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Die Kunst dem Volke <München> — 1912 (Nr. 9-12)

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Nieuwbarn, M.C.: Die Madonna in der Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.21074#0154
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sechzehnten Jahrhunderts in der reichen und
mächtigen Lagunenstadt sonst so oft bevorzugt zum
Schaden des tieferen Eindruckes. Aber Schönheit
ohnegleichen, ein unendlicher Festesjubel, der die
Himmel durchklingt und auf Erden widerhallt,
also daß die Apostel den Schmerz der Trennung
vergessen, und ihre Seele mit einstimmt in den
Hymnus zu Ehren der Hoch-
gebenedeiten, die im Himmel
von der allerheiligsten Drei-
faltigkeit und von den jauch-
zenden Chören der Engel
erwartet wird. Denn sie soll
die Krone der ewigen Herr-
lichkeit empfangen.

Das war die letzte und
höchste der sieben Freuden
Mariä, daß ihr die Krönung
im Himmel zuteil ward.

Die Darstellung ist in der
Malerei ost mit der Grab-
legung oder der Himmelfahrt
vereinigt worden. So aus
einem herrlichen Gemälde
Raffaels in der Vatikanischen
Galerie zu Rom. Unten sind
die Apostel noch um das Gcab
versammelt, St. Thomas, den
Gürtel der Madonna in den
Händen Haltend, in ihrer
Mitte. Droben über den
Wolken aber setzt, umringt
vonEngelchörenundHeiligen-
scharen, Jesus seiner Mutter
die Krone aufs Haupt. Denn
sehr oft sehen wir auf den
Gemälden ihn allein dies
tun, und das ist auch die
älteste Auffassung, wie sie
schon seit dem ersten Auf-
treten derartiger Bilder —
also seit dem zwölften Jahr-
hundert — Geltung hat, und
wie sie zum Beispiel auch
das wundervolle, gleich einer
Offenbarung wirkende Ge-
mälde des Fra Angelico im
Museum zu St. Marco in
Florenz zeigt. (Abb. 36.)

Maria sitzt dort Jesus gegen-
über und neigt sich ihm mit
demütiger Gebärde zu, die
Krone aus seinen Händen zu empfangen. Aufspäte-
ren Bildern sehen wir sie thronen oder aus Wolken
knieen. Die Krönung nimmt keineswegs immer Je-
sus vor. Vereinzelt sind Darstellungen — wie zum
Beispiel eine in Kloster Neuburg — wo der heilige
Geist, häufiger jene, wo Gottvater allein die
Handlung vollzieht. So schildert es zum Beispiel
Sandro Botticellis Gemälde in der Akademie zu
Florenz, auch Fra Filippo Lippi auf einem köst-
lichen Bilde ebendaselbst und einem nicht minder

schönen und poetischen Wandfresko im Dome zu
Spoleto. Auch die Krönung durch einen Engel
kommt gelegentlich vor. Viel öfter aber geschieht
es, daß die Maler die Madonna inmitten der aller-
heiligsten Dreifaltigkeit zeigen, von Gott dem
Vater und dem Sohne mitsammen gekrönt, wäh-
rend die Taube des heiligen Geistes ihre Flügel

Abb. si

Phot. Fr. Hanfstaengl

Franccsco Francia, Madonna in den Rosen (Text S. -11)

München, Pinakothek

darüber breitet. Auf seinem schönen Altarbilde
im Münster zu Freiburg im Breisgau läßt uns
Hans Baldung Grien (um 1478—1545) die
Szene auf diese Art sehen, läßt um die hochheilige
Gruppe die Scharen lieblicher Engel jubilieren,
und drunten in der Tiefe liegt die von Maria
verlassene Erde, eine reizende Landschaft. Nicht
selten sind auch jene Bilder, auf denen wir die
Madonna nach ihrer Krönung erblicken, von Gott-
vater oder Jesus liebreich angesprochen. So bei
 
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