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Die Kunst dem Volke <München> — 1918 (Nr. 33-36)

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Fürst, Max: König Ludwig I. von Bayern und seine Bauwerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.21072#0064
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S8

und Bayerns Ludwig I. längst der Regierung frei-
willig entsagt hatte. Völlig unrichtig ist es, daß
König Ludwig die sonstigen Kulturaufgaben nicht
genügend beachtet und gepflegt hätte. Bereits ist
seines genialen Weitblickes gedacht worden, mit
dem er an den Bau des Donau-Mainkanals, der
freilich der modernen Technik wie den heutigen er-
weiterten Handelsbedürfnissen nicht mehr zu ent-
sprechen vermag, umsichtig gegangen ist. Den un-
ausgesetzten Bemühungen seines erhabenen Enkels,

König Ludwigs III., blieb es vorbehalten, im
Verein mit anderen zielbewußten Kräften nun an
den nötigen Ausbau dieses Kanals zu schreiten, der
in nicht ferner Zeit zur Hauptwasserstraße werden
soll, welche die Nordsee mit dem Schwarzen Meere,
somit mit dem Orient enge verbindet, den natio-
nalen wie kommerziellen Jnteressen der verbün-
deten mitteleuropäischen Staaten sicherlich zu reich-
lichem Nutzen, dem Schutze dieser Friedensländer
zugleich zur mächtigen, erfreulichen Stärkung.

Ludwig I. war es auch, der den Wert der da-
mals entstehenden Eisenbahnen sofort richtig ein-
zuschätzen wußte. Die
erste mit Dampf geflü-
gelte Maschine verkehrte
in Deutschland auf den
Schienen, die im Jahre
1835 zwischen Nürnberg
und Fürth gelegt worden
waren; bereits nach fünf
Jahren kam die Bahn
zwischen Augsburg und
München zur Eröffnung.

Ludwigs Augenmerk auf
Förderung der baperi-
schen Hochschulen, wobei
die Verlegung der Lands-
huter Universität nach
München die günstigste
Entwicklung verbürgte,
ebenso die eifrige Unter-
stützung jeglichen wissen-
schaftlichen Unterneh-
mens widerlegen genü-
gend die an ihm geübte,
häufig maßlos herbe Kri-
tik. Wenn dieser geist-
volle König allerdings
mit reger Vorliebe die
Kunstpflege förderte, so
hatte er hierbei nicht et-
wa nur sein Privatinter-
esse, sondern jenes seines
Bayerlandes im Auge,
das bei gegebener politi-
scher Konstellation nicht
durchGroßmachtstellung,
sondern zunächst durch
seine vorbildliche Kultur-
und Kunstpflege im Völ-
kerrahmen eine hochge-
achtete,einflußreicheStel-

lung sich schaffen und Abb. 97 (Text S. 49) Die Mariahilskirche in der An (Miinchen) Phot. Gg. Böttger

sichern konnte. Wohl selten haben daher Ausgaben
und Opfer für eine künstlerische Entwicklung edlere
und reichere Zinsen eingetragen, als dieses durch
die Ära König Ludwigs I. von Bayern ermöglicht
war. Der Vorwurs, dieser umsichtige Monarch
hätte seine und des Landes Mittel unproduktiv ver-
geudet, erscheint, wenn wir die nachhaltigen Ersolge
von Ludwigs Wirken überblicken, geradezu empö-
rend und lächerlich. Ludwig, der für seine Lebens-
und Hof-Bedürfnisse außerordentlich sparsam war,
der sich stets als genauer, nüchterner Rechner er-
zeigte, konnte mit gutem Gewissen aussprechen:
„Jch habe nie einen Bau in Angriff genommen,
ohne für die Zahlung des letzten Steines Sorge ge-
troffen zu haben." Nur nach so reiflichem, ernstem
Erwägen und bei sorgfältigster Prüfung aller
Kostenvoranschläge, die ja hin und wieder merk-
liche Abstriche Zu erdulden hatten, konnte es Lud-
wig glücken, mancherlei Hemmnisse überbrückend,
sein stolzes Wort zur vollen Einlösung zu bringen:
„Jch will aus München eine Stadt machen, die
Deutschland so zur Ehre gereichen soll, daß Keiner
 
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