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Die Kunst dem Volke <München> — 1912 (Nr. 9-12)

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Nieuwbarn, M.C.: Die Madonna in der Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.21074#0133
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Abb. 20 Paul Delarochc, Karfrcitag kText S. 22)

Künstler in freier Weise dazugefügt hat, der
Kirche oder der Familie zu Gefallen, für die das
Bild bestellt war. Von dem allen spricht unsere
Monographie „Weihnachten in der Malerei".
Rogier van der Wehden verlegt den Aufenthalt
der heiligen Familie in eine stolze Kirchenhalle,
das entsprach seiner Neigung, fich mit schwierigen
Aufgaben der Perspektive zu beschäftigen, nicht
minder als den naiven Vorstellungen unverkün-
stelter Gemüter, denen es doch vor allem daranf
ankommt, die heiligen Personen so hoch geehrt zu
sehen wie nur möglich. mag es auch auf Kosten
der äußeren Wahr-
scheinlichkeit gesche-
hen. Der in den
Werken der späteren
Gotik sich kundge-
bende Naturalis-
mus vereinigt sich
später vielfach mit
einer ins Pathe-
tische gehendenÄuf-
fassung, welche die
Gemälde wieder
einer idealisierteren
Art zuzuführen be-
strebt ist. Aber die
Lichteffekte, wie sie
zum Beispiel Hol-
bein, Tintoretto
oder der aus Ur-
binostammendeFe-
derico Baroccio
(1528—1602) auf
einem Gemälde im
Prado zu Madrid
(Abb. 11) ange-
wandt haben, ge-

hen ost etwas zu sehr ins Äußerliche. Freilich ein
Meister wie Baroccio hat verstanden, seine virtuose
Schöpsung mit dem Geiste wahren Christentums zu
erfüllen und eine Madonna zu malen, deren innige
Frömmigkeitrecht herzerfreuend wirkt; den prächti-
gen Gegensatz zu ihr bildet St. Joseph mit seiner
naturwüchsigen Freude, wie er den herbeieilenden
Hirten voller Stolz zeigt, welches Heil Maria
und ihm zuteil geworden. — Am berühmtesten
unter allen Weihnachtsbildern ist wohl das des
Antonio Allegri, der nach seinem Geburtsorte
Correggio geuannt wird (1494—1534). (Abb. 10.)

Aberdoch möchte ich
seinem Bilde nicht
den höchsten Preis
zuerkennen. Bei
diesemAnblicke mö-
gen wohl die Sin-
ne hingerissen, die
Bewunderung sür
das herrliche Kön-
nen des Meisters
erregt werden, aber
jeneGefühlewahrer
Andacht, welche die
älteren ungekünstel-
ten Werke erwecken,
wollen sich hier-
bei nicht einstellen.
Trotz der Lieb-
lichkeit und des
wunderbaren Licht-
spiels, womit Cor-
reggioseineMadon-
nen malt, vermö-
gen sie nur schwach
zum christlichen Ge-
müt zu sprechen.

Abb 2c lText S. 2SI. Phot. Fr. Hanfstaengel

Raffael, Jefus begegnet seinor Mutter, Aus der Kreuztragung. Prado, Madrid
 
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