldischen Krieg an. Bewohner und Magistrat der Reichsstädte
waren - bedingt durch ihre ,weltlichen‘ Eigenmächtigkeiten - häufig für die klerikale Ent-
machtung aufgeschlossen, und vor allem die Zünfte sah der Kaiser als verantwortlich an für
die Etablierung des lutherischen Glaubens. Zwar traf dies auf die Stadt Gmünd nicht zu (vgl.
Kapitel B.1.1. Die Gmünder Hauptgewerbe vor dem Dreißigjährigen Krieg), denn für die
Wirtschaft wäre eine glaubensmäßige Umorientierung dem Bankrott gleichgekommen, und
die Zünfte standen während des Schmalkaldischen Kriegs, beim Vorgehen gegen die Täu-
fer154, und im Bauernkrieg immer auf der katholischen und kaiserlichen Seite, trotzdem wur-
den auch hier 1552 die Zünfte aus der Stadtregierung entfernt. Begründet wurde die Verfas-
sungsänderung damit, daß durch die Zünfte es immer wieder zu Streitigkeiten im Magistrat
gekommen sei. Zudem könne man die Handwerker nicht mit politischen Geschäften bela-
sten, denn dadurch würden sie ihre eigentliche Arbeit versäumen. Ausschlaggebend sei aber,
daß Handwerker für die Behandlung politischer Angelegenheiten weder geeignet noch ge-
schult seien. Die Entfernung der Zünfte aus der Stadtregierung verlange der Kaiser also
(. . .) allein zum Wohle der Stadtd55 Die acht jährlich gewählten und von den Zünften in den
Kleinen Rat entsandten Zunftmeister gab es nun nicht mehr, die Zunfthäuser wurden ge-
schlossen. Die Zünfte selbst hatten ihre, wenn auch bescheidene politische Macht eingebüßt.
Exkurs: Der Aufbau der obrigkeitlichen Institution in reichsstädtischer Zeit
In reichsstädtischer Zeit lag die Macht über die Stadt und über ihr Territorium in den Hän-
den weniger Privilegierter, den Mitgliedern des Magistrats oder Rats (vgl. Anmerkung
1530): Ursprünglich gab es 39, nach der Verfassungsänderung von 1488 wurden sie auf
24,156 dann 18 und schließlich durch den Vereinigungsrezeß von 1753/58 (vgl. zu den Re-
zessen S. 56) auf 12 Mitglieder reduziert157. Der Rat setzte sich zusammen aus den fünf Mit-
gliedern des Geheimen Rates, der eigentliche Machtapparat, der aus drei Bürgermeistern
und den zwei Oberstättmeistern bestand, und sieben weiteren Bürgern, nämlich drei Unter-
stättmeistern (den insgesamt fünf Stättmeistern unterstand das städtische Finanzwesen), drei
Cassiers (Verwaltung des Steueramtes) und einem Senator (Verwaltung des Bauamtes).158
Im Gegensatz zu den Mitgliedern des Geheimen Rates durften die restlichen Ratsmitglieder
nebenher einen Beruf ausüben.159 Dazu kamen noch zwei Konsulenten mit vornehmlich be-
ratender Funktion in juristischen Angelegenheiten, von denen der eine auch das Amt des
152 GRAF: Spätmittelalter 1984, S. 104.
153 GRAF: Spätmittelalter 1984, S. 106.
154 1528/29 kam es in Gmünd zur gewaltsamen Unterdrückung einer täuferischen Gruppe.
155 Vgl. Hermann EHMER: Schwäbisch Gmünd im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation.
In: Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd. Stuttgart 1984, S. 185 bis 231.
156 GRAF: Spätmittelalter 1984, S. 106.
157 (Sta Gd) GBO H: Vereinigungsrezeß von 1753/58, Punkt 11.
158 (Sta Gd) GBO H: Vereinigungsrezeß von 1753/58, Punkt 11 und 22.
159 (Sta Gd) GBO H: Vereinigungsrezeß von 1753/58. Punkt 13.
