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Gigant von Kriegern gefesselt. Auf die Erzählung
von der ehernen Schlange gehen zrvei Gemälde
bei Sir Frederick Cook, Nichmond, und im Prado-
museum zu Madrid zurück. Auf den aufrechten
Stamm mit der ehernen Schlange weist Moses,
in dessen Gefolge meitere Rabbiner stehen, mit
einem Stabe hin (Richmond) bezw. umfaßt den
Stamm mit der Schlange (Madrid). Mehr und
weniger bekleidete, von Schlangen umwundene
und gebissene Juden und Jüdinncn blicken hilfe-
slehend zur heilbringenden ehernen Schlange auf.
„Susanna im Bade", von zwei Pharisäern be-
lauscht, zeigt ein
Bild, ebenfalls
von schwächli-
chen Qualitäten,
in der Münche-
ner Pinakothek.
Alles in allem
mangelt es van
Dycks religiöser
Malereianstar-
ker Originalität
und kraft-
voller Empsin-
dung, an der
inneren Not-
wendigkeit, sich
gerade in reli-
giösen Themen
künstlerisch aus-
zuleben. Er
malte so viele
Kirchenbilder,
weil er mit ent-
sprechendenAuf-
trägenüberhäuft
und dafür gut
bezahlt wurde.
Äußerlichahmen
van Dpcks kirch-
liche Werke des
Rubens — für
den die religiöse
Malerei zugleich
Herzenssache
war — drama-
tische Kraft gern
nach, innerlich aber kommen sie eigentlich von der
elegischen verschwärmten Manier der italienischen
Seicentistenniemals ganz los. DesKünstlers heilige
Frauen und Jungfrauen kranken fast durchgängig
an einem zu veräußerlichten sentimentalen Pathos.
Seine heiligen Männer und Jünglinge, auch die
Christusfigur nicht ausgeschlossen, haben fast
immer etwas sehr Weiches, Weichliches, ja gelegent-
lich an das Weibische Grenzendes. Trotz allem
dem lassen uns auch die Kirchenbilder van Dycks
keinen Augenblick darüber iin Zweifel, daß sie von
einem Meister mit wirklich bedeutenden künst-
lerischen Quali-
täten stammen.
Was van Dycks
religiöse Ge-
mälde an erlese-
nem Farbenge-
schmack, an Adel
der Form, an
Feinheit der Li-
nienführung, an
Kompositions-
talent darbieten,
beweistdoch auch
eigenesKünstler-
tum von unge-
wöhnlicher
Höhe, und seine
Behandlungvon
religiösen Stof-
fen, zumal wenn
der sentimentale
Einschlag im
Thema an sich
gegeben ist, —
bei aller Anleh-
nung an große
Vorbilder und
obwohl sein ur-
eigentlichstesTä-
tigkeitsseld auf
anderem Gebiete
lag, — einen
Meister, der an
Herz,Gemütund
Phantasiekeines-
wegs arm ist.
Abb. 43 (Tcrt S. 14) Mary Ruthvcn, van Dycks Gcmahlin Phot. F. Bruckmann
Anton van Dyck als Meister der Vildniskunst.
Was im übrigen für das freie Schalten der
künstlerischen Täligkeit van Dycks eine gewisse
Einschränkung bedeutete, eine Art ehrfürchtige
Scheu vor dein Gedanken, vor der Natur, vor
der heiligen oder profanen Persönlichkeit, die er
künstlerisch zu bewältigen hatte, wurde in des
Meisters Porträtmalerei zu einer Abhängig-
keit vom Modell und zugleich zu einer sympa-
thischen Anhänglichkeit an dasselbe, aus der eine
wohlwollende Vertiefung in die Aufgabe des
Porträtierens sich von selbst ergab, der kein an-
genehmer Zug verborgen blieb, dieweniger freund-
liche Züge veredelte, ohne unwahr zu werden,
die das Wesentliche mit sympathischer Vorein-
genommenheit herausfand und mit Liebens-
würdigkeit umkleidete. Diese Vornehmheit der
Gesinnung, diese Hochachtung vor der Persönlich-
keit, die aus solcher Porträtaussassung spricht,
war und blieb das allzeit hochgeschätzte besondere
Merkzeichen van Dyckscher Bildniskunst. Hierin
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Gigant von Kriegern gefesselt. Auf die Erzählung
von der ehernen Schlange gehen zrvei Gemälde
bei Sir Frederick Cook, Nichmond, und im Prado-
museum zu Madrid zurück. Auf den aufrechten
Stamm mit der ehernen Schlange weist Moses,
in dessen Gefolge meitere Rabbiner stehen, mit
einem Stabe hin (Richmond) bezw. umfaßt den
Stamm mit der Schlange (Madrid). Mehr und
weniger bekleidete, von Schlangen umwundene
und gebissene Juden und Jüdinncn blicken hilfe-
slehend zur heilbringenden ehernen Schlange auf.
