51
geben den Thron
der Mutter Gottes,
währendEngelköpf-
chen und zwei zur
lieblichen Gruppe
geeinigteHimmels-
kinder niederschwe-
ben. Mit kühnem
Stifte kennzeichnet
der Künstler alle
Altersstufen: die
frohe Sorglosigkeit
der Jugend in den
Wolken, die jung-
fräuliche Zartheit
um den Thron,
mütterliche Sorge
in Maria,das Glück
des sonnigenAlters
imhl.Jldefons,sein
letztes Aufleuchten
auf Erden in der
greisen Frau mit
der brennenden
Kerze in der Tiefe.
Nach den An-
höhen der Mystik
führt uns das Bild
der Erscheinung der
Mutter Gottes an
den hl. Bernhard
von Clairvaux
(Abb. 81). Die
schlanke Gestalt
Marias erinnert
etwas an die Auf-
fassung derselben
in der Unbefleckten
Empfängnis. Mit
wahrer Hingabe,
mit seltener Ver-
senkung in alle
Details, ist diese
Figur gezeichnet.
Der Perlensaum
des Unterkleides erinnert an die Vorliebe der
van Eyks für reichen Schmuck. Auffallend schlicht
ist das niederblickende Jesuskind behandelt. Ein
prächtiger Engelchor umschließt im Kreise die
Jungfrau, welche süße Mutterpflichten gegen
den knienden Heiligen erfüllt. Malerischer Reich-
tum entfaltet sich in seinem Zisterziensergewande,
eine Symphonie von Weiß und Gelb mit tiefen
braunen Schatten. Aufblickend, öffnet er leise
den schlürfenden Mund, während seine Hand
nicht auf den Abtsstab mit dem Schweißtuche,
wohl aber auf sein Werk mit den 86 Reden über
das Hohe Lied hinweist. Taktvoller und zarter
könnte dieser mysti-
sche Vorgang nicht
behandelt werden.
Mit einem Wer-
ke,dasDeutschland,
die Alte Pinakothek
in München, zu be-
sitzen in der glück-
lichen Lage ist, dür-
fen wir schließen
(Abb.82). Nor der
Säulenhalle eines
Palastes steht der
hl. Erzbischof Tho-
mas von Villanova
im dunkeln Augu-
stinerhabit. Das
durchgeistigte, edle
Haupt blickt nieder,
seine Rechte segnet
den vor ihm knien-
den krüppelhaften
Bettler. Leichtrich-
tet stch deffen Ge-
stalt empor, um im
nächsten Augen-
blicke, wunderbar
geheilt, jubelnd zu
enteilen, ein Vor-
gang, der sich in
der Tiefe des Hin-
tergrundes auf den
Stufen des Pala-
stes, unter dem
Staunen des Vol-
kes wirklich voll-
zieht, während der
Heilige selber in
der Nähe mit der
Brotverteilung an
Armebeschäftigtist.
NähereZeugensind
zwei mitleidig nach
dem Bettler blicken-
de junge Kleriker
der Klosterhalle. Das Dunkel der Augustiner-
gewänder kontrastiert lebhaft gegen das reiche
Licht, das sich über den Bettler ergießt und den
Hintergrund hell beleuchtet.
Möchte man auch die harten Schicksale be-
dauern, die Murillos Meisterwerke seinem Heimat-
lande entrissen haben, und diesseits der Pyrenäen
in die Galerien Europas zerstreuten, etwas von
dem Glücke jeder schweren Schuld haftet doch auch
an dieser Heimsuchung der iberischen Halbinsel.
Denn dadurch sind wir in die glückliche Lage
versetzt, unser Auge und unsern Geist an den
Originalschöpfungen erfrischen zu können.
Abb. S8 (Tcxt S. -17) Phot. Fronz Haufflaengl
Andrcas de Andrade. Mrseum, Northbrook.
geben den Thron
der Mutter Gottes,
währendEngelköpf-
chen und zwei zur
lieblichen Gruppe
geeinigteHimmels-
kinder niederschwe-
ben. Mit kühnem
Stifte kennzeichnet
der Künstler alle
Altersstufen: die
frohe Sorglosigkeit
der Jugend in den
Wolken, die jung-
fräuliche Zartheit
um den Thron,
mütterliche Sorge
in Maria,das Glück
des sonnigenAlters
imhl.Jldefons,sein
letztes Aufleuchten
auf Erden in der
greisen Frau mit
der brennenden
Kerze in der Tiefe.
Nach den An-
höhen der Mystik
führt uns das Bild
der Erscheinung der
Mutter Gottes an
den hl. Bernhard
von Clairvaux
(Abb. 81). Die
schlanke Gestalt
Marias erinnert
etwas an die Auf-
fassung derselben
in der Unbefleckten
Empfängnis. Mit
wahrer Hingabe,
mit seltener Ver-
senkung in alle
Details, ist diese
Figur gezeichnet.
Der Perlensaum
des Unterkleides erinnert an die Vorliebe der
van Eyks für reichen Schmuck. Auffallend schlicht
ist das niederblickende Jesuskind behandelt. Ein
prächtiger Engelchor umschließt im Kreise die
Jungfrau, welche süße Mutterpflichten gegen
den knienden Heiligen erfüllt. Malerischer Reich-
tum entfaltet sich in seinem Zisterziensergewande,
eine Symphonie von Weiß und Gelb mit tiefen
braunen Schatten. Aufblickend, öffnet er leise
den schlürfenden Mund, während seine Hand
nicht auf den Abtsstab mit dem Schweißtuche,
wohl aber auf sein Werk mit den 86 Reden über
das Hohe Lied hinweist. Taktvoller und zarter
könnte dieser mysti-
sche Vorgang nicht
behandelt werden.
Mit einem Wer-
ke,dasDeutschland,
die Alte Pinakothek
in München, zu be-
sitzen in der glück-
lichen Lage ist, dür-
fen wir schließen
(Abb.82). Nor der
Säulenhalle eines
Palastes steht der
hl. Erzbischof Tho-
mas von Villanova
im dunkeln Augu-
stinerhabit. Das
durchgeistigte, edle
Haupt blickt nieder,
seine Rechte segnet
den vor ihm knien-
den krüppelhaften
Bettler. Leichtrich-
tet stch deffen Ge-
stalt empor, um im
nächsten Augen-
blicke, wunderbar
geheilt, jubelnd zu
enteilen, ein Vor-
gang, der sich in
der Tiefe des Hin-
tergrundes auf den
Stufen des Pala-
stes, unter dem
Staunen des Vol-
kes wirklich voll-
zieht, während der
Heilige selber in
der Nähe mit der
Brotverteilung an
Armebeschäftigtist.
NähereZeugensind
zwei mitleidig nach
dem Bettler blicken-
de junge Kleriker
der Klosterhalle. Das Dunkel der Augustiner-
gewänder kontrastiert lebhaft gegen das reiche
Licht, das sich über den Bettler ergießt und den
Hintergrund hell beleuchtet.
Möchte man auch die harten Schicksale be-
dauern, die Murillos Meisterwerke seinem Heimat-
lande entrissen haben, und diesseits der Pyrenäen
in die Galerien Europas zerstreuten, etwas von
dem Glücke jeder schweren Schuld haftet doch auch
an dieser Heimsuchung der iberischen Halbinsel.
Denn dadurch sind wir in die glückliche Lage
versetzt, unser Auge und unsern Geist an den
Originalschöpfungen erfrischen zu können.
Abb. S8 (Tcxt S. -17) Phot. Fronz Haufflaengl
Andrcas de Andrade. Mrseum, Northbrook.