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Die Kunst dem Volke <München> — 1912 (Nr. 9-12)

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Nieuwbarn, M.C.: Die Madonna in der Malerei
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Abb. 28 Ptzot. F. Bruckmann

Qucntin Matsys, Die Beweinnng dcs Leichnams Christi (Text S. 2S)

München, Pinakothek

dies Gemälde schus, hat Dürer auch jene seiner
berühmten großen Holzschnittfolgen heraus-
gegeben, in denen er mit einer Zartheit und
Gemütstiefe wie kein anderer deutscher Künstler
das Marienleben feierte. — Die Anbetung der
heiligen Drei Könige ist noch von vielen Künstlern
geschildert worden; sie legten allmählich mehr und
mehr Wert auf die Darstellung äußeren Pompes.
Hinter ihm wurden oft genug die Hauptpersonen,
Maria und das Jesuskind, allzusehr in der Be-
deutung geschmälert, auf die es doch hier vor
allem ankommt. Die neueste Malerei aber hat
wieder Werke aufzuweisen, in denen der alte Geist
und Sinn herrscht. — Wenn die Künstler die
Fluchtnach Agypten darstellten, so haben
sie das Ereignis nur selten in dem Augenblick
ergriffen, wo die heilige Familie sich anschickt,
die Heimat zu verlasseu, sonderu sie zeigen sie uns
bereits auf der Reise. Seit dem achten Jahr-
hundert schon finden sich solche Malereien. Die
Vorgänge sind reichlich mit Einzelheiten aus den

apokryphen Evangelien
ausgeschmückt. Weit ist
der Weg und führt durch
arge Gegend, wo Räu-
ber und wilde Tiere
lauern. Von den häu-
figen solchen Darstel-
lungen zeigen wir eine
in Dresden befindliche,
die aus der Schule
AlbrechtDürersstammt.
(Abb.15.) Es erinnert
iu seiner Aussassung
ganz an die Darstel-
lungen der im deutschen
Süden noch jetzt in
Ehren stehenden Krip-
penbilder. Ein paar
Bäume deuten die dich-
teu, finstern Wälder
an, einige Felsen die
wild zerklüfteteGegend,
durch welche die heilige
Familie fliehen mußte.
Ein Eselein trägt die
Muttergottes, die in
Ergebenheitin allessich
fügt, was Gott beschlos-
seu hat, ahnungslos
schlummert in ihrem
Arme das Jesuskind;
St. Joseph aber schaut
sich besorgt nach den
Seiuen um. Er glaubt
wohl Grund dazu zu
haben; denn im Hin-
tergrund lauert ein
Einhorn, eines jener
Ilngeheuer, von denen
zwar die Naturfor-
scher nichts wissen,
uusere Vorfahren aber desto mehr Merkwürdiges
und Unheimliches sich erzählten. Aber der göttliche
Schutz beseitigt alle Fährlichkeiten und sorgt in
der Wüste für Nahrung: ein Kornfeld reift

plötzlich; ein Palmbaum neigt sich und überläßt
der heiligen Familie seiue Früchte. Auch zeigt
sich schou die künftige sieghafte Kraft des Christen-
tums. Denn wie die Flüchtigen in Hermopolis
einziehen, stürzen die Götzenbilder zusammen. So
bei Fra Angelico, dem großen Niederländer

Hans Memling, dem Deutschen Hans Baldung.
Die Malerei seit dem Ende des Mittelalters hat
mit besonderer Vorliebe die Ruhe auf der Flucht
geschildert. Überaus reizend und idhllisch sind diese
Szenen, wie sie die Niederländer Jan Mostaert
und Gerard David (Abb. 16), in Jtalien Cor-
reggio, iu Deutschland Dürer, Schongauer oder
der ältere Lucas Cranach geschildert haben. Da
sieht man die heilige Familie im Freien oder von
einem Zelte bedeckt schlafen. oder in einer schöuen
Landschaft rasten. Die Madonna sitzt ruhigen
 
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