Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

DOI issue:
Nummer 15
DOI article:
Isarius, Hans: Vom Bilderrahmen
DOI article:
Thomas, B.: Aus London: Ein holländischer Maler
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0265
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. (5

229

-—Die Aunst-Halle

Nach dem schwarzen Nahmen kommt der braune
in verschiedenen Schattirungen. Lin Nahmen dieser
Art besaß eine durchgehende rosettenartige Zeichnung
in Schwarz. Solche und ähnliche, mit Vorliebe sym-
bolistische Zeichnungen wurden seit mehreren Zähren
ebenfalls beliebt. Ze Heller der Nahmen, desto eher-
dient er weniger dein Gelbild als den: Aquarell, der
Zeichnung u. dgl. m. Lin tiefgrünes Seebild wird
durch einen mattgrünen Nahmen sehr stimmungsvoll
abgeschlossen.
Die VI l. Znternationale Kunstausstellung zu
München l8s)ü, dieselbe, die jenen großen Fortschritt des
modernen Kunstgewerbes bezeugte, ließ auch interessante
Nahmenstudien machen. Allerdings dominirte auch
da der überladene protzige Goldrahmen; das in
jeder Beziehung Größte darin, mit Aufwand des
höchstmöglichen Hathos, leisteten die ungarischen
Historienbilder. Zm klebrigen waren patinaartige
Nahmen (zum Theil mattgold) mit mancherlei Hhan-
tastik häufig, natürlich auch braune u. dgl. . . Ziemlich
reich präsentirte sich die Ornamentik der Nahmen:
säulenförmige Stäbe, eingeritzte Blattornamente und
dgl. mehr. Auch Streifen von gemalten Blumen-
guirlanden zwischen Bild und eigentlichem Nahmen,
etwa teppichartig wirkend, waren zu sehen. Nahmen
aus Sammet, olivenfarbig, roth, schwarz; dann ver-
schiedenfarbige Füllungen in den Ornamenten der
Goldrahmen; ferner verschiedentliches Helle wie z. B.
der chamois-weiße Nahmen, der einer Landschaft von
Hobbema eine so einheitliche Stimmung gab; endlich
metallische, schildkrotartige, sandige und ähnliche
Nahmen und mannigfaltige Hrofilirungsformen: das
das alles zeugte wenigstens von dein willen zum
Fortschritt, selbst wenn wir das Hineinreichen von
Bildmotiven in den Nahmen noch gar nicht zum
Fortschritt rechnen.
Das Nahmen-Thema wird wohl am fruchtbarsten
dann behandelt werden können, wenn man den
Nahmen des Staffeleibildes nur als einen Spezialfall
der Umrahmung, die überhaupt einem Kunstwerk zu
Theil wird, betrachtet. wie einst das Gemälde aus
seiner Linbettung in Architektur sich zu einem selbst-
ständigen Werk loslöste, so hat es auch jetzt noch die
Tendenz einer ähnlichen Befreiung. Die Objekte
des Städtebaus im engeren Sinn, die Straßen und
besonders die Hlätze, drücken ebenfalls gegen ihre
Nahmen, gut geschlossene Stadtplätze werden heute
immer seltener. Hoffentlich bringt die kommende
Lntwicklung der sogenannten „anhängenden Künste"
durch Bereitung eines neuen Bodens für malerische
Leistungen das auf einer anderen Seite wieder herein,
was in dem geraden Lntwicklungszug des Bilder-
rahmens entweder verloren geht oder durch alle gut-
gemeinten Fortschritte doch nicht zu erreichen ist.


Aus London:
Sm holländischer (Maker.

^^^jEerechtigtes Aufsehen erregt hier eine Aus-
stellung in der Gallerte der Herren Dow-
deswell, Bond-Street. Ls sind fünfzig Ge-
mälde, theils Aquarelle, theils Fresken, von einem
jungen Maler, Nico kV. Zungmann aus Holland,
wenngleich der Name nach deutscher Herkunft klingt.
Obwohl er dem hiesigen Kunstpublikum hisher noch ein
völlig Unbekannter war, ist der Lrfolg seiner Ausstellung
ein ganz außerordentlicher. Kaum daß eines seiner Bilder-
nicht auf der Stelle von Kennern gekauft worden ist. Und
daß es sich hier um eineu echteu und rechten, d. h.
wohlverdienten Lrfolg handelt, darüber sind die
Meinungen wohl ungetheilt. wir sehen eine seltene
Kraft und diese mit einer noch selteneren Linfach-
heit offenbart, und wie sich beides der Lust am
Farbenglanz zugesellt, das erinnert an die japanische
Malerei. Doch von den Zapanern verschieden zeigt
sich Zungmann darin, daß er seine künstlerischen
Gaben hauptsächlich und am erfolgreichsten der Dar-
stellung von Menschen und Menschenthun widmet.
Zn der Ausführung hält er sich von dem Skizzen-
haften, Geklerten und Outrirten m der Malweise
so vieler Moderner so fern wie nur möglich. Seine
Motive sind zumeist dem Leben seines Heimathdorfes
und anderer ländlicher Orte Hollands entnommen.
Lr führt uns die Bauern Zeelands, die Fischer vom
Zuidersee und vor Allem die Arbeiter von Volendam
mit ihren Weibern und Kindern vor. Diese Typen,
welche der Mannigfaltigkeit nicht entbehren, sind nut
so viel Kraft und Leben zur Anschauung gebracht,
daß wir uns durch sie vollständig in ihre uns bis
dahin gänzlich unbekannt gewesene Welt versetzt
fühlen, wir sehen sie bei ihrem Tageswerk und in
ihren Feierstunden — Wasser schöpfen, Austern suchen,
mit ihren Hausthieren beschäftigt, in der Kirche ihre
Andacht halten, sich bei Musik vergnügen — und
das Alles nicht allein naturgetreu, sondern mit den:
wählerischen Auge des Künstlers erfaßt und künst-
lerisch wiedergegeben. Hierauf beruht eben der
Genuß, den uns der Anblick dieser Darstellungen
eines Menschenschlages gewährt, der zwar charakte-
ristisch, aber nicht schön ist, ebenso wenig wie es die
seltsame Tracht dieser Leute ist. Der Maler hat an
jedem seiner Modelle, ohne ins Zdealisiren oder
Karrikiren zu verfallen, in prägnanter weise die
Zndividualität zu Geltung gebracht, die ihnen von
der Natur verliehen worden, deren Wiedergabe in
der Kunst aber den untrüglichen Scharfblick eines
Genies erfordert. Ls mag sein, daß der Künstler,
der, wie schon erwähnt, gern in Farben schwelgt, in
diesen: Hunkt etwas mehr als die Natur gethan hat.
Zndessen, wer wollte hieran Anstoß nehmen, wo das
Lrgebniß ein so erfreuliches ist? Zwei Wand-
gemälde verdienen besonders hervorgehoben zu
werden. Sie sind „LAutnL all Leueetutem" und
„(Nntu8 zä Inventutsm" betitelt. Die erstgenannte
der auf einer friesartigen Holzfläche in halben Fi-
guren gemalten Szenen stellt die Feier einer goldenen
Hochzeit dar, die andere das Hochzeitsfest eines
jugendlichen Haares.
So unendlich oft auch das holländische Land-
leben von Malern geschildert worden ist, wandelt
Zungmann doch neue Wege, und in der Behandlung
 
Annotationen