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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Laffer, Mortiz Otto: Neue Münchener Plakate
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0381
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Neue Münchener Plakate.

758. Plakat; von Rud. Wolf, München.

dankens sei für späterhin Vorbehalten. — Obige
kleine Stubie über Münchens neue Schaufenster-
reklame wurde schoi: vor ziemlich langer Zeit nieder-
geschrieben. Raunrmangels halber konnte sie bis
heute nicht gebracht werden. Sie kann aber recht
wohl einer eingehenden Aussprache als Einleitung
dienen . . . streift sie doch schon alle jene Verhält-
nisse, mit denen heute auch das Plakat zu rechnen hat.

Es hat vor allem, bzw. es muß leider mit einem
ganz bestimmten Kreise von Auftraggebern rechnen:
Kaufleuten, Industriellen, Unternehmern, mit Leuten,
die ihrerseits stets das große Publikum in Bewegung
setzen wollen. Dies wäre nun nicht schlimm, denn
für große und größte Massen arbeiten gegenwärtig
ja gerne die Besten eines Volkes: die Gelehrten in
der Tageszeitung, die Künstler, welche „Volkskunst"
zu verbreiten suchen rc. Nimmt aber der Kaufmann
die Kunst in Anspruch, so degradiert er sie in sOO
Fällen gewiß 99 ural — wir können es also nur
wiederholen: das Plakat ist durch feine Besteller
sehr schlecht daran. Der so sehr gerühmte deutsche
Kaufmann ist nämlich noch in weit mehr als einem

Punkte rückständig, verzopft. Vst genug streicht er
mit brutaler pandbewegung alles vou sich, das sich
ihm nicht gleich als barer Gewinn präsentiert, da
er aber ein Kunstwerk zum allermindesten als einen
sehr unzuverlässigen Wechsel betrachtet, so soll dieser
Wechsel wenigstens möglichst billig sein . . .

Das ist wohl der eine Grund des so häufig
auftretenden Kitsches, der andere dürfte auf Anver-
ständnis und Angeschmack zurückzuführen sein. Da-
für kann er nun freilich nichts. Denn im ganzen
Verlauf seiner Ausbildung und Studien hat er sich
ja nur mit „Realem" zu beschäftigen gehabt. Kommt
noch dazu, daß sich mancher Kaufmann dein Künstler
gegenüber auch sehr unsicher fühlt; denn wenn er
ihn auch innerlich niißachtet, so fühlt er doch dessen
gesellschaftliche, häufig auch geistige Überlegenheit
und kann ihn im Grunde um so weniger „ver-
kraften", als er sich selbst dabei als — Parvenü
vorkommt. Es ließe sich übrigens leicht noch
eine Anzahl von Motiven finden, weshalb das
Plakat zumeist auf so geringer künstlerischer pöhe
befindlich; allein die angeführten genügen unseren
Zwecken.

Nur werfe man uns ja nicht ein, daß wir
übertrieben. Wir suchten vielmehr jede Spitze zu
vermeiden, und es war nur die Wahrheit, der wir
nahe zu kommen strebten. Doch kann ja auch der
Beweis für das Gesagte angetreten werden. Nehmen
wir gleich einmal die „Kunststadt" München her!
Blättern wir den Inseratenteil der „Neuesten Nach-
richten" durch und um einige Jahre zurück! Ach,
wie wenige gute Zeichnungen zu Annoncen, wie
gar wenig wirklich geschmackvoll sich gebende In-
serate! Wirkliche Kunstwerke sind nur die Inserate
der Firma I. Ney (Magazin für feinsten Putz) von
Reznicek, das des Pelzwarengeschäftes Merzbacher,
eine Dame mit zwei Windhunden, sowie die einfachen,
figürlichen Schmuck verschmähenden, aber dennoch
elegant und dekorativ wirkenden Annoncen der Firma
Otto Landauer. Doch läuft noch die eine oder
andere gute Arbeit, von anderen Firmen gebracht,
mit unter. In neuerer Zeit wird ja die Sache etwas
besser. Wir sehen da das Kaufhaus Oberpollinger
auf den plan treten, und zwar mit vielen und mit
vielen guten Arbeiten. Direktor Fritz Krüger ist es,
der intelligent und weitausschauend, sich sagt, daß
sein großes paus im Inserat Kunstwerke geben
müsse, und der Kunstmaler paiduk ist mit Geschick
und in origineller Weise für ihn tätig. Einige an-
dere päuser machen von jetzt ab auch mit, „aber
fragt mich nur nicht wie". Doch die Firmen F.
pirschberg 6c To., Scherer, sowie diese und jene
Ausstellung tun einen guten, ja ausgezeichneten Griff,

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