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Die Kunde — N.F.16.1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.72624#0157

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Ausbildung des Stils II herausgearbeitet wurden. Die Entdeckung des Fürsten-
grabes von Krefeld-Gellep, der Gräber unter dem Kölner Dom oder des soge-
nannten Arnegundis-Grabes in St. Denis haben die stets von einer enormen
Materialkenntnis angefüllten Arbeiten J. Werners zur Geschichte des östlichen
Reihengräberkreises ergänzt. Die Datierung von Sutton Hoo um 625 ist die
Folge von neuen numismatischen Studien einerseits und archäologischer
Interpretation andererseits. Die Zeitdauer von Salins Stil I schrumpfte ent-
sprechend, da der Jutish Style A (beziehungsweise Quoit Brooch Style) das
5. Jahrhundert im wesentlichen nach wie vor ausfüllt. Die engen Verbindungen
der mit Stil I verzierten Gegenstände aus dem nordwesteuropäischen Nord-
seeraum sind vielleicht besonders zu registrieren. Auch in der Spätphase des
Tierstils (nach der Tassilo-Kelch-Zeit, Ende 8. Jahrhundert bis Anfang 9. Jahr-
hundert) hebt sich diese Zone mit einem nachlebenden Tierstil gegen die
mittelmeerisch geprägte karolingische Kunstprovinz vielleicht nicht zufällig
in ähnlicher Weise ab.
Sehr interessant sind die Forschungen zur Chronologie der älteren römi-
schen Kaiserzeit. Die Zeitstufe B 1 wird „von allen Seiten" eingeengt. Die
ausgehende Spätlatenezeit möchte man bis in die tiberische Epoche ein-
münden lassen, während das Ende von B 1 in domitianischer Zeit gesucht
wird. Das sind entscheidende historische Um- beziehungsweise Einordnungen,
die insofern sorgfältig überprüft werden müssen, da die Zeit von 350 n. Chr.
an chronologisch gut fixiert bleibt. Die Zwischenstufen zwischen dem Ende des
1. Jahrhunderts und dem ausgehenden 4. Jahrhundert müssen daher genauer
unterteilt werden, um gleichwertig neben der Datierung von B 1 bestehen zu
können.
Die Teilnehmer an den verschiedenen Sachsen-Symposien werden hoffent-
lich mit mir übereinstimmen, wenn ich behaupte, daß die Tagungen in Oxford,
Amersfoort oder Groningen — also im nichtsächsischen Raum — besonders
wichtig waren. Die Einbeziehung der Frankenforschung, die Geschichte der
Friesen oder des angelsächsischen Englands haben viele Probleme der ethni-
schen Forschung im Sachsenlande schärfer erkennen lassen. In den gleichen
Zusammenhang gehören natürlich auch die Arbeiten der Skandinavier. Eine
Tagung bei den „nördlichen Kollegen", deren Vorfahren für so viele Inva-
sionen verantwortlich zu machen sind, wäre daher zu begrüßen. Die Skandi-
navienforschung ist allerdings von besonderer Bedeutung für die Bearbeitung
der englischen Funde. Das zeigt die jüngste Arbeit von Miss Evison deutlich,
die in dem Buch über „The Fifth-Century Invasions South of the Thames"
gezeigt hat, wie wichtig eine ethnische Deutung der Funde sein kann. Gerade
weil die Auflösung des historischen Gewebes in einzelne Fäden (oder umge-
kehrt) so kompliziert geworden ist, müßte es jeden reizen, die politische Ge-
schichte auch in den archäologischen Quellen zu erkennen.
Im Rahmen dieses kurzen Kommentars zur Bibliographie möchte ich beson-
ders auf den „Weserkreis" verweisen, den ich einst als „Hunte-Weser-Gruppe"
(S. 55) eingezeichnet und charakterisiert habe. Genrich hat inzwischen nach
seinen Ausgrabungen in Liebenau und Dörverden diese Gruppe ausführlich
beschrieben. Zusätzlich hat er wichtige Gedanken zur Kontinuitätsfrage ver-
öffentlicht. Die Fragen nach einem Siedlungsabbruch sind durch die Ausgra-
bungen von Haarnagel und Schindler immer wieder angeschnitten worden.
Der Begriff des wandernden Dorfes und die Entwicklung des einzelnen Hauses,
die Bedeutung des Hauses im Hofverband, die Herausbildung eines reichen

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