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treter der „Gemeinde“, bei denen es sich um Kaufleute und kaufmännisch orientierte
Handwerker handelte, deren Interessen keineswegs mit denen der Zunftmeister identisch
waren.152
Ein Vierteljahrhundert später - 1488 - folgte eine neuerliche Verfassungsänderung, die die
Anzahl der Ratsherren von 39 auf 24 reduzierte. Damit das Verhältnis 1:1:1 der drei Bänke
gewahrt blieb, wurde die Zahl der Zünfte von dreizehn auf acht herabgesetzt.153 Eine weitere
tiefgreifende Änderung der reichsstädtischen Regierungsgewalten strebte Kaiser Karl V.
nach seinem Sieg im Schmalkaldischen Krieg an. Bewohner und Magistrat der Reichsstädte
waren - bedingt durch ihre ,weltlichen‘ Eigenmächtigkeiten - häufig für die klerikale Ent-
machtung aufgeschlossen, und vor allem die Zünfte sah der Kaiser als verantwortlich an für
die Etablierung des lutherischen Glaubens. Zwar traf dies auf die Stadt Gmünd nicht zu (vgl.
Kapitel B.1.1. Die Gmünder Hauptgewerbe vor dem Dreißigjährigen Krieg), denn für die
Wirtschaft wäre eine glaubensmäßige Umorientierung dem Bankrott gleichgekommen, und
die Zünfte standen während des Schmalkaldischen Kriegs, beim Vorgehen gegen die Täu-
fer154, und im Bauernkrieg immer auf der katholischen und kaiserlichen Seite, trotzdem wur-
den auch hier 1552 die Zünfte aus der Stadtregierung entfernt. Begründet wurde die Verfas-
sungsänderung damit, daß durch die Zünfte es immer wieder zu Streitigkeiten im Magistrat
gekommen sei. Zudem könne man die Handwerker nicht mit politischen Geschäften bela-
sten, denn dadurch würden sie ihre eigentliche Arbeit versäumen. Ausschlaggebend sei aber,
daß Handwerker für die Behandlung politischer Angelegenheiten weder geeignet noch ge-
schult seien. Die Entfernung der Zünfte aus der Stadtregierung verlange der Kaiser also
(. . .) allein zum Wohle der Stadtd55 Die acht jährlich gewählten und von den Zünften in den
Kleinen Rat entsandten Zunftmeister gab es nun nicht mehr, die Zunfthäuser wurden ge-
schlossen. Die Zünfte selbst hatten ihre, wenn auch bescheidene politische Macht eingebüßt.
Exkurs: Der Aufbau der obrigkeitlichen Institution in reichsstädtischer Zeit
In reichsstädtischer Zeit lag die Macht über die Stadt und über ihr Territorium in den Hän-
den weniger Privilegierter, den Mitgliedern des Magistrats oder Rats (vgl. Anmerkung
1530): Ursprünglich gab es 39, nach der Verfassungsänderung von 1488 wurden sie auf
24,156 dann 18 und schließlich durch den Vereinigungsrezeß von 1753/58 (vgl. zu den Re-
zessen S. 56) auf 12 Mitglieder reduziert157. Der Rat setzte sich zusammen aus den fünf Mit-
gliedern des Geheimen Rates, der eigentliche Machtapparat, der aus drei Bürgermeistern
und den zwei Oberstättmeistern bestand, und sieben weiteren Bürgern, nämlich drei Unter-
stättmeistern (den insgesamt fünf Stättmeistern unterstand das städtische Finanzwesen), drei
Cassiers (Verwaltung des Steueramtes) und einem Senator (Verwaltung des Bauamtes).158
Im Gegensatz zu den Mitgliedern des Geheimen Rates durften die restlichen Ratsmitglieder
nebenher einen Beruf ausüben.159 Dazu kamen noch zwei Konsulenten mit vornehmlich be-
ratender Funktion in juristischen Angelegenheiten, von denen der eine auch das Amt des
152 GRAF: Spätmittelalter 1984, S. 104.
153 GRAF: Spätmittelalter 1984, S. 106.
154 1528/29 kam es in Gmünd zur gewaltsamen Unterdrückung einer täuferischen Gruppe.
155 Vgl. Hermann EHMER: Schwäbisch Gmünd im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation.
In: Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd. Stuttgart 1984, S. 185 bis 231.
156 GRAF: Spätmittelalter 1984, S. 106.
157 (Sta Gd) GBO H: Vereinigungsrezeß von 1753/58, Punkt 11.
158 (Sta Gd) GBO H: Vereinigungsrezeß von 1753/58, Punkt 11 und 22.
159 (Sta Gd) GBO H: Vereinigungsrezeß von 1753/58. Punkt 13.
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