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Abb. LS (Text S. 22) Viktoria in der Walhalla Phot. Gg. Bötigcr
von Christicnr Nauch
großes Arbeitsfeld zugewiesen, wie dem Meister
Ludwig v. Schwanthaler, der denn auch eine
Fruchtbarkeit zu entfalten wußte, die wirklich
Staunen erregt. Als Sohn eines tüchtigen, aus
dem Jnnviertel stammenden Bildhauers am
26. August 1802 zu München geboren, absolvierte
Schwanthaler zunächst das Gymnasium; zeit-
lebens für die antike wie sür deutsche Dichtung
reges Jnteresse tragend, erwarb er sich so bereits
als Jüngling die Kenntnisse, die ihm zur vollen
Beherrschung seiner späteren mannigfachen Auf-
gaben reichlichen Nutzen boten (Abb. 63). An-
sänglich wollte er Schlachtenmaler werden; seine
eminente Begabung, alle Kompositionen
mittels Stift oder Feder sicher und rasch
festzulegen, kam ihm aber auch als Pla-
stiker sehr zu statten, daher denn vielfach
nach Skizzen seiner Hand auch zahlreiche
Malereien, vor allem in der Münchener
neuen Residenz, ihre Ausführung er-
hielten. Seiner ganzen Veranlagung
nach zunächst Romantiker, gehörte er
jener auserlesenen Tafelrunde „der Ge-
sellschaft zu den drei Schilden" an, die
zur Begründung und Erforschung der
deutschen Altertumskunde sich zusam-
mensand, von der auch die Jmpulse zu
dem später von Hans v. Aufseß begrün-
deten „Germanischen Museum" ihren
Ausgang nahmen. Diese Richtung
hemmte jedoch nicht im mindesten die
glücklicheLösung der vielenAufträge, die,
außerhalb des deutschen Bannkreises
liegend, Schwanthaler zufielen. Schon
in den feinen Friesen und Deckenreliefs
der Glyptotheksäle wie in den Ent-
würfen aus Hesiods„Theogonie" zu den
Gemälden, die im Königsbau zur Aus-
führung gelangten, bewährte er seine
allumfassenden künstlerischen Kräste.
Was Schwanthaler als Plastiker ge-
schaffen, hat ja hier schon teilweise Er-
wähnung gesunden; seine nördliche
Giebelfeldgruppe der Walhalla wie jene
des Münchener Kunstausstellungsge-
bäudes, welche das Wiederaufblühen
der Künste in Bayern zur Darstellung
bringt, zählen zu den vortrefflichsten
Werken des Meißels, welche das vorige
Jahrhundert erstehen sah. Jm Sinne
der Architekten hatte Schwanthaler
freilich ganz besonders auf dekorative
Wirkung seiner Gestaltungen zu schauen,
auch die sühlbare Ueberlastung mit
großen Aufträgen forderte hin und wie-
der eine vielleicht zu hastige Vollziehung
derselben. Jmmerhin bürgten die meist
sehr tüchtigen Schüler und Gehilfen für
möglichst genaue Beachtung der Jnten-
tionenihresgeliebtenLehrers,welcher seit
demJahre 1853zudem auch alsProsessor
der Plastik der Kgl. Kunstakademie zu
wirken hatte. Aus fernen Städten flos-
sen reichlich Austräge in Schwanthalers Atelier;
meist galt es da Denkmäler und Standbilder be-
rühmter Männer zu gestalten, wie u. a. auch auf
König Ludwigs Geheiß die große Marmorstatue
Rudolss v. Habsburg entstand, die über den Kaiser-
gräbern des Domes zu Speier ihre Aufstellung
erhielt. Daß bei der sehr hohen Zahl derartiger
Werke nicht alle gleiche künstlerische Höhe erreichen
konnten, liegt nahe, um so mehr als der steter
anstrengender Arbeit unterliegende Meister srüh-
zeitig von qualvollem Gichtleiden heimgesucht
ward. Aber auch bei Feststellung einzelner
Schwächen und Mängel in Schwanthalers Schaffen
