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Die Kunst dem Volke <München> — 1912 (Nr. 9-12)

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Nieuwbarn, M.C.: Die Madonna in der Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.21074#0136
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Abb. 25 Domenico Ghirlandajo. Beiveinung Christi <Texi S. 28) Phot. Fr. Hanfstaengl

Berlin, Mnseum

vor ihm nieder. Maria sitzt auf einem Thron-
sessel, zum Zeichen ihrer fürstlichen und mütter-
lichen Würde; auf ihrem Schoße steht oder ruht
der göttliche Heiland, welchen sie dem Beschauer
zur Anbetung darstellt. Seit dem zehnten Jahr-
hundert sind die Weisen immer in königlichem
Prunke dargestellt. Die Anbetung des Kindes
kommt bei solchen älteren Bildern weniger zum
Ausdruck, als die Überreichung der Gaben, und
daraus sehen wir, daß damals die Auffassung des
Ereignisses der rechten Tiefe noch entbehrt hat.
Jhr größtes Ansehen in Deutschland haben die
heiligen Drei Könige aber erst gewonnen, seit ihre
Gebeine in Köln ruhen, wo ihnen der herrlichste
Dom geweiht ist, dessen sich die deutschen Lande
rühmen dürfen. Jm gleichen Dome ward ein
Gemälde aufgestellt, das zu den höchsten Leistun-
gen deutscher Kunst überhaupt gehört, die An-
betung der Könige von Stephan Lochner. (Vergl.
„Weihnachten in der Malerei" Abb. 40.) Er war
der Hauptmeister der Malschule von Köln, ist
in dieser Stadt seit 1442 nachweisbar und neun
Jahre später daselbst gestorben. Von jeher ist
sein Dombild hoch bewundert worden, und

auch als Meister Albrecht Dürer nach den
Niederlanden reiste, hat er sich das Werk zeigen
lassen und spricht in seinem Tagebuch mit Ent-
zücken davon. Wie sollte man auch nicht hin-
gerissen sein von soviel Schönheit! Altertümliche
Strenge vereint sich in diesem Bilde mit fein-
ster Kunst neuzeitlicher Menschenschilderung. Vor
allem herrlich ist die Gestalt der thronenden Ma-
donna, die lieblich und hoheitsvoll, stolz und
demütig zugleich dasitzt und die Huldigung ent-
gegennimmt, während das Jesuskind auf ihrem
Schoße sein Händchen segnend gegen den knieen-
den ältesten König erhebt. Die Feierlichkeit der
Auffassung hat den Künstler veranlaßt, seine Dar-
stellung über den Kreis des irdischen Lebens
hinauszuheben in das überirdische; die Ma-
donna ist bereits gekrönt; sie ist keine Frau mehr
wie andere, sondern die Himmelskönigin, der
Huldigung und innigste Verehrung dargebracht
wird. So ist es auch bei anderen älteren Werken,
auch wenn diese nicht so hohen Schwung der
begeisterten Poesie zeigen. Dennoch ist gerade
die Schlichtheit der naturalistischen Darstellung
bei einem Bilde wie dem in der Münchener Pina-
 
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