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Die Kunst dem Volke <München> — 1924 (Nr. 13 Nachdruck)

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Waal, Anton de: Ein Besuch im Vatikan
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https://doi.org/10.11588/diglit.21940#0007
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Abb. S (Text S. 8 u. S. 10)


Phot. Alinari

Grab stieg; vollendet wurde sie, nach seinen Ent-
würfen, erst 1590.

Raffael kam, von Julius II. berufen, 1508
in seinem 25. Jahre nach Rom, wo der Papst ihn
mit der Ausmalung der Stanzen beauftragte.
Noch in demselben Jahre begann er seine Arbeit
in der Ltunrm äsllu 86Airsturu (die Disputa);
nach ihrer Vollendung folgte 1512 die Aus-
malung des Heliodor-Saales. Für die 8ulu clsl-
l'iuesnäio hat er nur die Zeichnungen geschaffen,
die dann von seinen Schülern Perin del
Vaga, Francesco Penni, Giulio
Romano, Baldassare Peruzzi u. a.
teilweise unter seiner Leitung und Anweisung
ausgeführt wurden; es herrscht also in den dor-
tigen Fresken noch ganz raffaelischer Geist. Jm
Constantins-Saal ist der Sieg Constantins über
Maxentius, eine der besten Arbeiten Giulio Ro-
manos, mehr nach Skizzen und Entwürfen, als
nach ausgesührten Vorlagen des Meisters gemalt,
und das gilt noch mehr von den anderen dortigen
Fresken.

Als Raffael am Karsreitag 1520, erst 37
Jahre alt, starb, sahen die Römer, die an den
folgenden Tagen sich zu der Leiche hindrängten,
zu Häupten derselben, noch nicht ganz vollendet,
sein Gemälde der Verklärung auf Tabor. —

Der Sacco di Roma, die Eroberung und
Plünderung der Stadt durch die deutschen und
spanischen Landsknechte Bourbons 1527 ist wie

ein grauenvolles Gewitter gewesen. das mit sei-
nem Sturmwind und seinen Hagelschlossen Gär-
ten und Weinberge verwüstet und der rückkehren-
den Sonne nur ein Jammerbild traurigster Zer-
störung hinterläßt; der üppige Blütenbaum der
Renaissance stand halb entwurz.elt; das Jüngste
Gericht, das Michelangelo 1535 begann, ist die
große Leichenrede über der Gruft eines Geschlech-
tes, das neben die tiefsten sittlichen Schatten als
leuchtendes Bild das Herrlichste stellt, was je
Künstlerhand geschasfen hat.

Erst nach und nach kehren die entflohenen
Künste, von den Päpsten eingeladen, nach Rom
und in den Vatikan zurück; aber ihr Geist ist nicht
mehr jener Geist, der Unsterbliches schafft. An
die Stelle des sinnig Schönen tritt das Große
und Gewaltige, wie es sich in der Person und in
den Werken des Papstes Sixtus V. (1585—1590)
verkörpert, der die Kuppel von Sankt Peter
vollendete und den Obelisken des neronischen Zir-
kus auf den Petersplatz übertrug. Die Architekten
Giacomo della Porta, Domenico
Fontana, Carlo Maderna, Ber-
nini, die Maler Annibale Caracci,
Domenichino, Guido Reni, Guer-
cino sind die hervorragendsten Künstler im Rom
des 16. Jahrhunderts. Ilnter Paul V. (Bor-
ghese, 1605—21) wurde die Fassade von St. Peter
vollendet; Bernini errichtete unter Urban VIII.
(Barberini 1623—1644) den bronzenen Balda-
 
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