Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Antike Schlachtfelder: Bausteine zu einer antiken Kriegsgeschichte (Band 3: Antike Schlachtfelder in Italien und Afrika, 1. Abtlg.): Italien — Berlin, 1912

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7593#0328
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Cannae. 1. Das Lokalproblem.

303

der Möglichkeit einer Niederlage gerechnet haben. Dann aber hat ja
der Römer in der Schlacht selber stets sein festes Lager hinter sich.
Das hatte damals nicht die Bedeutung einer Feldbefestigung, sondern
einer Festung, besonders wenn man gesicherte Zufuhr hatte. Hannibal
hat nie einen ernsthaften Angriff auf ein römisches Lager gewagt. Man
konnte also selbst nach verlorener Schlacht noch den Gegner weg-
zuhungern hoffen. Ja auch ein sofortiger weiterer Rückzug war
keineswegs so unmöglich, wie man das darzustellen versucht hat. Etwa
12 Kilometer westlich der römischen Stellung lag, wie soeben ausge-
führt wurde, die recht bedeutende Stadt Salapia1). Wenn man nicht
ganz den Kopf verlor, war die im schlimmsten Falle durch einen
Nachtmarsch unter Täuschung des Gegners zu erreichen, wie ja Scipio
in ähnlicher Weise Hannibal am Ticinus und an der Trebia zweimal
getäuscht hatte (S. 58 und 62). Daß auch ein Marsch am Tage mit
den nötigen Vorsichtsmaßregeln nicht notwendigerweise gleich zu einer
„Katastrophe" führen mußte, wenn Hannibals Reiter erschienen, lehrt
das gleich näher zu besprechende glückliche Gefecht der Römer vor
der Schlacht von Cannae, wenn auch natürlich bei einem Rückzüge
die Befürchtung großer Verluste weit näher lag als beim Anmärsche.
Das war denn auch der Grund, weshalb Aemilius Paulus das Heer
nach Polybios1 Ansicht nicht mehr „sicher" d. h. ohne Garantie vor
einem Angriff und einer Niederlage fortführen konnte, und warum
Hannibal seinen Soldaten erklärte, die Römer könnten eine
Schlacht nicht mehr vermeiden2). Beide Äußerungen passen gerade
auf die Situation unterhalb Cannae besser als auf die oberhalb,
wo ein Rückzug auf das in der natürlichen Rückzugslinie nur
6V2 Kilometer von dem großen Lager entfernte Canusium keine so
besondere Schwierigkeit hätte bieten können.

So ging denn der Marsch der Römer von Arpi aus auf die Gegend Anmarsch der
der Aufidusmündung #u. Als man sich der Stellung Hannibals bis Romer'
auf etwa 9 Kilometer genähert hatte und also in der Gegend des
heutigen Trinitapoli angekommen war, wurde es Aemilius Paulus in

1) S. 299 A. 1. Über die Bedeutung der Stadt in dieser Zeit s. Nissen
a. a. 0. II 849 f.

2) Pol. III 110,8: 6 Asvy.toSj ovte uäysod'at xgivcov ovte urjv An&yeiv aarpaXöis
iriv OTQaTiäv ext ovv&ftevos. 111,4: udyEod'ai roiis tcoAeiuovS ovvrjrayxäaatiev (ov
yäo eri Svvavrai tovzo Siacpvyelv.) Beide Äußerungen decken sich inhaltlich voll-
kommen. Denn die erste besagt ja auch, daß die Römer beim Versuche des Abmarsches
fürchten mußten, zur Schlacht gestellt zu werden.
 
Annotationen