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Krauth, Theodor [Hrsg.]; Meyer, Franz Sales Bernhard [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstzimmerei: mit besonderer Berücksichtigung der äusseren Form (Band 1): Text — Leipzig, 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.15159#0241
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. Vordächer. 229

guter Wahl wechseln etc. Derartige schwebende Fachwerke sind in Fig. 211, a bis h sche-
matisch dargestellt. Wird mit richtiger farblicher Behandlung nachgeholfen, so hebt sich das vor-
gebaute Fachwerk günstig von der Giebelwand ab und das Schlagschattenspiel giebt ebenfalls vor-
zügliche Wirkungen, wie das schon aus den kleinen Skizzen ersichtlich ist.

Ein weiteres Mittel für eine reichere Wirkung liegt darin, dafs man das Dach im oberen
Teil weiter auskragt als im unteren. Dies empfiehlt sich besonders bei „gedrückten" Verhält-
nissen des Gesamtgiebels. Man kann dann unten ein Gespärre, oben aber zwei freilegen, wobei
allerdings weitere Unterstützungen nötig werden. Hierher gehören auch die vorgebauten Dach-
spitzen, wie sie schon das Mittelalter und die Renaissance kennen. (Fig. 212 und 156 und Taf. 47c.)

Um die schwebenden Fachwerke mit der Giebel wand zu verbinden, genügen vielfach die
verlängerten Pfetten mit den dazugehörigen Bügen. Ist dies nicht der Fall, so werden besondere
Verbindungshölzer eingeschaltet. Es können dies Horizontalhölzer sein, welche senkrecht zur Giebel-
fläche stehen oder aber auch, was eine weitere gute Wirkung giebt, Andreas-Kreuze, in hori-
zontalen oder senkrechten Ebenen liegend.

Zur weiteren Ausstattung dienen dann ausgeschnittene Füllbretter, Knaggen, Rosetten,
Hängezapfen, Knöpfe, gedrehte Hölzer, verzierte Pfettenköpfe, Stirnbretter, Giebel-
oder Flugbretter mit den zugehörigen Leisten, Eckblumen und
Giebelblumen, Giebelhängesäulen, verlängerte Sparren,
eiserne Zugstangen, Vergitterungen etc., wie dies unsere Tafeln
44 bis 58 zur Genüge zeigen.

Auch dadurch, dafs einzelne Teile der Tiefe nach verschalt
werden (vergl. Taf. 48 B), lassen sich gute Wirkungen erzielen. In
gröfsere Anlagen dieser Art lassen sich Balkone und Galerien
einbauen, wobei dann aber für eine selbständige Unterstützung zu
sorgen ist, da diese Dinge nicht an das Dachwerk gehängt werden
können. Gelegentlich werden auch senkrechte Hölzer im schweben-
den Fachwerk über die Dachfläche hinaus verlängert, um eine gröfsere
Verzierung oder eine Art Dachreiter zu bilden zur Aufnahme einer
Uhr, eines Glöckchens etc. (Fig. 213.) Ebenso wird das senkrechte FlS- 2I2-

Mittelholz allein zur Aufnahme eines Flaggenstockes oder einer Vorgebaute Dachspitze.
Wetterfahne nicht selten über Dach geführt.

Da die Einzelheiten der Formgebung weiter oben schon berührt wurden, wenden wir uns
den einzelnen Tafeln zu.

Tafel 44 bringt das Vordach eines gemauerten Giebels. Die Firstpfette und die Sattel-
schwelle sind über die Wand hinaus verlängert und tragen das Flugsparrenpaar. Indem der Sattel-
schwelle ein weiteres Holz untergelegt ist, ist eine Art Konsole gebildet, die zu der Architektur
der Lisene im Verhältnis steht. (Taf. 44 c.) Der dem Giebelrand entlang laufende Zahnschnitt ist
nicht bis zur Spitze geführt, da er hinter dem schwebenden Fachwerk doch kaum gesehen würde,
sondern läfst ein kleineres Giebeldreieck frei, welches ein Riegelwerk aufnimmt und mit verzierten
Brettern verschalt ist. Durch Sparrenverlängerung ist eine Giebelverzierung nach russischer Art
gebildet.

Tafel 45 zeigt das Vordach eines gemauerten Giebels in zwei Abwechslungen. Die ver-
längerte Sattelschwelle ist durch einen Knaggen oder Bug gestützt. Ein der Sattelschwelle
paralleles Holz ist mit derselben durch einen Wechsel verbunden und auf dieselbe Weise gestützt.
Dieses Holz ist mit dem Sparren durch einen kurzen Pfosten verbunden. Auf diese Weise entsteht
am Dachfufs eine gefällig wirkende und auch vielfach angewandte Form. Das gebildete Dreieck
ist mit Füllbrettern geschlossen und ebenso das Giebelwinkelfeld, welches durch eine Hängesäule
 
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