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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 14
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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0249
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Nr.

2s5

4- Die Aunst-Halle -s

uacb dem Abbruch der „Konkordia" die Kunstgewerbeschule,
deren Benutzung auch mit dankenswerther Bereitwilligkeit
aenebmiqt wurde, weil diese aber für mehrere Wochen
nur während der großen perbstferien zur Verfügung gestellt
werden konnte, mußte die Ausstellung, welche bisher stets
am ersten Gsterfeiertage eröffnet wurde und ein lieb-
gewordenes Frühlingsfest für die hiesigen Kunstfreunde
bildete, auf den perbst verlegt werden. Diese Aendernng
hat sich aber für den Besuch und den Ankauf nicht als günstig
erwiesen, weil nun die Ausstellung in die allgemeine
Reisezeit fiel. Dagegen kam der wechsel des Lokals den
ausgestellten Bildern sehr zu statten, weil fast alle sehr gut
beleuchtet waren, besonders in dein oberen Theile des
schönen Lichthofes und in dem weiträumigen Trepxenhause.
In der Beschickung zeigte die Ausstellung einen bedeutenden
Unterschied in Bergleich nut den früheren, Sie bewies,
daß das künstlerische schaffen in Barmen in der letzten
Zeit einen ungeahnten Aufschwung genommen hat. wäh-
rend früher von hier immer nur wenige Porträts und
Stillleben ausgestellt waren, enthielt die vorige Ausstellung
außer diesen auch eine größere Anzahl anderer Werke aus
Barmen, religiöse und historische Gemälde, Genrebilder,
Landschaften und Werke der Bildhauerkunst, namentlich
viele wohlgelungene Porträtbüsten, und es scheint daher
auch in dieser Beziehung die Kunst immer mehr heimisch
bei uns zu werden.
wenn wir uns zunächst dem religiösen Gebiet zu-
wenden, so müssen neben der „Verkündigung der Geburt
Christi" von Paul Thumann in Berlin und dem wirkungs-
vollen „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn" von
Rob. Böninger in Düsseldorf die Werke eines Barmer
Künstlers erwähnt werden, dessen Name, Ludwig Fahren-
krog, vor der Ausstellung hier nur wenig bekannt war, dessen
Gemälde aber Bewunderung erregt haben. Der Künstler
ist seit Mai Z898 als Lehrer an der hiesigen Kunstgewerbe-
schule angestellt und hatte die in unserer Gemäldesammlung
dargebotene Gelegenheit benutzt, eine Sammlung seiner
Werke als Proben seines vielseitigen künstlerischen Könnens
vorzuführen. wir müssen bedauern, des beschränkten
Raumes wegen auf den Inhalt nicht näher eingehen und
nur die Titel seiner großartig aufgefaßten Bilder „Kreuzi-
gung Lhristi", „Christi Höllenfahrt" und „Lcce-Homo" an-
geben zu können. Außer diesen hatte der Künstler auch
zwei umfangreiche Entwürfe zu von ihm ausgeführten,
historischen Wandgemälden, mehrere lebensgroße Porträts,
sowie eine Anzahl kleinerer Werke, darunter auch zwei
Porträtbüsten ausgestellt, die ebenfalls Anerkennung ge-
funden haben.
Unter den Geschichtsbildern sind zunächst die beiden
bekannten Reiterbilder von Werner Schuch in Dresden
„Der Große Kurfürst bei Fehrbellin" und „Friedrich der
Große" hervorzuheben, ferner die Porträts Kaiser Wil-
helms II. und des Generalfeldmarschalls Blumenthal von
Pans Schadow in London, sowie die Bildnisse des Alt-
reichskanzlers von G. Langenbruch in Düsseldorf und
F. Martin in München, denen auch die interessanten und
ansprechenden Schilderungen aus dessen Leben „Lin parla-
mentarischer Frühschoppen bei Bismarck" von L. Venseler
in Berlin und „Fürst Bismarck als Gutsherr" von G. Marr
in Düsseldorf ausgeschlossen sein mögen. Als eigentliche
Geschichtsbilder von verhältnißmäßig kleineren Dimensionen
aber bedeutendem Kunstwerth-Hind endlich nock „Die drei

