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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 4
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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0071
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Nr. §

Die Aun st-Halle

57

ein wenig nüchtern anmuthen. Emil Hellrath bringt eine
famose Landschaft: „An der Amper". Das Wasser und
der trüb dunstige Himmel sind ungemein duftig gemalt.
Nicht so glücklich ausgeglichen, sondern noch etwas studien-
hast unruhig sind die Landschaften von Anton Grutering,
welcher jedoch auch für die differenzirtesten Dunsttöne ein
scharfes Auge besitzt. Don dein unlängst verstorbenen
Schwabenmaser war ein Bild aus der Schleißheimer Um-
gegend zu sehen, in dem das innige Naturgefühl des
feinsinnigen Künstlers mit am besten unter seinen Bildern
zur Geltung kommt. Den Wald zur Zeit der Schnee-
schmelze weiß H. von Le Suire, wie schon oft, gut zu
geben; Peter Paul Müller und Paul Erodel sind an-
gemessen vertreten, auch der Stimmungslyriker Kubierschky.
Viel Sonne ist über die anheimelnd anmuthigen Studien
vom Grafen Bülow von Dennewitz ausgegossen. Die
Landschaften von L. A. Nicolaysen muthen uns recht kühl
an, dagegen sind die Porträts alter Damen sehr charakte-
ristisch erfaßt und jedenfalls sprechend ähnlich. Von den
Bildnissen von B. Frederickson ist das Porträt der Dame
mit dem Grdensstern wieder sehr fein im Ton und sublim
gemalt; andere Bilder wollen uns diesmal dagegen etwas
kühl referirend erscheinen. Theodor Recknagl bringt ein
fein gemaltes Köpfchen der Saharet; es ist freilich nur
ein süßer Backfisch daraus geworden. Biermers Porträts
zeigen kräftig herausmodellirte Köpfe. Der Künstler scheint
Gutes zu versprechen. Ondruseks Bildnisse sind wieder
schöne, ehrliche Arbeiten. S. Glücklichs Kinderbilder sind
recht sympathisch und einfach. Eine frühere Neigung zum
Süßen ist vortheilhaft zurückgedrängt. Seinen kleinen
Landschaften läßt sich gleich Günstiges nachsagen. Recht
lebendig wirken El. E. Barbers pferdeköxfe. Pondel er-
zählt auf einem malerisch wenig kurzweiligen Bilde von
einer heimkehrenden verlorenen Tochter, vermochte jedoch
die Steifheit der Modelle nicht völlig zu überwinden.
Karl von Stettens im landläufigen Sinne schön gemalte
Panneaux „Diana" und „Bacchus" lassen das sonstige
Temperament des Künstlers vermissen. L. Msterleys Lo-
foten zeigen die lang bekannte technische Höhe dieses zu-
verlässigen Künstlers. Von plastischer Kunst erwähnen
wir E. Eadwallader - Guilds Marmorbüste Lotus, ein
Werk von mehr malerischer Behandlung, aber von ent-
schieden starkem Können. M. von waldenfels' Raucherin
und Leserin sind flott gemacht und voll Leben.
Einen recht günstigen Eindruck machte die Atelier-
Ausstellung der Herren Taschner und Ziegler, welche
diese gleichsam zur Introduktion ihrer neuen Schule für
graphische und dekorative Kunst veranstalteten. Von
Ignatius Taschners polychromen Büsten war uns eine
schon aus dem Glaspalaste bekannt. Derselbe zeigt auch
viele dekorative Entwürfe und Holzschnitte, Alles von
einem kräftigen und gesunden Geschmack. Walter Ziegler
ist in so ziemlich allen graphischen Künsten wohl erfahren.
Unter den Radirungen sehen wir manche feingesehenen
Landschaften und einesolchenach Rembrandt (Selbst-Bildniß).
Der Kunstsalon Heinemann bringt die bereits hier
und an vielen Orten gesehene und auch in diesem Blatte
gewürdigte Kollektion von Lhristusbildern moderner Meister.
Sonst fanden wir daselbst manches werthvolle, wenn schon
uns bereits bekannte Bild von Eanal, Lenbach, Fritz
August und Hermann Kaulbach, Gabriel Max, Rasch
und Anderen mehr. Leopold Gustav.

Aunstchromk.

