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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Lory, Karl: Bayerns kunsthandwerkliche Fachschulen auf der Nürnberger Jubiläums-Landesausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0209

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Bayerns kunsthandwerkliche Fachschulen auf der Nürnberger Jubiläums-Landesausstellung.

ausgemacht gelten, daß, wer an dieser Stelle das
lüort ergreift, mit dem gesunden Porwärtsstreben
des heutigen Aunstgewerbes rückhaltlos sympathisiere.
Die Entwicklung des modernen Aunstgewerbes ist
aber zurzeit, wie dies vor allem die Dresdener
Ausstellung dieses Jahres entscheidend dargetan hat,
an einem so markanten Zielpunkte ihrer Entwicklung
angelangt, daß für den objektiven Berichterstatter
wenigstens m. E. der Standpunkt ohne weiteres gegeben
ist, sobald er sich nur für den gesunden Fortschritt
erklärt hat. Und da nun einmal auch der objektivste
Bericht eben, soll er nicht lediglich Aufzählung bleiben,
gewisser Werturteile nicht ganz entraten kann, so
glaube ich im folgenden gegebenenfalls den histo-
rischen Standpunkt dadurch am besten zu wahren,
wenn ich das vielmißbrauchte Wort „modern" in
dem engen und scharf umgrenzten Sinne gebrauche,
den es für das deutsche Aunstgewerbe speziell durch
die große Dresdener Ausstellung deutlich erhalten
hat und der in den fachmännischen Besprechungen
jener Ausstellung in seltener Übereinstimmung zur
Fixierung gebracht wurde. Wenn wir somit auf die
so vielfach angegriffenen Übertreibungen des neuen
Aunstgewerbes als auf etwas bereits Überwundenes
zurückblicken, so verliert das Wort „modern" jede
Unklarheit und jeden fatalen Doppelsinn, und gleich-

259. Blunienkörbchen; aus der Lichtenfelser Aorbslechtschule.
(Vs d. wirkt. Größe.)

260. Rohrstuhl; aus der Lichlenfelser Aorbstechtschule.

zeitig — dies erscheint mir als die Hauptsache —
wird das Wirken und Streben unserer bayerischen
kunstgewerblichen Fachschulen aufs engste in Anschluß
an den lebendigen Strom der allgemeinen Entwick-
lung gebracht.

Zn erster Linie freilich wird es nötig fein, die
einzelnen Schulen und ihre Leistungen dem Leser
vorzuführen!

* *

*

Da ist zunächst die Lichtenfelser Fachschule für
Aorbflechterei (mit s3- bis f5jährigen Schülern;
gegr. sstOH. Leiter F. Reidt (Abb. 358—365). Wie
sehr der „neue Stil" von den Mittelpunkten des kunst-
gewerblichen Schaffens aus sich in die „Provinz"
verbreitete, mag die Tatsache illustrieren, daß wir
unter den ausgestellten Gegenständen einen einzigen
fanden, der vollkommen an die Zeiten des ver-
loren gegangenen Geschmacks im Aunsthandwerk
erinnert. Es handelt sich dabei um eine Art Blumen-
korb mit Henkel, und jeder, der Augen hat, um zu
sehen, kann hier unschwer erkennen, daß auch die
verschlungensten und „sinnlosesten" Formen des neueren
Stils oft zweckmäßiger sind als jene, die sich vielfach
als Ausgeburten gedankenloser Übertragung zeich-
nerischer Formen ins praktische darstellten. Daß bei
dem Material, mit dem die genannte Schule zu
 
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