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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Zimmermann, Ernst: Das Kunstgewerbe auf der "deutschen Kunstausstellung" zu Dresden , [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0313
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Das Kunstgewerbe auf der Deutschen Kunstausstellung zu Dresden.

^28. Kindcrzimmer-Lcke von Karl Bertsch; Friese gemalt von Gtto Ubbelohde.
vereinigte Werkstätten für Kunst im Handwerk, München.

geblieben. Es ist nichts hinzugekommen. Die Ein-
richtung desselben als eurer Stätte für Luxus und
Kultur dürfte demnach den meisten als verfehlt er-
scheinen. Haben wir es denn aber wirklich nöthig,
uns in der angewandten Kunst fo puritanisch zu
geberden? Sind wir wirklich wieder so künstlerisch
abgelebt, so ästhetisch blasirt, daß wir wieder einmal
nnser Heil in einer „edlen Einfalt und stillen Größe"
suchen müssen, dies Mal nicht in dem vornehmen
Kleid der Antike, sondern der Nacktheit von Kon-
struktion urrd Logik? Können wir keine Freude mehr
am heiteren Linienspiele der Ornamente, den leichten
Bewegungen der Flächen finden, an denen gerade
unsere Altvordern — man denke nur an die deutsche
Renaissance — ein so naives, nimmer zu befriedigen-
des Gefallen fanden? Der logische Gedanke der
Konstruktion, der schließlich doch immer nur Gedanke
bleibt, das lediglich praktische, das gleichfalls mit
schöpferischer Aunst noch wenig zu thuit hat, soll
allein es sein, das unsere dekorativen Sinne befriedigt,
und so gelangen wir denn zu Musikzimmern, die
aussehen, als würden dort jeden Augenblick böhmische
Dorfmusikanten ihre Fiedeln erklingen lassen, im

besten Falle als befände man sich im Uebungszimmer
eines Aonfervatoriums, bei dem Sparsamkeit als
Tugend des Staates gilt, oder zu Speisezimmern —
man sehe das Folgende —, die jeder Normale für
Aüchen hält. Aann man sich wirklich in einem
solchen Raume die hier aufgeschlagenen Mozartischen
Quartette gespielt denken? Wozu dann überhaupt
noch Künstler beschäftigen? Solide Konstrukteure mit
mathematischer Schulung oder selbst gar noch der alte
solide Handwerker mit praktischer Erfahrung, bei denen
sich jene Künstler doch in technischer Beziehung Raths
erholen müssen, könnten dies ja viel bester und billiger.
Mir will es doch scheinen, als seien wir nun einmal
die Erben einer Zeit, die sich an einen gewissen
Luxus, eine gewisse, von dumpfer trivialer Alltäglich-
keit sich ablösender Belebtheit und Verfeinerung aller
Formen, nicht bloß der Umgangsformen, gewöhnt
hat, uin ohne zwingenden Grund und Aufopferung
eines guten Theils des eigenen Zchs diese nicht wieder
aus der Reihe der täglichen Bedürfnisse streichen zu
können. Auch die Zäger'sche Normaltracht, ebenso
praktisch wie unelegant, hat sich nicht zur allgemeinen
Norm unserer Tracht durchgerungen. Die Verfeinerung

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