„Susanna im Bade", von zwei Pharisäern be-
lauscht, zeigt ein
Bild, ebenfalls
von schwächli-
chen Qualitäten,
in der Münche-
ner Pinakothek.
Alles in allem
mangelt es van
Dycks religiöser
Malereianstar-
ker Originalität
und kraft-
voller Empsin-
dung, an der
inneren Not-
wendigkeit, sich
gerade in reli-
giösen Themen
künstlerisch aus-
zuleben. Er
malte so viele
Kirchenbilder,
weil er mit ent-
sprechendenAuf-
trägenüberhäuft
und dafür gut
bezahlt wurde.
Äußerlichahmen
van Dpcks kirch-
liche Werke des
Rubens — für
den die religiöse
Malerei zugleich
Herzenssache
war — drama-
tische Kraft gern
nach, innerlich aber kommen sie eigentlich von der
elegischen verschwärmten Manier der italienischen
Seicentistenniemals ganz los. DesKünstlers heilige
Frauen und Jungfrauen kranken fast durchgängig
an einem zu veräußerlichten sentimentalen Pathos.
Seine heiligen Männer und Jünglinge, auch die
Christusfigur nicht ausgeschlossen, haben fast
immer etwas sehr Weiches, Weichliches, ja gelegent-
lich an das Weibische Grenzendes. Trotz allem
dem lassen uns auch die Kirchenbilder van Dycks
keinen Augenblick darüber iin Zweifel, daß sie von
einem Meister mit wirklich bedeutenden künst-
lerischen Quali-
täten stammen.
Was van Dycks
religiöse Ge-
mälde an erlese-
nem Farbenge-
schmack, an Adel
der Form, an
Feinheit der Li-
nienführung, an
Kompositions-
talent darbieten,
beweistdoch auch
eigenesKünstler-
tum von unge-
wöhnlicher
Höhe, und seine
Behandlungvon
religiösen Stof-
fen, zumal wenn
der sentimentale
Einschlag im
Thema an sich
gegeben ist, —
bei aller Anleh-
nung an große
Vorbilder und
obwohl sein ur-
eigentlichstesTä-
tigkeitsseld auf
anderem Gebiete
lag, — einen
Meister, der an
Herz,Gemütund
Phantasiekeines-
wegs arm ist.
Abb. 43 (Tcrt S. 14) Mary Ruthvcn, van Dycks Gcmahlin Phot. F. Bruckmann
Anton van Dyck als Meister der Vildniskunst.
Was im übrigen für das freie Schalten der
künstlerischen Täligkeit van Dycks eine gewisse
Einschränkung bedeutete, eine Art ehrfürchtige
Scheu vor dein Gedanken, vor der Natur, vor
der heiligen oder profanen Persönlichkeit, die er
künstlerisch zu bewältigen hatte, wurde in des
Meisters Porträtmalerei zu einer Abhängig-
keit vom Modell und zugleich zu einer sympa-
thischen Anhänglichkeit an dasselbe, aus der eine
wohlwollende Vertiefung in die Aufgabe des
Porträtierens sich von selbst ergab, der kein an-
genehmer Zug verborgen blieb, dieweniger freund-
liche Züge veredelte, ohne unwahr zu werden,
die das Wesentliche mit sympathischer Vorein-
genommenheit herausfand und mit Liebens-
würdigkeit umkleidete. Diese Vornehmheit der
Gesinnung, diese Hochachtung vor der Persönlich-
keit, die aus solcher Porträtaussassung spricht,
war und blieb das allzeit hochgeschätzte besondere
Merkzeichen van Dyckscher Bildniskunst. Hierin
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