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Die Kunst dem Volke <München> — 1912 (Nr. 9-12)

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Nieuwbarn, M.C.: Die Madonna in der Malerei
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Hans Burgkmair, (1473—1531). (Abb. 37.) Jm
Himmelssaale thronend — herrlich heben sich die
Gestalten von dem Brokat des Teppichs im Hin-
tergrunde ab — sitzt Jesus in seiner Herrlichleit
und die Madonna lauscht ihm, wie sie es oft im
irdischen Leben getan hat. Jhre Haltung dabei
ist von unvergleichlicher Schönheit. Das spricht
uns alles recht deutsch an, und hat seine Feier-
lichkeit mehr in sich, kehrt sie nicht so gewaltig
heraus, wie im Prado zu Madrid das Krönungs-

gemalde des berühmten spanischen Hofmalers
Don Diego de Silva y Velasquez (1599—1660),
den man zumeist nur kurz mit dem letzten Worte
seines Namens bezeichnet.

Geendet war Marias irdisches Dasein, glorreich
begann für alle Ewigkeit das himmlische. Der
Gedanke daran führt uns hinweg von allen Freu-
den und Schmerzen, diesen Begleitern jeglichen
Erdenlebens, die auch Anteil hatten am Leben der
Madonna, führt uns zur Betrachtung jener Ge-
heimnisfe, die der Glaube erfaßt. aber nicht des

Menschen irdischer Sinn. Wir gedenken der Un-
befleckten Empfängnis, die Marien
verliehen ward, auf daß fie vom ersten Augen-
blickeihres Daseins an freisei von der Erbsünde; daß
sie eine besondere Stellung habe als zweite Eva
und als Mutter Gottes gegenüber dem Reiche des
Satans, der alten Schlange, die Feindschaft hat
mit dem Weibe, wie Gottes Spruch lautet im
Buche der Genesis (1. Mos. 3, 15). Seit der
Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts wird die Un-
befleckte Empfängnis dar-
gestellt, zuerst in jenen
Werken, welche die Ma-
donna mit St. Anna und
dem Jesuskinde zusammen
zeigen, den sogenannten
Selbdritt-Bildern. Sieer-
scheinen in feierlichsterAuf-
fassung, wie etwa bei der
in ihrem Aufb au herrlichen
Gruppe des Florentiners
Masaccio (1403—1428) in
der Akademie zu Florenz,
gewannen aber in der spä-
teren Kunst etwas größere
Freiheit, wandelten sich zu
lieblich-idyllischen Darstel-
lungen, wenn auch freilich,
wie bei einem Berliner
Gemälde des älteren Cra-
nach (1472—1553), oder
bei einem Flügelaltar des
sogenannten Meisters von
Frankfurt (Abb. 38) eine
gewisse Feierlichkeit bei-
behalten wurde. Jhren
vollendetsten künstlerischen
Ausdruck aber erhielt die
Unbefleckte Empfängnis erst
seit dem späteren sechzehn-
ten Jahrhundert in den
Darstellungen jener Ma-
donnen, die, das Haupt
von Sternen umstrahlt, in
den Wolken oder auf der
Erdkugel stehen, den Mond
zu ihren Füßen haben
und der Schlange den Kopf
zertreten. Der römische
Maler Sassoferrato (1605—1685) freilich stellte
sie ruhig mit dem Kinde in Wolken thronend dar.
(Abb. 40.) Aber solcherAuffassung fehlt es zu sehr
an Vertiefung. Von allen Meistern der Malkunst,
die dieses Wunderbare zu schildern versucht haben,
ist der spanische Meister Bartolomä Estaban
Murillo (1617—1682) von keinem jemals über-
troffen worden. Jm Prado zu Madrid, im Louvre
zu Paris, in der Eremitage zu Petersburg be-
finden fich solche Werke von ihm, die zum Herr-
lichsten gehören nicht nur was dieser Künstler,
sondern was die Kunst überhaupt geschaffen hat.
Jn lange weiße Gewänder gehüllt, vom blauen

Abb. S2 Phot. Fr. Hanfstaengl

Fra Filippo Lippi, Madonna. das güttlichc Kind verehrend <Tcxt S. 42)

Berltn, Kgl. Galerie

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