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nis ein. Es handelt stch keineswegs um Gemälde
geringen Umfanges, wie ste uns unter den Nieder-
ländern begegnen, sondern seine Gassenbuben
und Bettlerjungen treten etwas herausfordernd,
beinahe in Lebensgröße auf.
Jn Dullwich College in England ist die mehr
skizzenartig behandelte Darstellung des an seinen
Körben und einem Kruge niedergekauerten
Knaben (Abb. 4).
Aufmerksam blickt
er empor, denn der
Mohrenjunge mit
seinemWasserkruge
aufderAchselbittet
um einige Brosa-
men von seinen
Schätzen. Dieener-
gische Abweisung
ist bereits erfolgt,
schützend ruht die
RechteüberderPa-
stete in der linken
Hand. Der dritte
nachdemBeschauer
sichrichtendeKnabe
istkeineswegsbloße
Füllfigur. Einscha-
denfrohes Lächeln
umspielt seinen
Mund, daß dem
Schwarzen auch
sein Schicksal wi-
derfahren ist. Jm
Ernste des einen
wieinderSchaden-
freude des anderen
äußert sich etwas
spanische Eigenart,
die historische Ab-
neigung gegen den
uroro, unter dem
vor allem der Ara-
ber zu verstehen ist.
Nichtwenigerals
fünfdieserköstlichen
Bilder besitzt die
Münchener Pina-
kothek. Die Szene
der Trauben und
Melonen essenden
Buben (Abb. 5) vollzieht sich in einem durch spär-
liches Seitenlicht beleuchteten Verließe. Sicher
haben sich die glücklichen Besitzer des Trauben-
korbes und der eben frisch angeschnittenen großen
Melone nicht ohne Grund zurückgezogen vor den
zwischen Mein und Dein genauer unterschei-
denden Blicken. Die schwellende Traubenfrucht
gleitet in den Mund, während die Linke ein
-Stück der Melone festhält. Eine Verurteilung die-
ser Genußsucht deutet die Kopfbewegung des Nach-
barn an, der dadurch die Spuren seiner eige-
nen Lüsternheit in der aufgedunsenen Wange
und dem auf den Hauthärchen ruhenden Kerne
zeigt.
Jm frohen Sonnenlicht überhaucht ein gol-
dener Farbenton „die Würfelspieler" (Abb. 0).
Die Entscheidung scheint gefallen zu sein. Denn
krampfhaft zieht sich die herabhängende Linke des
vorderen Burschen zusammen, während sein Gegen-
über mit voller Aufmerksamkeit und ausgespreizten
Fingern die Augen
derWürfel abzählt.
Die Kupfermünzen
auf beiden Seiten
zeigen, daß es sich
nichtum einschlich-
tes Unterhaltungs-
spiel handelt. Der
Kleinereschenktdie-
ser Beschäftigung
keine Aufmerksam-
keit. Etwas ver-
drießlich kaut er
stehend sein Stück
Brot,nachdemauch
der Hund hinter
dem Früchtenkorbe
sehnsuchtsvolles
Verlangen zeigt.
Jn ein ärmlich
Jnterieurführtuns
Abb. 7. Durchdas
FensterdesHinter-
grundes dringt das
volleTageslichtein,
um die Szene un-
befangenenGlückes,
jugendlicher Sorg-
losigkeitzu beleuch-
ten. Die Alte hat
Spinnrocken und
Spindel auf den
Schemel des Vor-
dergrundes gelegt,
umdenKleinenvon
der Qual der Fol-
gen mangelnder
Reinlichkeit zu be-
freien. Wohlig
lehnt sich dieser an
den Schoß an,stillt
seinen Hunger am
frugalen Frühstücke und spielt gleichzeitig mit dem
jungen Hündchen, ein Bild ländlicher Morgen-
toilette, in dem sich die Sorgen des Tages in der
Frau, wie der so rasch befriedigte volle Lebens-
genuß, heiterer, wolkenloser Jugend widerspiegelt.
Ernster tönt das Leben in der Darstellung
„Cölestine und ihre Tochter" in der Eremitage
zu Petersburg (Abb. 8). Hinter Eisenstäben blik-
ken die beiden Gefangenen heraus. Auffallend ist
die Ahnlichkeit der Züge. Kummer, Weh und Leid
haben ihre Furchen tief ins Antlitz der Mutter
gezogen. Nicht ohne Leichtfertigkeit erscheint ihre
nis ein. Es handelt stch keineswegs um Gemälde
geringen Umfanges, wie ste uns unter den Nieder-
ländern begegnen, sondern seine Gassenbuben
und Bettlerjungen treten etwas herausfordernd,
beinahe in Lebensgröße auf.
