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Die Kunst dem Volke <München> — 1918 (Nr. 33-36)

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Zils, Wilhelm: Ludwig Knaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.21072#0121
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wurden bei ihm durch Handschleiserei einzeln
hergestellt, ein mühseliges und wenig einträg-
liches, längst veraltetes Nerfahren. Meine Eltern
kamen auch deshalb nie auf einen grünen Zweig
und hatten viel mit Nahrungssorgen zu kämpfen.
Trotzdem entwickelte sich bei mir der Drang und
das Bedürfnis, zu zeichnen und alle möglichen
Gegenstände ,abzumalenh erstaunlich früh, so daß
ich von Kind auf es nicht anders wußte, als ich
müsse ein Maler werden, obwohl dergleichen
künstlerische Neigungen in unserer Familie nie
aufgetaucht waren. Mein guter Bater, von
welchem ich den Drang nach häufigem Wohnungs-

gabung. Leider dauerte auch dieser ausgezeich-
nete Unterricht nicht sehr lange, da mein Lehrer
vou Wiesbadcu vcrzog; bei ihm habe ich wirklich
etwas gelernt uud gedenke feiner in Dankbarkeit."

„Als ich nun aber im vierzehnten Jahre aus
der Schule kam und Maler werden sollte, da war
guter Rat teuer bei dcm absoluten Mangel aller
Geldmittel. Nachdem ich mich also einige Monate
umhergetrollt hatte, mußte ich das Nächstliegende
ergreifen und an der väterlichen Maschine Gläser
schleifeu; alle schönen Hoffnungen, alle Jllusionen
waren dahin. Zum Glück dauerte dies nicht lange,
denn eines schönen Tages trat mein alter Zeichen-
lehrer Albrecht, ein großer Mann
mit langen, weißen Haaren, in die
Werkstatt und sah mich mit Ent-
rüstung hinter der Schlcifmaschine;
er nahm mich fofort bei der Hand
uud führte mich hinaus, wobei er
meinen Eltern die heftigsten Vor-
ftellungen machte ... Er konnte
nun zwar selbst weiter nichts für
mich tun, aber durch seine Verwen-
dung nahm mich ein in Wiesbaden
lebender Hofmaler als ,Lehrfunge'
an; ich lernte bei demselben zwar
nichts Erhebliches, aber nach 2 Jahren
hatte ich mir dank dem früher ge-
nossenen Unterricht doch eine Klei-
uigkeit verdient, so daß ich im Jahrc
1845 die Akademie in Düsseldorf be-
ziehen konnte. Dort ward mir der
längst verstorbeue Profesfor Karl
Sohn ein vortrefflicher und sehr
ivohlwollender Lehrer. Durch Kopie-
ren und gelegentliches Porträtmalen
hielt ich mich leidlich über Wasfer,
bis ich in die sogenannte ,Bilder-
klasse' des Direktors W. v. Schadow
einrückte, der meine naturalistische
und fcharf charakterisierende Auffas-
sung verabscheute. Jch befand mich
daher sehr übel unter seiner Leitung,
und als mir ein Gesuch um Unter-
ftützung (durch Bezahlung des Mo-
dellgeldes aus einem dazu existiereii-
den Fonds der Akademie) unter der
Motivieruug abgeschlagen wurde,
,daß solche Unterstützungen nur begabten Schülern
gewährt würdenst entrann ich dcm mir hinder-
lichen Bann der Akademie." '

„Es war um das Jahr 1848; viele der Kunst-
jünger arbeiteten da gar nicht mehr und fingen
an, zu verlottern — ich auch. Nun brachte mich
aber mein guter Engel auf die Jdee, längere Zeit
Studien auf dem Lande zu machen. Jch ging
nach Kurhessen in das TMfchen Willingshausen
bei Treysa swelches ich seitdem noch manchmal
wieder aufsuchte) und zeichnete und malte dort
alles, was mir vor die Augen kam. Nach halb-
jährigem Aufenthalt kam ich reichbeladen mit
Studien nach Düsseldorf zurück und fand mich

Abb. 11 IText S. 15) Aus dcr Galcrie Hcincmann

Dic Strasprcdigt

wechsel geerbt habe, verzog mit der Familie, als
ich etwa 11 Jahre alt war, nach seiner Heimat,
wir wohnten dort über ein Jahr in Schwäbisch-
Gmünd, und ich hatte das Glück, da einen vor-
trefflichen Zeichenunterricht zu genießen. Wir
kehrten nun bald wieder nach Wiesbaden zurück,
aber ich habe von diesen Umzügen die lebhafteste
Erinnerung und manche Anregung gewonnen,
namentlich durch die unendlich langsame und
primitive Art des Reisens, wobei man viel erlebte."

„Jn Wiesbaden nahm sich ein früherer Mün-
chener Maler, ,Der alte Albrechtff meiner an
und unterrichtete mich unentgcltlich aus Jnteresse
und Freude an meinem Eifer und meiner Be-
 
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