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Die Kunst dem Volke <München> — 1918 (Nr. 33-36)

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Fürst, Max: König Ludwig I. von Bayern und seine Bauwerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.21072#0021
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gestellt, die vorhandenen alten Gebäude des Kur-
fürsten Maximilian I. entsprechend einzugliedern,
was gegen Süden durch Aufführung des Königs-
baues geschah, der die großen schlichten Formen
zeigt, wie sie dem Palazzo Pitti in Florenz eigen
sind (Abb. 21). War hier wenig Gelegenheit,
eigene Originalität zu entfalten, so ermöglichte
solches ungleich mehr der nördlich gegen den Hof-
garten gelegene innerhalb der Jahre 1832—1842
entstandene Festsaalbau, für welchen wohl auch
der Palaststil Palladios als vorbildlich galt, ohne
Klenzes selbständige Entfaltung fühlbar zu hem-
men (Abb. 22). Die gedehnle Fassade mit dcm

zu erfreuen weiß. Daß hierbei Plastik und Malerei
mit all ihren Mitteln und Vorzügen dienlich
waren, zeigt in bezug auf erstere der imposante,
32 Meter lange, 21 Meter breite und 16 Meter
hohe Thronsaal (Abb. 24). Die zwölf Standbilder
hervorragender wittelsbachischer Herrscher, die
nach Schwanthalers Modellen in feuervergoldetem
Erze hier prangen, wissen den ernsten Charakter
dieses bedeutungsvollen Raumes mächtig zu stei-
gern (Abb. 25, 26, 27). Zeigen sich im Erdgeschosse
des Festsaalbaues schon sechs Gemächer, die zur
Aufnahme von Gästen bestimmt, mit Bildern aus
der Odyssee reichlich geschmückt, so sind es in den


Statucn im Thronsaale

Kurfiirst Iohann Wilhclm

kräftigen Risalitbau in der Mitte und der Loggia
im Obergeschosse, der reiche figurale Schmuck der
Attika, welcher die Statuen der acht Kreise
Baperns vorführt, erzielen eine Gesamtwirkung
von ruhiger Schönheit und Größe. Der an der
Ostseite des Baues angebrachte Hauptaufgang
ist in der Anlage wohl einfach, aber ob des edlen
Marmor- und Granitmaterials und in der feinen
Farbentönung des grünlichen Stuckmarmors der
Wände höchst vornehm geartet (Abb. 23). Oben
an den ersten Fest- und Ballsaal (Abb. 31) reihen
sich unter anderen Prunkgemächern der Sieges-
und Thronsaal nebst den bilderreichen drei Kaiser-
sälen, sämtliche in mannigfachem Zierwechsel, der
Klenzes Erfindungsgabe auss trefflichste bekundet
nnd auch das verwöhnteste Auge anzuregen und

oberen Festräumcn die zahlreichcn, zumeist von
dem Meister Julius Schnorr in enkaustischer
Maltechnik (die Farben mittels Wachs verbunden)
geschaffenen figurenreichen Wandgemälde, welche
das Jnteresse fesseln. Die großen Kaisergestalten:
Karl der Große, Friedrich Barbarossa und Rudolph
von Habsburg, ihr Walten in Krieg und Frieden,
sinden eingehende Vorführung (Abb. 28, 29, 30),
Vor diesen Bilderzyklen wird man sich der Be-
deutung der Historienmalerei, ihres erzieherischen
Zweckes so recht bewußt und lernt zugleich den
hochgemuten Sinn des königlichen Veranlassers
verstehen, der in allem dahinging, an jede der
bildenden Künste höchste Anforderungen zu stellen,
um ihnen gemeinsam zum Ruhme deutschen Kul-
turschaffens eine höchste Entwicklung zu sichern.
 
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