schwankungen hervorzurufen; die höchsten und niedrigsten Monatsmittel
des Tideniedrigwassers unterscheiden sich im Durchschnitt um etwa 30 cm.
Es liegt daher durchaus im Bereich der Möglichkeit, daß eine Änderung
der meteorologischen Faktoren im Sinne einer verstärkten Zirkulation der
Atmosphäre ein Ansteigen der Wasserstände herbeigeführt hat. Damit
darf aber der gesamte Betrag des gegenwärtigen Ansteigens der Wasser-
stände nicht ohne weiteres einer echten Landsenkung zugeschrieben werden,
besonders im Hinblick auf die Tatsache, daß aus den älteren Beobachtungen
eine solche überhaupt nicht oder nur in beschränktem Maße hergeleitet
werden kann."
Die näheren Untersuchungen der Wasserstandsbewegungen ergeben so-
mit noch keine klare Erkenntnis der „Ursachen" des geodynamischen Wir-
kens, was in Anbetracht der verhältnismäßig sehr kurzen Beobachtungs-
zeit für eine erdgeschichtliche Entwicklungsphase und der außerordentlich
verwickelten Erscheinungen an der Nordseeküste wohl kaum anders zu er-
warten sein dürfte. Von ihrem Gesichtswinkel aus und innerhalb
ihres Forschungsgebietes werden aber die abgegebenen Erklärungen
mit der gleichen Berechtigung und ohne Einschränkung neben einander
bestehen können. Die sich scheinbar widersprechenden Ansichten zwischen
Hensen, Lüders und Rietschel werfen ein bezeichnendes Licht in die Pro-
blematik der Küstenforschung: Aus verschiedenen Beobachtungsgebieten
resultieren auch verschiedene Erkenntnisformen. Die erwähnten Ansichten
dürfen daher auch noch nicht als feststehendes Beweismaterial für die
Vorgänge an der Küste gewertet werden. Allgemein gesagt ist wohl jede
erste vermeintliche Erkenntnis ein durch die Wissenschaft gezeugter Glaube,
der seiner äußeren Form nach so lange bestehen bleibt, bis er durch eine
neue Erklärung der Befunde abgelöst wird.
Eine sehr erhebliche Bereicherung erfuhr die Küstenforschung mit den
geologisch-stratigraphischen Untersuchungen des Untergrundes, vor allem
durch Schütte' und Krügers Besonders dem zuerst genannten Forscher
verdanken wir die Wiederentdeckung der gegenwärtigen Senkungserschei-
nungen durch seine unbeirrbare und rastlose Erkundung der Schichten-
folgen des Marschbodens mit seiner Höhenanzeigenden Vegetation und
Fossilführung, welche ihm schließlich auch den Schlüssel zur rekonstruktiven
Ermittlung der vorgeschichtlichen Höhenänderungen in die Hände gab.
Besonders hervorzuheben ist die bedeutsame Feststellung, daß die relative
Bewegung nicht eine einzige, kontinuierliche und gleichgerichtete ist, wie
man anfänglich anzunehmen glaubte, sondern in mehrere Perioden mit
sinkender und steigender Bewegung unterteilt werden kann. Abgesehen
von dem unschätzbar wertvollen Naturgefühl des mit den Küstenlanden
eng verwachsenen Forschers besteht die Arbeitsmethode zur Hauptsache rn
? H. Schütte, Das Alluvium des Jade-Wefer-Gebietes, Oldenburg 1935.
« Krüger, Die Küstensenkung an der Jade. Der Bauingenieur 19 (1938)
Seite 91—99.
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des Tideniedrigwassers unterscheiden sich im Durchschnitt um etwa 30 cm.
Es liegt daher durchaus im Bereich der Möglichkeit, daß eine Änderung
der meteorologischen Faktoren im Sinne einer verstärkten Zirkulation der
Atmosphäre ein Ansteigen der Wasserstände herbeigeführt hat. Damit
darf aber der gesamte Betrag des gegenwärtigen Ansteigens der Wasser-
stände nicht ohne weiteres einer echten Landsenkung zugeschrieben werden,
besonders im Hinblick auf die Tatsache, daß aus den älteren Beobachtungen
eine solche überhaupt nicht oder nur in beschränktem Maße hergeleitet
werden kann."
Die näheren Untersuchungen der Wasserstandsbewegungen ergeben so-
mit noch keine klare Erkenntnis der „Ursachen" des geodynamischen Wir-
kens, was in Anbetracht der verhältnismäßig sehr kurzen Beobachtungs-
zeit für eine erdgeschichtliche Entwicklungsphase und der außerordentlich
verwickelten Erscheinungen an der Nordseeküste wohl kaum anders zu er-
warten sein dürfte. Von ihrem Gesichtswinkel aus und innerhalb
ihres Forschungsgebietes werden aber die abgegebenen Erklärungen
mit der gleichen Berechtigung und ohne Einschränkung neben einander
bestehen können. Die sich scheinbar widersprechenden Ansichten zwischen
Hensen, Lüders und Rietschel werfen ein bezeichnendes Licht in die Pro-
blematik der Küstenforschung: Aus verschiedenen Beobachtungsgebieten
resultieren auch verschiedene Erkenntnisformen. Die erwähnten Ansichten
dürfen daher auch noch nicht als feststehendes Beweismaterial für die
Vorgänge an der Küste gewertet werden. Allgemein gesagt ist wohl jede
erste vermeintliche Erkenntnis ein durch die Wissenschaft gezeugter Glaube,
der seiner äußeren Form nach so lange bestehen bleibt, bis er durch eine
neue Erklärung der Befunde abgelöst wird.
Eine sehr erhebliche Bereicherung erfuhr die Küstenforschung mit den
geologisch-stratigraphischen Untersuchungen des Untergrundes, vor allem
durch Schütte' und Krügers Besonders dem zuerst genannten Forscher
verdanken wir die Wiederentdeckung der gegenwärtigen Senkungserschei-
nungen durch seine unbeirrbare und rastlose Erkundung der Schichten-
folgen des Marschbodens mit seiner Höhenanzeigenden Vegetation und
Fossilführung, welche ihm schließlich auch den Schlüssel zur rekonstruktiven
Ermittlung der vorgeschichtlichen Höhenänderungen in die Hände gab.
Besonders hervorzuheben ist die bedeutsame Feststellung, daß die relative
Bewegung nicht eine einzige, kontinuierliche und gleichgerichtete ist, wie
man anfänglich anzunehmen glaubte, sondern in mehrere Perioden mit
sinkender und steigender Bewegung unterteilt werden kann. Abgesehen
von dem unschätzbar wertvollen Naturgefühl des mit den Küstenlanden
eng verwachsenen Forschers besteht die Arbeitsmethode zur Hauptsache rn
? H. Schütte, Das Alluvium des Jade-Wefer-Gebietes, Oldenburg 1935.
« Krüger, Die Küstensenkung an der Jade. Der Bauingenieur 19 (1938)
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