40
den Charakter der Wirkung bedingt ist, ist der Gehalt über-
haupt immer nur der der Gestaltung. Insofern sind die
Kunstwissenschaften notwendig von der Ästhetik methodisch
abhängig, da diese ihnen die Einheit der Gestaltung und die
Prinzipien der Erkenntnis derselben vermittelt. Andererseits
wird die Kunstgeschichte nur durch die Voraussetzung der
Kunstwissenschaften, also mittelbar auch der Ästhetik möglich.
Erst durch die Voraussetzung beider erlangt sie ihren wissen-
schaftlichen Boden, indem sie so von systematischen Voraus-
setzungen ausgeht. Wenn also Meyer der Geschichte überhaupt
jeden systematischen Charakter abspricht, indem er von der
Annahme ausgeht, daß es keine historischen Gesetze gebe, so
übersieht er, daß trotz dieser Tatsache die Geschichte als
systematische Disziplin zustande kommen kann, wenn sie von
der Voraussetzung einer systematischen Wissenschaft ausgeht.
So ist z. B. die Systematizität der Kunstgeschichte durch Vor-
aussetzung der Kunstwissenschaften durchführbar. Die kritisch
fundierten Voraussetzungen tragen in die Kunstgeschichte
selbst den systematischen Charakter hinein. Erlangt also die
Kunstgeschichte ihre Wissenschaftlichkeit dadurch, daß sie
die Kunstobjektivierungen vom Gesichtspunkte bestimmter
Kunstgestaltungsgesetze und -Aufgaben untersucht,1) so ist
zugleich die ganze Schwierigkeit gehoben, die dadurch geboten
wird, daß das Kunstwerk als Besonderes schlechthin be-
trachtet und so in einen Gegensatz zum „Allgemeinen“ ge-
bracht wird. Besonderes und Allgemeines vereinigen sich
beide unter den Prinzipien und Gesetzen der Gestaltung, in-
sofern der besondere Gehalt eines Kunstgegenstandes an den
allgemeinen Gesetzen und der Idee, der Gestaltung überhaupt
zur Bestimmung gelangt. Ist nämlich der Gehalt des Kunst-
werkes, worauf es ja einzig hier ankommt, der der Ge-
staltung, so ist das Besondere seiner Gestaltung das eines
allgemeinen Gestaltungsproblems oder eines Stiles, und
nur an diesem Allgemeinen kommt dem Kunstwerke als Be-
sonderem sein eigentlicher ästhetischer Sinn und Wert zu.
’) Dies ungefähr hat Hanslick im Sinne, wenn er meint: „Unerforsch-
lich ist der Künstler, erforschlich ist das Kunstwerk.“ (Vom Musikalisch
Schönen, S. 85.)
den Charakter der Wirkung bedingt ist, ist der Gehalt über-
haupt immer nur der der Gestaltung. Insofern sind die
Kunstwissenschaften notwendig von der Ästhetik methodisch
abhängig, da diese ihnen die Einheit der Gestaltung und die
Prinzipien der Erkenntnis derselben vermittelt. Andererseits
wird die Kunstgeschichte nur durch die Voraussetzung der
Kunstwissenschaften, also mittelbar auch der Ästhetik möglich.
Erst durch die Voraussetzung beider erlangt sie ihren wissen-
schaftlichen Boden, indem sie so von systematischen Voraus-
setzungen ausgeht. Wenn also Meyer der Geschichte überhaupt
jeden systematischen Charakter abspricht, indem er von der
Annahme ausgeht, daß es keine historischen Gesetze gebe, so
übersieht er, daß trotz dieser Tatsache die Geschichte als
systematische Disziplin zustande kommen kann, wenn sie von
der Voraussetzung einer systematischen Wissenschaft ausgeht.
So ist z. B. die Systematizität der Kunstgeschichte durch Vor-
aussetzung der Kunstwissenschaften durchführbar. Die kritisch
fundierten Voraussetzungen tragen in die Kunstgeschichte
selbst den systematischen Charakter hinein. Erlangt also die
Kunstgeschichte ihre Wissenschaftlichkeit dadurch, daß sie
die Kunstobjektivierungen vom Gesichtspunkte bestimmter
Kunstgestaltungsgesetze und -Aufgaben untersucht,1) so ist
zugleich die ganze Schwierigkeit gehoben, die dadurch geboten
wird, daß das Kunstwerk als Besonderes schlechthin be-
trachtet und so in einen Gegensatz zum „Allgemeinen“ ge-
bracht wird. Besonderes und Allgemeines vereinigen sich
beide unter den Prinzipien und Gesetzen der Gestaltung, in-
sofern der besondere Gehalt eines Kunstgegenstandes an den
allgemeinen Gesetzen und der Idee, der Gestaltung überhaupt
zur Bestimmung gelangt. Ist nämlich der Gehalt des Kunst-
werkes, worauf es ja einzig hier ankommt, der der Ge-
staltung, so ist das Besondere seiner Gestaltung das eines
allgemeinen Gestaltungsproblems oder eines Stiles, und
nur an diesem Allgemeinen kommt dem Kunstwerke als Be-
sonderem sein eigentlicher ästhetischer Sinn und Wert zu.
’) Dies ungefähr hat Hanslick im Sinne, wenn er meint: „Unerforsch-
lich ist der Künstler, erforschlich ist das Kunstwerk.“ (Vom Musikalisch
Schönen, S. 85.)