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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 2
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Gustav, Leopold: Das neue Bayerische Nationalmuseum
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Gustav, Leopold: Die Münchener Jahresausstellung im Glaspalast
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0033
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Nr. 2

4- Die Aun st-Halle

23

verbot" illustrirt des Königs frühes Verständniß für den
größten Tonkünstler feiner Zeit.
was die Raumverhältnisfe im Allgemeinen betrifft,
beträgt der zu Sammlungszwecken verfügbare Raum, wie
wir dein von Dr. Graf herausgegebenen, sehr übersichtlich
gestalteten „Führer" entnehmen, ;o256 gm gegen 5-^2 gm
im alten Gebäude. Für Erweiterung der Sammlungs-
räume ist auf der Nordseite noch Platz vorhanden. Durch
fünf Brandmauern ist das Museum in acht isolirbare Ab-
schnitte getheilt. Die Einrichtung künstlicher Beleuchtung
ist vermieden. Für Zwecke des Sicherheitsdienstes ist jedoch
eine Dollbeleuchtung von Außen eingerichtet. Für das
Parterre durch Glühlampen, welche außerhalb der Fenster-
verglasung angebracht sind, für die oberen Stockwerke ge-
nügen die in den Bösen stehenden Bogenlampen. Ein
kleineres Gebäude auf der Westseite enthält Ateliers zum
Studium und Nachbilden der Sammlungsgegenstände. Die
Bibliothek hat eine Bodenfläche von gm. Endlich giebts
im Museum auch eine Restauration, zweckentsprechend wie
das Uebrige eingerichtet.
Ich bekenne gern, daßmirderAnblick des hier Geleisteten,
das neue Bauwerk Seidls, eine beruhigende Antwort
auf die Frage nach dem Schicksal unserer künstlerischen und
kunsthandwerklichen Bestrebungen zu ertheilen vermocht hat.
X
Die Miiiilhklltt IahttSMSÜckung j«
Glaspalast.
Don Leopold Gustav.
III. (Schluß.)
er Saal der Stuttgarter Künstler-Genossen-
schaft enthält einige vortreffliche Sachen. Dom
Grafen Kalckreuth das Bildniß einer rastenden
alten Frau. Die Runenschrift ihres verwitterten Gesichtes
spricht von hartem Lebenskämpfe: es ist eine Figur von
packender Energie des phyfiognomischen Ausdrucks. Auf
einer Landschaft Kalckreuths, einem von wenigen ziegelbe-
dachten Bauernhäusern begrenzten Brachfelde mit einem
Heuschober, sehen wir aus dem reizarmen Motiv mit großer
Feinfühligkeit das Lharakteristische der Landschaft heraus-
geholt. weniger will mir von ihm das als Interieur
hübsche Genrebild wegen des blöden Ausdrucks des Kindes
gefallen. Carlos Grethe bringt eine flott gemalte Marine;
ein Rettungsboot wird von einer Sturzwelle erfaßt; Na-
jaden umschlingen die verzweifelten Schiffsinsassen, um sie
in die Fluchen zu ziehen. In der „Freiwache" sehen wir
zwei wetterharte Schiffsleute, vom Feuerschein beleuchtet.
Friedrich Kellers „Steinbrucharbeiter", ein etwas kreidig
ausgefallenes Bild, ist gut beobachtet, aber malerisch nicht
sehr interessant, Pleuers sich in der „Mondnacht" küssendes
Hirtenpaar hält sich ziemlich frei von Sentimentalität,
auch liegt der Hauptreiz im Landschaftlichen. Reiniger
transponirt seine Landschaften stets auf einen bräunlichen
Ton und erreicht dann freilich große Wirkungen. Sein
von einem Bach durchzogenes Wiesenstück, wie die „Wald-
landschaft" spricht von tiefem Naturempstnden. Eckener
bringt einen herben Regenabend in Nordfriesland; bei
Kornbecks Waldlandschaft fällt die sublime Zeichnung des
Baumschlages angenehm auf. In Alfred Schmidts Bade-
platz sind die weiblichen Akte recht gut; famos ist das
Wasser des Sees und die Waldszenerie gegeben. Raths
„stiller Winkel im Hafen" ist besonders durch die Wieder-
gabe der dunstigen, rauchdurchmischten Atmosphäre von
Interesse. Von Porträts sind zu nennen: Zundels Bild
eines Jünglings mit Violine in Ganzstgur, das im vor-
nehmen Kolorismus gehalten ist. Naumanns schlichte

