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MAGHREB UND ANDALUS

winnen, sind wir vielmehr darauf angewiesen, in Nordafrika Umschau zu
halten nach Denkmälern, die geeignet erscheinen, die in Spanien klaffenden
Lücken auszufüllen und uns durch den günstigen Umstand, daß sie, harmo-
nisch in einen Rahmen orientalischen Lebens gefügt, noch heute ihren Zweck
erfüllen, für etwaige Mängel reichlich zu entschädigen. So ist uns Kairuan
wertvoll als Vorstufe, Ergänzung und Gegensatz zu Cordoba, und an anderen
Orten des Maghreb verstreut legt eine Anzahl weiterer Bauten Zeugnis ab
von der Bedeutung, die die Omayadenstadt für das ganze Abendland ge-
wann. Von der vorerst noch wenig vorgeschrittenen Erforschung der Denk-
mäler von Merräkesch, Rabat und Fes dürfen wir ziemlich vollständige und
endgültige Aufschlüsse erwarten über die wichtige Bauperiode der Almora-
viden und Almohaden, die in Andalusien so gut wie gar nicht vertreten ist, und
neben den marokkanischen Residenzen, mit denen es eine Zeitlang wetteiferte,
ist uns Tlemsen heute schon unentbehrlich zur Vervollständigung des Eindrucks,
den wir von der letzten Phase maurischer Kunst aus der Alhambra gewinnen.
Ihr Nachleben können wir in den verschiedenen Städten des Scherifenreiches
bis in die Gegenwart verfolgen, während Algier in der Korsarenzeit türkische
und europäische Einflüsse erfuhr, die das Stadtbild nicht unerheblich ver-
änderten, Tunis aber von solchen Strömungen sich immer wieder befreite
durch eine starke Reaktion andalusischer Richtung.
Unter den Persönlichkeiten, die als Förderer der Künste besonders hervor-
traten, verdient von den Omayaden Abderrahman 11. besondere Erwähnung,
der im Jahre 844 verfügte, daß alle Arbeitslosen an Nutz- und Luxusbauten
zu beschäftigen seien, und dafür ein Viertel aller Staatseinkünfte bereitstellte.
Abderrahman III., der ° gelegentlich in eindrucksvollen Versen als größten
Fürstenruhm die Bautengründung feierte, befolgte dieselbe Politik, ließ überall
Moscheen und öffentliche Paläste errichten und gab der Reichshauptstadt ein
so festliches Gepräge, daß sie den Vergleich mit Bagdad nicht zu scheuen
brauchte. Um die Pracht seiner Lustsitze Rusafa und Medinat ez-Zahra ent-
brannte ein wahrer Sängerwettstreit, und das Beispiel des Khalifen feuerte
Gouverneure und Vasallen an, das ihrige zur Verschönerung der kleineren
Residenzen beizutragen. Al-Hakim II. verdanken wir im wesentlichen die
große Moschee in ihrer jetzigen Gestalt, bis auf die Erweiterung, die sie noch
durch al-Mansür erfuhr. Damals, im 10. Jahrhundert, hören wir zuerst davon,
wie andalusische Baumeister und Handwerker nach Marokko gezogen werden,
 
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