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merkwürdige Aussagen des kindlichen Mundes zu
begleiten. Die Verwunderung läßt an die Worte
denken: „Sieh deine Mutter", deren Sinu erst
unter dem Kreuze der uiutsn ciolorosu klar wird.
Die Betonung der Bedeutung der Mutter und
des Kindes tritt auch in der Anbetung der Hirten
im Museum des Prado zu Madrid deutlich hervor
(Abb. 19). Leicht geueigt über das Strohlager
der Krippe, hält Maria das auf Linnen liegende
Kiud in ihrem
Arme sanft 'em-
por. Jm Hin-
tergrunde steht,
seine Hände auf
den Stock ge-
stützt, derhl.Jo-
seph. Der Neu-
geborene blickt
nach'derHirten-
gruppe. Jn die-
serhatderMann
zuvorderst sein
Huhn niederge-
legt. Kniend,
mit gefalteteu
Häuden, betet
er seiuen Erlö-
ser an. Die
Frau in der
Mitte hält noch
ihreu Eierkorb
im Arme, aber
ihre ganze Auf-
merksamkeit,
ihre mütterliche
Milde wendet
sich dem Kinde
zu. Der junge,
stehende Hirt
sührt sein Schaf
herbei, eilt aber
mit freudig ehr-
furchtsvollen
Blicken dement-
gegeu,dessenGe-
burt die Engel
verkündet ha-
ben. Die künst-
lerisch fein bc-
rechnete Stellung der drei Figuren läßt alle den
uubehinderten Anblick genießen. Die Fläche links
süllt die Figur des Ochseu aus. Die Mauern
des Stalles verschwimmen im Dunkel des Hinter-
grundes, iu scharfer Plastikwirkt die Hirtengruppe,
iu vollem Lichte das Kind uud das Antlitz seincr
Mutter.
Darstellungen aus der Mariologie nehmen
unter den Werken des Meisters deu größten Naum
ein. Zählt doch Curtis 34 größere und 32 kleinere
Gemälde der Unbefleckten Empfängnis allein.
Die Lehre dieses besonderen Privileges ist erst
seit 1854 von der Kirche zum Glaubenssatze er-
hoben worden, nach welchem Maria im ersten
Augenblicke ihres Daseins von jeder Makel der
Erbsünde frei war. Sevilla stand schou im 17.
Jahrhundert einmütig auf der Seite der Ver-
teidiger dieser Lehre und hatte durch Philipp III.
vou Papst Paul V. den Befehl erwirkt, daß gegen
diese Lehre öffentlich nicht mehr gesprocheu werden
dürfe.
Pacheco (1571—1654) bestimmte genau die
Auffassung die-
ses Gnadenge-
heimnisses. Die
Jungfrau er-
scheine „in der
Blüte ihres Al-
ters von 12 bis
13Jahren".Sie
soll dargestellt
werden „in
einem weißen
Kleidemitblau-
em Mantel. . .
unter den Fü-
ßen soll der
Moud sichtbar
sein". Murillo
folgte diesenAn-
forderungen sei-
nesMitbürgers,
der Lehrer und
Schwiegervater
des Velasquez
war. Nur den
Sternenkranz
und die Krone
aus dem Haupte
übersetzte er in
seiner Künstler-
sprache in die
reizenden Put-
ten, welche die
Jmmaculata
umschweben.
Das Brust-
bild der Uube-
fleckt Empfan-
genen im Pra-
do zu Madrid
(Abb. 23) zeigt
über der Mondsichel ein Brustbild. Das weiße
Kleid umschließt die zarten Glieder. Sein Licht-
glanz wird gebrochen vom Blau des Mantels,
den die übereiuandergelegten Hände an der
Brust festhalten. Reiche Haupthaare fallen über
die Schultern und umschließen das jugendliche
Haupt. Dieses ist emporgerichtet. Die Augeu
blicken aufwärts, leicht ist der Mund geöffnet,
als suchte er nach Worteu um dem Schaueu des
Blickes Ausdruck zu verleihen. Je drei Engel-
köpfchen zu beiden Seiten sind ernst versunken
in den Anblick der Jungfrau, kein Lächeln um-
spielt ihre Lippen.