Jn Dullwich College in England ist die mehr
skizzenartig behandelte Darstellung des an seinen
Körben und einem Kruge niedergekauerten
Knaben (Abb. 4).
Aufmerksam blickt
er empor, denn der
Mohrenjunge mit
seinemWasserkruge
aufderAchselbittet
um einige Brosa-
men von seinen
Schätzen. Dieener-
gische Abweisung
ist bereits erfolgt,
schützend ruht die
RechteüberderPa-
stete in der linken
Hand. Der dritte
nachdemBeschauer
sichrichtendeKnabe
istkeineswegsbloße
Füllfigur. Einscha-
denfrohes Lächeln
umspielt seinen
Mund, daß dem
Schwarzen auch
sein Schicksal wi-
derfahren ist. Jm
Ernste des einen
wieinderSchaden-
freude des anderen
äußert sich etwas
spanische Eigenart,
die historische Ab-
neigung gegen den
uroro, unter dem
vor allem der Ara-
ber zu verstehen ist.
Nichtwenigerals
fünfdieserköstlichen
Bilder besitzt die
Münchener Pina-
kothek. Die Szene
der Trauben und
Melonen essenden
Buben (Abb. 5) vollzieht sich in einem durch spär-
liches Seitenlicht beleuchteten Verließe. Sicher
haben sich die glücklichen Besitzer des Trauben-
korbes und der eben frisch angeschnittenen großen
Melone nicht ohne Grund zurückgezogen vor den
zwischen Mein und Dein genauer unterschei-
denden Blicken. Die schwellende Traubenfrucht
gleitet in den Mund, während die Linke ein
-Stück der Melone festhält. Eine Verurteilung die-
ser Genußsucht deutet die Kopfbewegung des Nach-
barn an, der dadurch die Spuren seiner eige-
nen Lüsternheit in der aufgedunsenen Wange
und dem auf den Hauthärchen ruhenden Kerne
zeigt.
Jm frohen Sonnenlicht überhaucht ein gol-
dener Farbenton „die Würfelspieler" (Abb. 0).
Die Entscheidung scheint gefallen zu sein. Denn
krampfhaft zieht sich die herabhängende Linke des
vorderen Burschen zusammen, während sein Gegen-
über mit voller Aufmerksamkeit und ausgespreizten
Fingern die Augen
derWürfel abzählt.
Die Kupfermünzen
auf beiden Seiten
zeigen, daß es sich
nichtum einschlich-
tes Unterhaltungs-
spiel handelt. Der
Kleinereschenktdie-
ser Beschäftigung
keine Aufmerksam-
keit. Etwas ver-
drießlich kaut er
stehend sein Stück
Brot,nachdemauch
der Hund hinter
dem Früchtenkorbe
sehnsuchtsvolles
Verlangen zeigt.
Jn ein ärmlich
Jnterieurführtuns
Abb. 7. Durchdas
FensterdesHinter-
grundes dringt das
volleTageslichtein,
um die Szene un-
befangenenGlückes,
jugendlicher Sorg-
losigkeitzu beleuch-
ten. Die Alte hat
Spinnrocken und
Spindel auf den
Schemel des Vor-
dergrundes gelegt,
umdenKleinenvon
der Qual der Fol-
gen mangelnder
Reinlichkeit zu be-
freien. Wohlig
lehnt sich dieser an
den Schoß an,stillt
seinen Hunger am
frugalen Frühstücke und spielt gleichzeitig mit dem
jungen Hündchen, ein Bild ländlicher Morgen-
toilette, in dem sich die Sorgen des Tages in der
Frau, wie der so rasch befriedigte volle Lebens-
genuß, heiterer, wolkenloser Jugend widerspiegelt.
Ernster tönt das Leben in der Darstellung
„Cölestine und ihre Tochter" in der Eremitage
zu Petersburg (Abb. 8). Hinter Eisenstäben blik-
ken die beiden Gefangenen heraus. Auffallend ist
die Ahnlichkeit der Züge. Kummer, Weh und Leid
haben ihre Furchen tief ins Antlitz der Mutter
gezogen. Nicht ohne Leichtfertigkeit erscheint ihre