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Kugler, Franz
Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte: mit Illustrationen und andern artistischen Beilagen (Band 2) — Stuttgart, 1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.2221#0745
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740 Pfalzische Stadien.

Fürsorge zugewandt hat, scheint es doppelte Pflicht, auch dem Alten, in
wissenschaftlich künstlerischer Bearbeitung, diejenige Theilnahme zu schen-
ken, welche die eigentlich nachwirkende ist ').

J) ich erlaube mir, noch eine Bemerkung rücksichtlieh der Baugeschichte
des Domes von Speyer beizufügen. Man hat es (nachdem meine At ührnng über
dieselbe in No. 2 d. Bl. erschienen war) bedenklich gefunden, dass Ich den
Nachweisen von Quast's darüber, dass die Afrakapelle nicht die ursprüng-
liche, dass sie vielmehr an die Stelle einer schon früher vorhanden gewesenen
Kapelle getreten sei und somit beträchtlich später falle, kein Gewicht beigelegt
habe. Meine Gründe sind die folgenden. Es handelt sich darum, dass die neuer-
lich zum Vorschein gekommene flache Altarnische der Kapelle (an der West-
wand des nördlichen Querschiffflügels) älter sei, also einen älteren Kapellenbau
als den gegenwärtigen voraussetzen lasse. Diese Annahme beruht darauf, dass
der Bogen, welcher die Nische zunächst einwölbt, gleich alt mit der darüber
befindlichen Wand ist, während ein zweiter unmittelbar über jenem ruhender,
die Gewölbkappen der Kapelle tragender Bogen später eingesetzt erscheint. Das
Factum wird ohne Zweifel richtig sein. Aber es fragt sich, ob jener erste Bogen
schon ursprünglich eine Absis einschloss und ob er nicht zu irgend welchen
andern Zwecken ausgeführt war. Sollte es aber wirklich von vornherein die
Anlage einer Absis gewesen sein, so ist meines Erachtens noch gar nicht mit
Nothwendigkeit anzunehmen, dass sofort auch die dazu gehörige Kapelle erbaut
war; dies konnte man vorbehalten haben, und als die gegenwärtige Kapelle dann
errichtet ward, konnten sehr füglich Gründe vorhanden sein, einen neuen, zwei-
ten Bogen einzuziehen. (Man konnte z. B. ursprünglich ganz wohl im Sinne
gehabt haben, eine ungewölbte Kapelle zu erbauen.) Die Vermaüerung des an
jener Stelle befindlichen Kryptenfensters beweist noch weniger etwas, da diese
einfach schon durch die Mauerverstärkung des Querschiffes bedingt sein konnte.
Uebrigens muss ich noch hinzufügen, dass an der Ostseite der Kapelle auch noch
eine andre Abnormität ersichtlich wird. Die Eck-Wandsäulen nämlich, welche
hier zu den Seiten der Nische stehen, haben ein, von allen übrigen Gesimsen
der Kapelle entschieden abweichendes, auffallend roh gearbeitetes Deckgesims,
dessen Ausladung auch zu den darunter befindlichen Säulenkapitälen in einem
keineswegs geeigneten Verhältnisse steht. Es ist hier somit jedenfalls eine nicht
ganz klare Bauführung ersichtlich. Ich kann daher auch nur bei der Ansicht
verharren, dass jene Indicien nicht hinreichen, um einen früher vorhanden gewe-
senen Kapellenbau mit irgendwelcher Bestimmtheit annehmen zu können.
 
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