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Kugler, Franz
Handbuch der Kunstgeschichte — Stuttgart, 1842

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https://doi.org/10.11588/diglit.1230#0040

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16

II. Die Inseln des grossen Oceans.

werden. Aus ihnen bilden sich starke Mauern, welche denheül
Kaum umscliliessen, einfache Kapellen , die vermutlich fur' 'f"
Todtendienst bestimmt waren, u. dgl. m. Das merkwtfrdw
unler allen diesen Architckturwerkcn ist das kolossale Moni • °
Häuptlings, welches Cook auf Otaheiti entdeckte.. Inmitten ein'.
grossen, gepflasterten und von einer Mauer eingefassten Platzes
von 344 Fuss Breite und 360 Fuss Länge erhob sich hier ein
Monument von eigenthttmlich pyramidenförmiger Gestalt, auf lün*UCh
viereckiger Basis von 87 Fuss Breite und 267 Fuss Länge- <üe
Seiten desselben stiegen in eilf Stufen empor, die oberwarts, dem
First eines Daches ähnlich, zusammenliefen; die GesammthOhe
betrug 44 Fuss. — An die Stelle der unbestimmten Formation jener
alterthümlichen nordeuropaischen Monumente ist hier somit ein klar
ausgesprochenes, scharf begrenztes Maas getreten. Im Uebrigen
herrscht aber auch hier noch die grösstc Einfachheit der Anlage,
und das Bedürlhiss einer organischen Durchbildung scheint noch
nicht erwacht.
Wir sehen ferner auf den Inseln des grossen Oceans Werke
einer selbständigen und ebenfalls beachtenswerthen bildnerischen
Kunst. Auf der Ostcr-Insel fanden die ersten europäischen
Besucher kolossale Bildsäulen von Stein, ähnliche auf der Pitt-
cairn-Insel; diese indess sind nachmals zerstört worden, und
wir können sie hier somit nicht in nähern Betracht ziehen. Ge-
nauere Kcnntniss haben wir dagegen von mancherlei verschieden-
artigen sculptirten Figuren, grosseren und kleineren Idolen, die
man auf den Morai's der Sandwich-In sein fand.1 Wir können
diese füglich als Zeugnisse für den ersten Versuch einer wirklichen
Bildnerei betrachten. Es sind menschliche Gestalten; aber der
Sinn der Künstler war ungleich weniger auf Naturnachahmung,
als auf die Darstellung besonderer Begriffe gerichtet und zugleich
noch im höchsten Maase durch die allgemeinen formalen Gesetze
(die architektonischen, wenn man so sagen darf) gebunden.
So erscheint der Kopf an diesen Figuren (der Sitz des Geistes]
durchweg unförmlich gross, oft auch in eigen monströser Bildung,
so sind überhaupt die Kürpertheile nur roh angedeutet, doch nie i
formlos, sondern in entschiedener Führung der Linien ausgeführt)
so verliert sich das Einzelne der Körperbildung mehrfach ganz
eine willkührlich ornamentistische Gestaltung.

1 Gute Abbildungen solcher Idole s. bei Choris, Voyage pittorcsq^
autour du raonde. — Vergl. Chamisso's Werke, I, Seite 226, un
Seite 311.
 
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