Abb. 23 (Text nebenan) Ph->t. Franz Hanistaengl
Die Unbefleckte Empfängnis. Prado, Madrid.
s»
merkwürdige Aussagen des kindlichen Mundes zu
begleiten. Die Verwunderung läßt an die Worte
denken: „Sieh deine Mutter", deren Sinu erst
unter dem Kreuze der uiutsn ciolorosu klar wird.
Die Betonung der Bedeutung der Mutter und
des Kindes tritt auch in der Anbetung der Hirten
im Museum des Prado zu Madrid deutlich hervor
(Abb. 19). Leicht geueigt über das Strohlager
der Krippe, hält Maria das auf Linnen liegende
Kiud in ihrem
Arme sanft 'em-
por. Jm Hin-
tergrunde steht,
seine Hände auf
den Stock ge-
stützt, derhl.Jo-
seph. Der Neu-
geborene blickt
nach'derHirten-
gruppe. Jn die-
serhatderMann
zuvorderst sein
Huhn niederge-
legt. Kniend,
mit gefalteteu
Häuden, betet
er seiuen Erlö-
ser an. Die
Frau in der
Mitte hält noch
ihreu Eierkorb
im Arme, aber
ihre ganze Auf-
merksamkeit,
ihre mütterliche
Milde wendet
sich dem Kinde
zu. Der junge,
stehende Hirt
sührt sein Schaf
herbei, eilt aber
mit freudig ehr-
furchtsvollen
Blicken dement-
gegeu,dessenGe-
burt die Engel
verkündet ha-
ben. Die künst-
lerisch fein bc-
rechnete Stellung der drei Figuren läßt alle den
uubehinderten Anblick genießen. Die Fläche links
süllt die Figur des Ochseu aus. Die Mauern
des Stalles verschwimmen im Dunkel des Hinter-
grundes, iu scharfer Plastikwirkt die Hirtengruppe,
iu vollem Lichte das Kind uud das Antlitz seincr
Mutter.
Darstellungen aus der Mariologie nehmen
unter den Werken des Meisters deu größten Naum
ein. Zählt doch Curtis 34 größere und 32 kleinere
Gemälde der Unbefleckten Empfängnis allein.
Die Lehre dieses besonderen Privileges ist erst
seit 1854 von der Kirche zum Glaubenssatze er-
hoben worden, nach welchem Maria im ersten
Augenblicke ihres Daseins von jeder Makel der
Erbsünde frei war. Sevilla stand schou im 17.
Jahrhundert einmütig auf der Seite der Ver-
teidiger dieser Lehre und hatte durch Philipp III.
vou Papst Paul V. den Befehl erwirkt, daß gegen
diese Lehre öffentlich nicht mehr gesprocheu werden
dürfe.
Pacheco (1571—1654) bestimmte genau die
Auffassung die-
ses Gnadenge-
heimnisses. Die
Jungfrau er-
scheine „in der
Blüte ihres Al-
ters von 12 bis
13Jahren".Sie
soll dargestellt
werden „in
einem weißen
Kleidemitblau-
em Mantel. . .
unter den Fü-
ßen soll der
Moud sichtbar
sein". Murillo
folgte diesenAn-
forderungen sei-
nesMitbürgers,
der Lehrer und
Schwiegervater
des Velasquez
war. Nur den
Sternenkranz
und die Krone
aus dem Haupte
übersetzte er in
seiner Künstler-
sprache in die
reizenden Put-
ten, welche die
Jmmaculata
umschweben.
Das Brust-
bild der Uube-
fleckt Empfan-
genen im Pra-
do zu Madrid
(Abb. 23) zeigt
über der Mondsichel ein Brustbild. Das weiße
Kleid umschließt die zarten Glieder. Sein Licht-
glanz wird gebrochen vom Blau des Mantels,
den die übereiuandergelegten Hände an der
Brust festhalten. Reiche Haupthaare fallen über
die Schultern und umschließen das jugendliche
Haupt. Dieses ist emporgerichtet. Die Augeu
blicken aufwärts, leicht ist der Mund geöffnet,
als suchte er nach Worteu um dem Schaueu des
Blickes Ausdruck zu verleihen. Je drei Engel-
köpfchen zu beiden Seiten sind ernst versunken
in den Anblick der Jungfrau, kein Lächeln um-
spielt ihre Lippen.
Abb. 23 (Text nebenan) Ph->t. Franz Hanistaengl
Die Unbefleckte Empfängnis. Prado, Madrid.
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