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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Roessler, Arthur: Moderne Münchener Exlibris-Zeichner
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0060
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Moderne Münchener Exlibris-Zeichner.

uns den Begriff Stil bedeutet. 3e nachdem also
Armut oder Reichtum, Freude oder Trauer, Lust
oder Leid usw. zur Darstellung gebracht werden soll,
werden einfachere oder reichere, eckige oder rund-
liche, karg oder vielgegliederte formen zur Grund-
lage genommen werden, um das Bild in sich ein-
heitlich auszugestalten. So wird in den Bildern uild
dem Bildmäßigen nicht der „moderne Stil" und
nicht das Traditionelle zu suchen sein, sondern Reich-
tum der Ausdrucksmittel. Diez verfügt nun über
einen großen Reichtum an Ausdrucksmitteln und
wählt daraus das ihm jeweilig nötig oder wirkungs-
voll Erscheinende. Tr ist nicht aus Not, sondern
aus freier Wahl Eklektiker und könnte ebensogut,
wie er ja auch zuweilen tut, im sog. „Jugendstil"
arbeiten wie irgendeiner, der sich darob wertgrädiger
dünkt, weil er sich „modern" gehabt.

Während wir des Anschauens der Arbeiten
anderer, die sich eine besondere Manier zurecht nrachten,
in der sie dann alles herunterwursteln, bald über-
drüssig werden, betrachten wir jedes neue, aus Diez'
pänden hervorgehende Blatt, mit stets sich erneuern-
dem Interesse, und haben unser Ergötzen daran.
In allen seinen Exlibris steckt eine witzige Bezüg-
lichkeit, ein barocker pumor und Lust an krausen
Berschnörkelungen, die, mag sie noch so tollaunig
alles umranken, verzieren, verzierlichen, doch nie
Ankrautwucherungen erzeugt. Diez ist eigentlich ein
Goldschmied, ein Ziseleur, der sein Handwerk aus

66. Lmmy Walter.

dem Papier ausübt. Dem Wesen nach ist er Kunst-
gewerbler, und man wundert sich darüber, daß er
statt mit Zünglein, Kammer und Feile, Punze und
Stichel, mit Feder, Stift und Pinsel hantiert. All
seine Arbeiten haben etwas vom Gebosselten, Fili-
granierten und ließen sich unschwer in anderes
Material, in Metall, Email, Leder u. dgl., über-
tragen ; so daß inan es fast bedauert, seinen Schmuck-
trieb nur auf dem Papier betätigt zu finden.

Aus des Künstlers geschickter pand gingen bis-
her gegen 50 Büchereizeichen hervor, die zu deit
geschätztesten Blättern dieser Art gehören. Wir sind
erfreulicherweise in der Lage, von Diez fast durch-
wegs noch nirgends reproduziert gewesene Exlibris
zu zeigen.

Eine Form gut in den Raum zu bringen ver-
steht Permann Bölkerling (S. H8), ein Münchener
Künstler, von dem wir drei Exlibris, darunter das
von ihm für das Breslauer Museum in polz ge-
schnittene, wiedergeben, die keiner Interpretation be-
dürfen. Daß die Münchener Exlibriszeichner wissen,
was man zu tun hat, um ein gut wirkendes Blatt
zu erzielen, beweisen die Büchereizeichen von Viktor
v. Belänyi (S. d), I. I. Bries lander (S. 50)
und F. Gino Parin (S. 5(), wozu bei den letzt-
genannten beiden Künstlern noch eine besondere
mokante Note der Perversität zum Ausdruck ge-
langt. In Walter Tasparis Exlibris ist auch fast
immer ein Zug der Ironie bemerkbar (S. 52). Er
wird besonders deutlich in den für die Schriftsteller
Kurt Martens und Dr. W. v. Scholz gezeichneten

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