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Die Kunst dem Volke <München> — 1924 (Nr. 13 Nachdruck)

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Waal, Anton de: Ein Besuch im Vatikan
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https://doi.org/10.11588/diglit.21940#0005
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L

I.

Aunslgeschichlliche
Vorbemerkungen.

u Beginn der christlichen Zeitrechnung war
das vatikanische Gebiet, das als außerhalb der
Stadt Rom betrachtet wurde, unbewohnt; in der
Ebene lagen Ziegeleien, den Hügel hinauf
rankten Reben. Von der Tiberbrücke aus lie-
fen zwei Straßen durch dieses Gebiet; an
der einen baute Caligula seinen Zirkus, der
unter Nero der Schauplatz des Martyriums
der ersten römischen Blutzeugen geworden ist.
Dort wurde auch der Apostel Petrus ans Kreuz
geschlagen; er fand sein Grab auf dem Besitztum
einer christlichen Familie unmittelbar an jener
Straße. Wenn sein dritter Nachfolger, Anaclet,
über der Ruhestätte ein Grabmonument in Form
einer Kapelle baute (msinorium eon8truxit),
so setzte an die Stelle dieses bescheidenen Baues
Constantin eine herrliche, fünfjchiffige Basilika.

Constantin hatte den Päpsten den kaiserlichen
Palast des Lateran als Residenz eingeräumt, und
so begaben sich nun in der Folge zu den in der
vatikanischen Basilika zu feieruden Festen die
Päpste am Vorabend mit großem Gefolge zum

Vatikan, wo teils in der Vorhalle, teils in an-
grenzenden Hospizen für Nachtherberge gesorgt
war.

Die Verehrung des Apostclgrabes ließ schon
früh in der Umgebung der Peterskirche Klöster,
Pilgerhäuser und Asyle für Arme erwachsen und
so ist nach und nach die Peterskirche von einem
heiligen Krauze vou Kapellen uud kirchlichen Ge-
bäuden der Frömmigkeit und christlichen Näch-
stenliebe umgeben worden. Fremde Völker, wie
die Angelsachsen, die Longobarden, die Franken
hatten dort ihre eigenen nationalen Hospize, die
zugleich als Schutzwehr der apostolischen Grabes-
kirche beim Einfall barbarischer Feinde dienten.
Daß schon zur Zeit Karls des Großen ein päpst-
licher Palast bei der Peterskirche bestand, ergibt
sich daraus, daß Karl bei seinen Romsahrten dort
beherbergt wurde; am Weihnachtsfeste des Jahres
800 empfing er in St. Peter durch Papst Leo III.
die Kaiserkrone. Als in den Tagen des Papstes
Sergius II. 846 die Horden der Sarazenen die
Basilika geplündert hatten, befestigte Leo IV.
nach seiuem Seesiege über die Piraten 849 das
vatikanische Gebiet und schuf so eiue neue Stadt,
die Leonina, von deren Türmen und Mauern
noch Reste im päpstlichen Garten stehen. (Abb.35.)

Die Verlegung des Hl, Siuhlcs nach Avi-
gnon 1308 hatte einen allgemeinen Verfall der

Abb, s (Tcxt S. g>

Ter vattlanische Palast

Phot. Nnderson

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