XXXIIl/XXXIV
s
Abb. LS (Text S. 22) Viktoria in der Walhalla Phot. Gg. Bötigcr
von Christicnr Nauch
großes Arbeitsfeld zugewiesen, wie dem Meister
Ludwig v. Schwanthaler, der denn auch eine
Fruchtbarkeit zu entfalten wußte, die wirklich
Staunen erregt. Als Sohn eines tüchtigen, aus
dem Jnnviertel stammenden Bildhauers am
26. August 1802 zu München geboren, absolvierte
Schwanthaler zunächst das Gymnasium; zeit-
lebens für die antike wie sür deutsche Dichtung
reges Jnteresse tragend, erwarb er sich so bereits
als Jüngling die Kenntnisse, die ihm zur vollen
Beherrschung seiner späteren mannigfachen Auf-
gaben reichlichen Nutzen boten (Abb. 63). An-
sänglich wollte er Schlachtenmaler werden; seine
eminente Begabung, alle Kompositionen
mittels Stift oder Feder sicher und rasch
festzulegen, kam ihm aber auch als Pla-
stiker sehr zu statten, daher denn vielfach
nach Skizzen seiner Hand auch zahlreiche
Malereien, vor allem in der Münchener
neuen Residenz, ihre Ausführung er-
hielten. Seiner ganzen Veranlagung
nach zunächst Romantiker, gehörte er
jener auserlesenen Tafelrunde „der Ge-
sellschaft zu den drei Schilden" an, die
zur Begründung und Erforschung der
deutschen Altertumskunde sich zusam-
mensand, von der auch die Jmpulse zu
dem später von Hans v. Aufseß begrün-
deten „Germanischen Museum" ihren
Ausgang nahmen. Diese Richtung
hemmte jedoch nicht im mindesten die
glücklicheLösung der vielenAufträge, die,
außerhalb des deutschen Bannkreises
liegend, Schwanthaler zufielen. Schon
in den feinen Friesen und Deckenreliefs
der Glyptotheksäle wie in den Ent-
würfen aus Hesiods„Theogonie" zu den
Gemälden, die im Königsbau zur Aus-
führung gelangten, bewährte er seine
allumfassenden künstlerischen Kräste.
Was Schwanthaler als Plastiker ge-
schaffen, hat ja hier schon teilweise Er-
wähnung gesunden; seine nördliche
Giebelfeldgruppe der Walhalla wie jene
des Münchener Kunstausstellungsge-
bäudes, welche das Wiederaufblühen
der Künste in Bayern zur Darstellung
bringt, zählen zu den vortrefflichsten
Werken des Meißels, welche das vorige
Jahrhundert erstehen sah. Jm Sinne
der Architekten hatte Schwanthaler
freilich ganz besonders auf dekorative
Wirkung seiner Gestaltungen zu schauen,
auch die sühlbare Ueberlastung mit
großen Aufträgen forderte hin und wie-
der eine vielleicht zu hastige Vollziehung
derselben. Jmmerhin bürgten die meist
sehr tüchtigen Schüler und Gehilfen für
möglichst genaue Beachtung der Jnten-
tionenihresgeliebtenLehrers,welcher seit
demJahre 1853zudem auch alsProsessor
der Plastik der Kgl. Kunstakademie zu
wirken hatte. Aus fernen Städten flos-
sen reichlich Austräge in Schwanthalers Atelier;
meist galt es da Denkmäler und Standbilder be-
rühmter Männer zu gestalten, wie u. a. auch auf
König Ludwigs Geheiß die große Marmorstatue
Rudolss v. Habsburg entstand, die über den Kaiser-
gräbern des Domes zu Speier ihre Aufstellung
erhielt. Daß bei der sehr hohen Zahl derartiger
Werke nicht alle gleiche künstlerische Höhe erreichen
konnten, liegt nahe, um so mehr als der steter
anstrengender Arbeit unterliegende Meister srüh-
zeitig von qualvollem Gichtleiden heimgesucht
ward. Aber auch bei Feststellung einzelner
Schwächen und Mängel in Schwanthalers Schaffen
XXXIIl/XXXIV
s