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Die Kunst dem Volke <München> — 1912 (Nr. 9-12)

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Damrich, Joh.: Hans Holbein
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https://doi.org/10.11588/diglit.21074#0012
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ist einer der markantesten
Charakterköpfe in der Ge-
schichte vonBasel. Ursprüng-
lich Bankier, aber auch ein
tüchtiger Kriegsmann, ist er
der erste Bürgerliche,welcher
sich zur Würde des Bürger-
meisteramtes emporschwingt,
um in der Folgezeit die
gänzliche Unabhängigkeit
der Stadt wider Adel und
Bischof rücksichtslos durch-
zusetzen. Das Bild, welches
die Geschichte von dem merk-
würdigen Manne gibt, wird
durch das Holbeinsche Por-
trät (Abb. 22) vollauf be-
stätigt. Das ist der ziel-
bewußte Mann mit den
charaktervollen Zügen und
dem wachsamen, ungemein
intelligenten Blick, der ge-
wiegte, überlegen ruhige
Politiker, der sich dabei doch
einen offenen Sinn für
Schönheit im Leben und
Verständnis für die Kunst
bewahrt hat. Frau Doro-
thea ist eine einfache deutsche
Hausfrauennatur. DenKopf
desManneshat derKünstler,
um dessen massige Wirkung
abzuschwächen, vor einen
Pfeiler der Renaissance-
Architektur gesetzt, wäh-
rend das feine Köpfchen der
jugendlichen Frau Bürger-
meisterin sich frei abhebt
vom Himmelsblau. Schlicht
und lebensvoll stehen die
beiden vor uns, gekennzeich-
net nicht bloß nach ihrer
äußeren Erscheinung, son-
dern — das gilt wenigstens
für Jakob Meyer — auch
nach derinnerenBedeutung.

Aus diesem ersten Bildnis
des Künstlers spricht noch
der Sohn des alten Hol-
bein, dieses gediegenen Men-
schenschilderers, andererseits verspüren wir schon
hier einen Hauch des Genies, das im Begriffe
steht, sich zum ersten Bildnismaler Deutschlands
zu entfalten.

Das Doppelbildnis scheint auch die Zufrie-
denheit des Auftraggebers gefunden zu haben.
Wahrscheinlich ist es dieser einflußreiche Gönner,
dem es Holbein zu verdanken hat, daß er ein
Jahr später, 1517, nach Luzern berufen wird,
um des dortigen Schultheißen Hertenstein neues
Haus mit umfangreichen Wandmalereien zu
schmücken. Neben rein ornamentalen Partien

Abb. 21 (Text S. g>

Entwurf zur Fassadenbemalnng des Hauses ,.zum Tanz'

waren hier auch figürliche Darstellungen, beson-
ders aus der Antike zu schaffen, es galt also, ent-
sprechend dem Zweck und Jnhalt des Werkes den
schrankenlosen Realismus einzudämmen, auf Klar-
heit und monumentale Größe hinzuarbeiten. Sind
uns auch diese Schöpfungen vollständig verlo-
ren gegangen, Holbeins Stil gewinnt hier eine
Richtung aufs Klare und Große, die in seinen
späteren Werken deutlich zutage tritt.

Von Luzern aus muß Holbein auch irgend-
wie mit der italienischen Kunst Fühlung genom-
men haben. Wahrscheinlich hat er selbst einen
 
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