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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0104
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Lhrouik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

des dabei zur Verwendung kommenden Aluminiumbleches
als Druckplatte nicht allein eine größere Handlichkeit und Auf-
bewahrungsleichtigkeit erreicht, sondern auch der Druck auf der
Rotationsxresse ermöglicht wurde, was bei der Benützung von
Steinplatten ausgeschlossen ist. Im Gegensatz zu diesem auf
Massenherstellung berechneten Verfahren steht die von den
Franzosen eingeführte farbige Photogravure, wobei die
geätzte Kupferplatte vom Drucker in ihren einzelnen Teilen
mit den verschiedenen im Bild vorkommenden Farben eilige-
rieben werden muß; es können davon also immer nur wenige,
aber allerdings dafür um so kunstvollere Drucke im Tag ge-
fertigt werden. — Das Bestreben, an Menschenarbeit zu sparen,
hat in Amerika für Ljochdrnckplatten Maschinen erstehen lassen,
die das Ätzen und andere, die die „Zurichtung" mechanisch be,
sorgen; Maschinen der letzteren Art waren besonders wichtig,
weil das bisherige Verfahren das Lliche zuzurichten (d. h. den
für die einzelnen Bildteile notwendigen Gegendruck abzustufen)
sehr zeitraubend und — wegen des Müssigstehens der Druck-
maschine — kostspielig war. Aber erst durch Vr. <£. Albert
in München erhielt dieses Verfahren seine Vollendung in dem
ihm patentierten Prägeverfahren der Reliesclichös.
Bei diesem Verfahren geht die Zurichtung im Gliche selbst vor
sich, indem es mit einem ganz stachen, den Tonwerten des
Bildes genau entsprechenden Relief hergestellt wird; dadurch
ist der Buchdrucker in den Stand gesetzt, ohne tagelange Zu-
richtung das Gliche zum Abdruck in der Maschine zu bringen. —
Bei der vom Vortragenden erfundenen Tyxochromie erscheint
das Verfahren der farbigen Autotypie vereinfacht, man erzielt
denselben Effekt wie mit dem Zeichnen auf Stein, hat aber
den Vorteil, daß man auf der Buchdrnckpresse drucken kann.
Zur Beseitigung von Moireebildungen hat er dabei den Linien-
rasier durch einen mittels Saudgebläse hergestellten Kornraster
ersetzt. — Die theoretisch mögliche Beschränkung auf drei Platten
für polychrome Bilder hat bis jetzt nicht zu vollständig befriedigen-
den Ergebnissen geführt; die Schwarzplatte ist noch unentbehrlich.

Unter all den verschiedenen Farbdruckverfahren (für Buch-
druck) hat Vr. Albert in seiner Litochromie wiederum mit
genialem Griff das Korrekturverfahren vereinfacht. Redner
besprach diese Erfindung und die maschinellen Einrichtungen —
Rastermaschine — eingehender und erklärte, man müsse seine
Helle Freude an der Maschine haben. In einem von ihm ver-
faßten poetischen „Protokoll" zur Erinnerung an den 26. und
27. März tgoo, das er in seinem Vortrag hier einflocht,
schilderte Redner in begeisterten Morten die „Forscherthat",
von der Vr. E. Albert in seinem Schwabinger Atelier, in seiner,
Schmädels, und anderer Zeugen Gegenwart damals die ent-
scheidende Probe abgelegt habe. Albert habe sich ein absichtlich
recht buntes „Stilleben" aus Gefäßen, Stoffen, Früchten, Pfauen-
federn, Seidenbändern, Schmetterlingen, Vögeln u. dgl. m.
aufgebaut und sich die Aufgabe gestellt, binnen 24 Stunden
Farbdrucke davon herzustellen, eine Aufgabe, die er — wie die
ausgestellten Probedrucke zeigten und wie das Protokoll fest-
stellt — glänzend gelöst hat.

Zum Schluß gab Redner unter kjinweis auf die aus-
gelegten photographischen Aufnahmen von Außen- und Innen-
ansichten der Etablissements der Firma Meißenbach. Riffarth
& Lo. in München, Leipzig und Berlin-Schöneberg einen Ein-
blick, wie etwa heutzutage derartige Kunstanstalten ausfehen,
die nicht bloß große technische, sondern auch große kaufmännische J
(Organisationen sind. Er hatte Recht, am Schluß seines Vor-
trags die Bedeutung hervorzuheben, die München in Bezug
auf Reproduktionstechnik einnimmt. „München war es, wo
Meisenbach sen. und I. v. Schmädel die Autotopie ins Leben

