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Die Kunst dem Volke <München> — 1918 (Nr. 33-36)

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Zils, Wilhelm: Ludwig Knaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.21072#0134
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20

Abb. Ll iText S. 2N Mit Gcnehmigung der Photographischen Gescllschast, Charlottenburg

Helmholtz

in einer Figur schildert, zeigen der „Wilderer",
dern Mißtrauen und Angst vor der Entdeckung
aus der Stirne geschrieben steht, der „Holzknecht"
(Abb. 43) und dann der „MeranerBauer" (Abb. 42),
auf dem Knaus als Niederschlag einer Tiroler
Studienfahrt den dortigen Volkscharakter treffend
wiedergibt.

Von Knaus als dem feinsinnigen Kinderdar-
steller war andeutungsweife schon die Rede. Seine
Charakterisierungskunst überbot sich selbst, wenn
er so ein kleines Menschenkind auf die Leinwand
bannte. Jm „genügsamen Weltbürger" (Abb. 25)
dringt er mit besonders scharfer Beobachtungsgabe
in das Kinder- und Familienleben ein. Der kleine
Bursche hat sich „ausgelebt" in seinen Spielsachen.
Seine Unruhe griff störend in die hausfrauliche
Beschäftigung der Mutter ein, die dem kleinen
Weltbürger einen alten Stiefel gab, an dem er
nun sein (Zenüge findet. Die Darstellungen aus dem

Kinderleben beschäftigten Knaus
bis an seinen Lebensabend (Abb. 23).
Jhnen eignet, wie seinen Dorfschil-
derungen, der Vorzug, daß sie nicht
nur das Jdyllische und Liebliche
beobachten, sondern, daß auf ihnen
auch die Schattenseiten sich ab-
zeichnen, wie sie z. B. „die bösen"
oder „raufenden Buben" warfen.
Doch überwiegt auch hier nie das
Widerwärtige, das Abstoßende.

Während des ersten Berliner
Aufenthaltes und in Düsseldorf
schuf Knaus noch eine Reihe seiner
reich komponierten mehrfigurigen
Bilder. Jn der von ihm gemiete-
ten Werkstätte im K. Atelierge-
bäude am Königsplatz neben der
Raczpnski-Galerie auf dem jetzt
vom Reichstagsgebäude eingenom-
inenen Gelände arbeitete Knaus
zunächst an dem „Auszug zum
ländlichen Feste" (Abb. 41) aus
den Toren einer kleinen rheinischen
Stadt und an dem künstlerisch be-
deutenderen, zuParis schon entwor-
fenen „Taschenspieler im Dorfe".
Köstlich sind die Charakterfiguren,
wie der lange hagere Zauberkünst-
ler und der zu Füßen des Meisters
sitzende Schüler, dann die alten
Bauern, deren naive Gläubigkeit
nur der aufgeklärte Schmied nicht
teilt. Warmes Halbdunkel erfüllt
den Ort der Vorstellung — die
Scheune, in die ein Lichtschein durch
die geöffnete Tür auf die Haupt-
gruppesällt. Lebendigste Charakter-
zeichnung drückt einem der Haupt-
werke, dem vielleicht künstlerisch
reifsten, den Stempel auf, der „Hau-
ensteinerBauernberatung" (Abb. 2).

Jm braungetäfelten von Pfeifen-
dampf bläulich durchzogenen Zimmer kamen die
berufenen Dorsväter zusammen, um wieder mal
über das Wohl und Wehe der Gemeinde zu beraten.
Der Beratungsgegenstand muß wichtig sein nach
den sprechenden Mienen der Männer, die ernst
dem erstatteten Referat lauschen. — Zweimal be-
handelt Knaus dasselbe Thema „Wie die Alten
sungen, so zwitschern die Jungen" im Kostüm
der Gegenwart und in dem der Mitte des 18.Jahr-
hunderts. Sämtliche Altersstufen vom Säugling
bis zum Greis in ihrer bezeichnenden Form,
Bewegung und ihrem Gesichtsausdruck hielt sein
Pinsel fest. Was sich im Hintergrund bei den
Erwachsenen abspielt, spiegelt sich vorne am
„Katzentisch" wieder, an dem die Kinder in ihrem
possierlichen Nachahmungstrieb das rückwärts
Geschaute wiedergeben. Daß Knaus die land-
wirtschastliche Tätigkeit auch von der ernsten
Seite studierte und im Bilde wiedergab, erhellt
 
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