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Krause-Schmidt, Heike
"... ihr Brodt mit kleiner Silber-Arbeit erwerben": die Geschichte des Gmünder Goldschmiedegewerbes von den Anfängen bis zum Beginn der Industrialisierung, unter besonderer Berücksichtigung der Filigranproduktion — Schwäbisch Gmünd: Einhorn-Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52957#0210
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von altem Tyroler Bauernschmuck verwies der dortige Sachbearbeiter an die „Filigran-Sil-
berwarenfabrik“ Georg Gaßner in Mindelheim1071 oder bei Erkundigungen von 1906 nach
Bauernschmuck mit 7, 8, 9 oder 10 Reihen Erbsketten und altfränkischem Filigranschloß
an den Goldschmied Georg Hofmann aus Altdorf bei Nürnberg, an die Firmen H. Steidle im
westfälischen Rahden und Gebrüder Dingeldein in Hanau1072. Als Lieferanten für Filigranro-
senkränze oder solche, die mit Filigran ausgefaßt waren, wurden die Firmen Carl Pöllath im
oberbayerischen Schrobenhausen oder Gottfried Rupp jun. in Pforzheim,1073 Adolf Köhler
und Pfeiffer & Schölch, beide in Pforzheim, Schumann & Wahl in Weißenfels,1074 und Da-
niels & van Ooyen im rheinländischen Kevelaer1075 erwähnt.
Die Abnahme der Betriebe in Schwäbisch Gmünd, die Filigranware herstellten, schien par-
allel zu verlaufen zur Zunahme der Betriebe, die ausschließlich Großwaren, Gerät, aus Sil-
ber oder Messing produzierten. Auf der „Landesgewerbe-Ausstellung“ von 1881 in Stuttgart
präsentierten nur vier Betriebe Erzeugnisse aus Filigran:1076 Die Firma Schütz & Doll zeigte
Filigran= und Bronce=Galanteriewaaren, Gebetbücherbeschläge, Rosenkränze, Etuihaken
und Schlösserßie Firma Max Betz hat prächtige Filigranarbeiten: darunter einen Gold-
schmuck mit Rubinen, Buchdeckel, Täschchen (gemeint sind taschenförmige Münzdöschen
in Miniaturformat, Abb. 85 und 86), Ohrgehänge, Nadeln, Visitenkarten, die Firma Wahl &
Viechmann glänzt in Oberbayerischen Artikeln, Halsschlösser, Colliers, Armbänder in Sil-
ber und Silberfiligran mit Gold und Corallen besetzt, Rosenkränze etc, und die Spezialität
der Firma von „Egidius Weikmanns Witwe“ bestand in ländlichem Schmuck für Franken
und Bayern, Buchschlösser und Ecken, alles in Filigran. Zusätzlich gab es eine Sonderaus-
stellung mit Gmünder Waren aus der Zeit um 1840, welche Schmuckarbeiten in Silber,
Perlstickerei, Filigran zeigt. Diese Arbeiten 1840, geben einen interessanten Vergleich mit
den Eeistungen der Neuzeit. Damit wird schon deutlich, daß vor allem auch die Lehrkräfte
der „Gewerblichen Fortbildungsschule Gmünd“, der Nachfolgeinstitution der „Zeichnungs-
schule“ seit 1860,1077 und die Honoratioren, die sich mit der Gmünder ,Heimatgeschichte1
befaßten und meist ebenfalls Fabrikanten waren, der Produktion am Ende des 19. Jahrhun-
derts eher kritisch gegenüberstanden. Man erkannte die Diskrepanz zwischen der Massen-
ware, wie sie in den meisten Betrieben erzeugt wurde, und dem sogenannten „Künstler-
schmuck“ und „-gerät“, wie sie die Absolventen der Fachschule entwarfen. Dies führte da-
zu, daß im Jahre 1876, nach zweijähriger Vorarbeit, innerhalb der Gewerblichen Fortbil-

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1906, S. 353 a.
1906, S. 435 a.
1906, S. 173 a.
1912, S. 254.

Deutsche Goldschmiede-Zeitung 1903, S. 203. Gerade die Firma Georg Gaßner scheint sich um die Jahrhun-
dertwende mit traditionellem Filigranschmuck, sogenanntem ,Trachtenschmuck1, einen Namen gemacht zu
haben. So findet man weitere Hinweise in der Deutschen Goldschmiede-Zeitung auf sie auch 1905 (S. 97)
und 1906 als Lieferantin für „Filigranwaren aller Art“ (S. 127 a).
Deutsche Goldschmiede-Zeitung
Deutsche Goldschmiede-Zeitung
Deutsche Goldschmiede-Zeitung
Deutsche Goldschmiede-Zeitung
Remszeitung vom 7. Juli 1881. Im Vergleich: 1870 gab es in Schwäbisch Gmünd insgesamt 36 Betriebe, die
im Bereich der Edelmetallverarbeitung tätig waren (BRAUN 1970, S. XV, Tabelle 2).
Auf der „Industrie=Ausstellung“ in der Königlichen Fachschule für die Edelmetallindustrie (d. i. die Nach-
folgeinstitution der Gewerblichen Fortbildungsschule seit 1907) von 1909 in Schwäbisch Gmünd zeigten nur
noch zwei Gmünder Betriebe Filigranerzeugnisse: die Firma Max Betz, die sich auch als „Filigrangeschäft“
bezeichnete, stellte Opferbüchschen, Dukatendöschen etc. im ,traditonellen‘ Stil aus, und die Firma Peter
Letzer & Cie für „Silberbijouterie“ offerierte Filigranschmuck aller Art im modernen Stil.
Festschrift zum 150jähr. Jubiläum der Gewerbeschule und der Staatl. Höheren Fachschule für Edelmetallin-
dustrie sowie zum 50jähr. Jubiläum des Kunstgewerbemuseums Schwäbisch Gmünd 1776 bis 1876 - 1926.
Schwäbisch Gmünd 1926, S. 25.

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