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Die Kunde — N.F. 14.1963

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Thielemann, Otto: Langelsheim-Röskenbrink: Die mesolithische Mutterstation am Nordharz
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https://doi.org/10.11588/diglit.71828#0038

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Langelsheim - Rösekenbrink
Die mesolithische Mutterstation am Nordharz
Von Otto Thielemann
Mit 16 Abbildungen im Text und 2 Tafeln

Das Alter der Siedlung
Die Herausstellung des Fundplatzes Langelsheim-Rösekenbrink als meso-
lithischer Mutterstation am Nordharz spricht den hier geborgenen Funden ein
besonders hohes Alter zu. Beweisstücke dafür sind vornehmlich mehrfach auf-
gelesene Stie1spitzen, die für den Siedlungsbeginn auf dem Röseken-
brink eine Eingruppierung in die Stufe von Ahrensburg-Ste11moor
etwa um 8500—7500 v. Zr. rechtfertigen. Prof. G. Schwantes hat die Ahrens-
burger Zivilisation noch in den Ausgang der letzten Eiszeit, bzw. in den Über-
gang zur postglazialen Waldzeit datiert '. Dieser Auffassung pflichtet H. Schwa-
bedissen bei2. Alter noch als Ahrensburg ist das Rentierjäger-Lager von
Meiendorf, das A. Rust durch Grabungen auf dem vermoorten Gelände
glazialer Standgewässer erschloß 3. Die namengebenden Stationen Ahrensburg
und Meiendorf, beide in Ostholstein nordöstlich Hamburg gelegen, waren auf
Zeit genutzte, aber wiederholt aufgesuchte Sommerlager eiszeitlicher Rentier-
jäger.
Solche noch glazialzeitlichen Wohnplätze waren in Nordwestdeutschland
zu erwarten und sind auch mehrfach gefunden worden, seitdem die geolo-
gische Wissenschaft nachwies, daß die Eismassen der letzten (baltischen) Eis-
zeit die Elbe-Linie nicht mehr überschritten hatten. Die Meiendorfer Ren-
begleiter des vorletzten Jahrzehntausends v. Zr. fristeten ihr Dasein in einer
baumlosen, nur krüppelwüchsigen arktischen Tundra vor dem südlichen Eis-
rand. Ihre kennzeichnenden Werkzeugtypen, wie die Kerbspitzen und be-
sonders die Zinken für eine spezielle Geweihbearbeitung, fehlen bereits im
Ahrensburger Inventar und natürlich auch in Langelsheim. Ahrensburg ist
zwar noch Renjäger-Platz, nutzt aber eine neue Technik und leitet einen
Wandel ein in Klima und Vegetation. An die Stelle der Frostböden einer
eisigen Tundraöde tritt die locker bestockte Waldsteppe mit einwandernden
Waldtieren statt des Groß- und Herdenwildes. So ist Ahrensburg das über-
leitende Bindeglied von der Eiszeit zur Waldzeit. Als Grenzphase ist es
gleicherweise Klammer und Scheide zweier Erd- und Zivilisations-Perioden,
weswegen es auch einerseits als endglazial und endpaläolithisch und an-
dererseits als postglazial und frühmesolithisch eingeordnet wird. Im letzteren
Sinne gilt auch für unseren Fundplatz Langelsheim-Rösekenbrink die Be-
nennung als mesolithische Mutterstation am Nordharz.

1 G. Schwantes, Vorgeschichte Schleswig-Holsteins, Neumünster 1939, S. 76.
Ders. Deutschlands Urgeschichte, Stuttgart 1952, S. 97.

2 H. Schwabedissen, Die mittlere Steinzeit im westlichen Norddeutschland,
Neumünster 1944, S. 144.

3 A. Rust, Vor 20 000 Jahren. Eiszeitliche Rentierjäger in Holstein, Neumünster
1937.

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