Bildnißstudie einer Dame und Ernst Wiemanns flott hin-
gestrichenes Bild eines Malers, das von starkem Tempe-
rament und Eharakteristrungsvermögen zeugt.
Don der freien Vereinigung der Düsseldorfer ist
an erster Stelle der Landschafter Fritz von Wille zu nennen,
der wieder im Lifelgebiet eigenartige Schönheit zu finden
weiß. „Wolkenschatten" dämmern auf dem welligen Brach-
boden, der nur von einer kleinen Schafherde wenig belebt
wird; das ist alles, aber der Künstler weiß die Gede in
herbe Größe zu kleiden. Nikutowski bringt ein im Thal
liegendes idyllisches Dörfchen. In Mar Sterns „Gurken-
verkäufern" im Amsterdamer Iudenviertel «.bei Nacht) ist
das im Dunst verschleierte Licht der Verkaufsbuden kolo-
ristisch gut bewältigt. Bei Rob. Böninger, der die elegante
Damenwelt porträtirt, liegt die Stärke in der glänzenden
Wiedergabe des Raffinements der Toiletten; w. Schneider-
Didams Bildniß eines jungen Mannes ist schlicht, macht
aber den Eindruck voller Lebenswahrheit, dagegen hinter-
läßt Lud. Kellers elegant gemaltes Bild diesmal das Gefühl
des Gutrirten.
Bei der Kollektion des Frankfurt-Kronberger
Künstlerbundes macht sich die Abwesenheit jeglichen Kitsches
angenehm bemerkbar. Anton Burger ist mit einem großen
Bilde „Tuchgaden in Frankfurt a. M." (gemalt (883) ver-
treten. Der Altmeister schildert das Leben und Treiben
an den Fleischbänken voll Natürlichkeit und mit maßvollem
Realismus. Ferdinand Brütt zeigt sich in seinem Porträt
des 75jährigen Burgers vor Allem als feinsinniger, vor-
nehmer Kolorist. In den Bildern von Ottilie W. Roeder-
stein bewundern wir die feinabgestimmten, einschmeichelnden
Farbentöne. Jünglinge und Frauen mit klassisch geschnittenen
Gesichtern malt sie. Ihre Aktfigur „badendes Mädchen"
wirkt wie ein Gobelin. Gerade daneben hängt ein Akt
(„Salome") von w. Trübner, auf dem Lichtreflexe spielen.
Das ist freilich für die hyperästhetische, badende Jungfrau
eine schlimme Nachbarschaft. Nicht minder frisch wie in
dem Akr zeigt sich Trübner in dem Bilde aus dem Oden-
wald, das auch in der Behandlung der Lichtwerthe sich
interessante Probleme stellt. Robert Hoffmann liebt eben-
falls das Pleinair; fein unter dem blühenden Kirschbaum
pflügender Bauer wirkt durch den schlichten Vortrag. Doch
vor diesem ist noch Steinhausen zu nennen. Sein „Wald-
thal" ist von jener Einfachheit der Empfindung, welche die
besten Thomaschen Landschaften so reizvoll macht. Das
durch die verschiedenen Abstufungen des Grüns beachtens-
werthe Bild „Am Waldbach" ist von empfindsamerer Natur-
auffassung. Die „Abenddämmerung", welche über einen
baumlosen Wiesenrücken hereinbricht, ist ein prächtiges
Stück Malerei! Diese Wolken mit dem leicht röthlichen
Schein, überhaupt Dunst und Beleuchtung! Roßmanns
tüchtige Odenwaldlandschaft ist von ähnlicher Naturan-
schauung wie die Thomasche. Happs Frankfurter Brücken-
mühle zeigt in der Wiedergabe der dunstigen Luft sehr
bedeutendes Können: die schäumenden Wellen in Süß' etwas
heroisirter Rheinlandschaft sind virtuos hingestrichen.
Guddens holländische Seilerei schließt sich den bekannten
ähnlichen Arbeiten des Künstlers würdig an. Die Zeich-
nung des Pferdes in Altheims Temperabild ist famos; es
hinterläßt die Arbeit den Eindruck starker Selbständigkeit.
Ueber die Gruppe Glasgower Künstler können wir
uns kürzer fassen. Ich brauche nur einige herauszugreifen.
I. Kay malt einen Frühling in stark übertreibenden
Farben. Henry Morleys für die Pinakothek angekaufte
Viehweide ist in der Lichtbehandlung eines der besten.
Technisch brillant sind die Gewitterwolken in A. K. Browns
schottischem Moorland. Das Wasser des Baches, in dem
man „wie im Spiegel" die Bäume erblickt, ist von köst-
licher Durchsichtigkeit. Ich nenne noch Hendersons „Wald-
strom" und Terris' „alte Brücke", pratts delikat gemalte
Dame in weiß kommt Neven du Mont ziemlich nahe.
Die Kollektion der Associazione degli Acquarel-
listi in Rom enthält wieder in der Hauptsache gewandt
und zierlich gemalte Verkaufsbilder. Hervorzuheben wäre
etwa Lharlotte Poperts fuxerber Kopf einer jungen Rö-
merin mit Augen von wunderbar tiefem Ausdruck; eine
stimmungsernste Herbstlandschaft von Ettore Roesler (Ter-
rasse der Villa d'Lste und Stefanoris Schloß Fusano.
Ernstere Kunstwerke sind von der Dorporarllous äi
 
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