Monarchen in der Schlacht bei Leipzig" von kB. Schuch,
„Burggraf Friedrich I. wirft die (Puitzows nieder" von
I. Scheurenberg in Berlin und „Tillv's Verwundung" von
p. F. Messerschmidt in München zu erwähnen. Auch das
große historische Genrebild von I. Wieser in München
„Deutschlands schwerste Zeit" möge hier lobende Lrwäbnnng
finden.
Aus den übrigen Gebieten der Malerei, die wie stets
gilt vertreten waren, können wir hier nur einige der her-
vorragendsten hervorheben. Unter den Genrebildern möge
den ausländischen, der „Blume" von F. Andriotti in Florenz
und „Am häuslichen perd" von p. Salinas in Rom der
Vortritt gestattet sein, die beide durch die feine Ausführung
und das lebhafte Kolorit ebenso bezeichnend für die italienische
Darstellungsweise waren, wie die in ibrem kräftigen Rea-
lismus ganz ausgezeichnete „Frühlingsarbeit" von F. v. Leem-
putten in Alltwerpen für die niederländische. Große Gegen-
sätze zeigten auch die Berliner Bilder, so die „Venetianische
Szene" von Karl Becker, der Frauenkopf von Konrad Kiesel,
die Bilder voll Palis Dahl und die ties ernste „peimkehr
des verlorenen Sohnes" von Ludwig Dettmann. Aehnliches
Interesse erregten auch die älteren Bilder voll Paul
Meyerheim, „Der Gutshof" und die „Kuhmagd" im Ver-
gleich mit dem Bilde „peimkehr" von Walter Leistikow.
Liile Zierde der Ausstellung waren die Genrebilder von
F. Fagerlin in Düsseldorf „Angenehme Nachrichten" und
von Dtto Kirberg ein holländisches „Theekränzchen", sowie
das Thierbild voll Prof. Chr. Kröner und in ihrer Art
auch die Bilder voll Th. Schütz und dem leider so früh
verstorbenen L. Schulz-Briesen. Gelegenheit zu hohem
Kunstgenuß und zu einem Vergleich der verschiedenen Rich-,
tungen boten auch die ausgestellten Landschafteil und
Marinen, doch können wir aus ihrer großen Anzahl hier
nur wenige hervorheben: die Winterbilder von packender
Naturwahrheit von L. Munthe, ferner „Im Schloßgarten
voll Caserta" von Osw. Achenbach, „Lin einsamer Platz
an der Isar" von I. wenglein, der stimmungsvolle „perbft-
tag" von Paul Pep, die herrlichen Marinen voll L. Dücker
und die Bilder von p. pendrich, „An die Nacht", „Das
Lied an den Abendstern" und „Meerleuchten".
Mit der Lröffnung der Ruhmeshalle im nächsten Früh-
ling wird eine neue Periode des Kunstvereins beginnen.
Mögen die Mittel zu einer würdigen Ausstattung der neuen
Räume uild zu einer fruchtbaren und erweiterten Wirksam-
keit in denselben nicht fehlen!

(Münchener lKrief.
Von Leopold Gustav.
(^^er Kunstverein hat wieder einmal seine große Woche.
Lenk ach hat ausgestellt. Alles Werke aus dell
letzten Monaten. Das Bild des Kaisers Friedrich ist noch
nicht vollendet. Der Maler nennt es „Kronprinz", wohl
um anzudeuten, daß er den Kaiser in unbeschatteter Kraft
und Jugend darstellen will. Die große Leinwand zeigt ihn
in Lebensgröße in Kürassieruniform; wir freuen uns, da5
Bild später vollendet zu sehen; einstweilen spricht aus ihm
 
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