riefen und im Kunstgewerbeverein hielt Schmädel im Jahre ;882
hierüber den ersten, die Erfindung einführenden Vortrag. Und
ein Dritter im Bunde in der Fortbildung des Verfahrens ist
Vr. E. Albert, der durch feine genialen Erfindungen den Aus-
bau dieser Techniken zur Vollendung geführt hat. Aus den
Münchner Anfängen entwickelten sich die Techniken in noch nicht
20 Jahren zu einer Meltiudustrie, die nicht nur viele Taufende
von Personen beschäftigt, sondern auch auf dem Gebiete des Buch-
druckmaschinenbaues und der Papierfabrikation Umwälzungen
von weittragender Bedeutung mit sich brachte."

Den rauschenden Beifall, den die durch des Redners ge-
haltvollen Morte und lehrreichen Druckproben begeisterte Zuhörer-
schaft darbrachte, faßte der Vorsitzende, bjofjuwelier Merk in
ein lhoch auf die lferren v. Sch ma edel und vr. E. Albert
zusammen, die durch ihre rastlose Thätigkeit und ihr Erfinder-
genie die künstlerische Reproduktionstechnik in so hohem Maß
gefördert haben. _

Dritter Abend — den 19. November. — Professor Vr.
K. Giesen Hagen, der im letzten Minter so treffliche Dar-
bietungen aus seinem eigentlichen Missenschaftsgebiet, der Botanik,
geboten hat, bewegte sich mit seinem diesmaligen Vortrag —
„Uber Architektur und Kunstgewerbe bei den Malaien" — auf
einem ihm weniger vertrauten Gebiet, aber doch mit eben der
Sicherheit, die das im Beobachten wohlgeschulte Auge dem
Naturforscher zu verleihen pflegt. Redner, der vor wenigen
Jahren gelegentlich seiner botanischen Forschungsreise auf
Sumatra und Java auch den künstlerischen Bethätigungen der
Inselbewohner sein Augenmerk zugewandt hatte, betonte aus-
drücklich, daß er nur als Laie Uber eine Reihe von Beobach-
tungen und Thatsachen berichten werde, es aber den Zuhörern
überlasse, daraus die Schlüffe zu ziehen, von einer einheimischen,
bodenwüchsigen Baukunst, die sonst überall Ausgangsfeld der
Kunst überhaupt ist, findet sich dort keine Spur, indem die
Malaien an Lauten nur das Alleruotdürftigste für nächtlichen
Unterschlupf und Schutz gegen ungünstige Witterung brauchen;
solche Bauten werden aber aus vergänglichem Material her-
gestellt und überdauern kaum ein Menschenleben. Was an
steinernen Nutzbauten dort zu finden ist, rührt fast ausschließlich
von abendländischen Baumeistern her, wobei allerdings auch
morgenländische (islamitische) Baumotive häufig zur Verwendung
gekommen sind. Anders verhält es sich mit den großartigen
Temxelruinen, die einst mit dem Buddhismus ins Land ge-
bracht wurden, — Steintcmpel von meist sehr beträchtlicher kjori-
zontalausdehnung, Terraffenbauten, deren Futterniauern meist

— trotz dem harten vulkanischen Baumaterial (Trachyt, Andesit)

— mit charaktervollen Reliefs geschmückt sind, so namentlich
die Tempel von Borobudur bei Muntila und von Brambanan.
Die vom Vortragenden teils in Projektionsbildern, teils in
Photographien vorgeführten Baureste aus Sumatra boten eine
staunenswerte Fülle interessanter und in ihrer stilvollen Be-
handlung des Steines oft geradezu vorbildlicher plastischer
Arbeiten, die übrigens unzweifelhaft auf indische Künstler zurück-
weisen. In das Leben und Treiben der eingeborenen Bevölke-
rung erhielt man nicht minder lehrreiche Einblicke durch des
Redners Schilderung und durch die ausgestellten Gewand- und
Gerätproben, durch Waffen und Marionetten, zumal einzelne
Verfahren bei der dekorativen Ausstattung der Gewänder, der
Bambusgefäße ic. genauer dargelegt wurden. Wohlverdient
war daher auch der dem Vortragenden in reichem Maß ge-
spendete Beifall — und begreiflich der Wunsch, den der Vor-
sitzende Prof. v. Thiersch aussprach, den Redner auch später
wieder im Verein begrüßen zu können.

Deranttü. Red.: prof. £. Gmelin. — Herausgegeben vom Bayer. Aunstgewerbeverein. — Druck und Verlag von R. Dldenbourg, München.
 
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