* Berlin. Neue Ausstellungen. (Vorbericht.)
Die am ((. November im Künstlerhause, Bellevue-
straße 5, eröffnete II. Ausstellung dieser Saison bringt auch
eine größere Anzahl von Plastiken, in deren Mittelpunkt
das als reichgeschmllckte bronzene Grabplatte behandelte
Monument Friedrich Gsselschaxs für den protestantischen
Friedhof in Rom, R. Siemerings edles Werk, steht, weitere
Skulpturen rühren von G. Lberlein, Ianensch, H. Haus-
mann, F. Lepcke, Max Klein, Meyer-Pyritz, I. Schichtmeyer,
L. A. Bermann u. A. her. Die Abtheilung der Bilder
umfaßt einige sehenswerthe Kollektionen, wie die des fabel-
haft geschickten Marinemalers Hans Bohrdt, des Land-
schafters K. Lessing u. A., ferner Gemälde von Max-
Koner, F. paczka, Albert Hertel, G. Günther-Naumburg,
L. Douzette, Hans Looschen, Franz Jüttner, Felix possart,
G. L. Meyn, Müller-Schönefeld, Walther Thor, Zeichnungen
von A. Menzel, vom Ausland kamen sehr schöne Werke
von V. Gilsoul, L. van Hove u. v. A. Die Ausstellung
dauert bis 7. Dezember. — In der neuen Ausstellung von
Eduard Schulte vom 3.—2H. November fallen zwei
Kollektionen auf, Werke von den englischen Malern A. L.
Walton und Alfred East aus London. Ersterer bringt nur
Porträts. Sie sind Schöpfungen vornehmer Kunst voll
vollendeter Noblesse. Alfred East bringt 2 t Landschaften,
feine und stimmungsvolle Bilder, die ihm Bewunderer
gewinnen werden. Eine stärkere Sprache reden die Gemälde
von Fr. Kallmorgen, die den Karlsruher Meister hervor-
ragend repräsentiren. Geschmackvoll sind die Arbeiten
gemalt, welche die Kollektion von Wilhelm Schreuer-Düssel-
dorf, bilden; die 8 Werke der Bertha Wegmann, Kopen-
hagen, rechtfertigen die Erwartungen, die man auf die
Malerin gesetzt, und Julius Vlsson, St. Ives, führt sich
mit einer Anzahl Bilder ein. Von Berlinern stellen aus
A. Gustav Döring, H. Licht, A. Vesterritz, Georg Schöbel
und R. von Voigtländer, von Münchenern F. Haß und
Otto Recknagel („Balzender Auerhahn") und unter weiteren
noch Walter Besig, Loschwitz, Louis Douzette, Barth,
Henriette Filtsch, Wien (3 Blumenstillleben), Paul Graf,
Stockholm, Ernst Hildebrand, Steglitz, Margarethe Hor-
muth-Kallmorgen und Herm. Junker, Karlsruhe, Moffat
Lindner, St. Ives; die Plastik ist durch Richard Engel-
mann, Berlin, und Fritz Heinemann, Berlin, gut vertreten.
— Am (2. November hat H. Hirschwalds „Ho henzollern-
haus" einzelne Spezialausstellungen eröffnet, und zwar
von Henry van de Velde (vollständige Zimmer-Einrichtungen,
Schmucksachen, Beleuchtungsgegenstände), der Kunstweb-
schule des Lette-Vereins, der Vereinigung für Kunstgewerbe
und zahlreicher Erwerbungen von der pariser Ausstellung.
— Die Kunstsalons von Fritz Gurlitt, B. und p.
Eassirer, Honrath & van Baerle, Keller und
Reiner, Iaeslein, Jacques Easxer haben ihre
Bestände an Kunstwerken ganz bezw. theilweise verändert.
— Im Kgl. Kunstgewerbemuseum hat die nur wenige
Tage dauernde „Goldschmiede-Ausstellung" einer Kollektion
neuer Arbeiten von Prof. Otto Eckmann Platz machen
müssen.
* Magdeburg. Das st ä dt i s ch e M u s e um hat
jüngst eine erfreuliche Erwerbung gemacht. Ls hat, außer
werthvollen Zeichnungen von Menzel, Grützner, Kallmorgen,
Zügel und Oberländer, die ganzeFolge der Entwürfe Moritz
von Schwin ds zu dem Werke „Das Märchen von den
sieben Raben" erworben. Ls besteht die Absicht, in einem
der Seitenlichtkabinette, die im neuen Museum neben den
Gberlichtsälen angeordnet sind, diese elf großen, mit
wundervoller Sicherheit entworfenen Kompositionen zu
einer Gruppe zusammenzustelleu und mit den Reproduk-
tionen der im Museum zu Weimar befindlichen definitiven
Ausführungen des Zykluswerkes der „sieben Raben" in
gemeinsamem Rahmenwerk zu vereinigen. — In der
ständigen Ausstellung des Kun st Vereins sind neu ksinzu-
gekommen zehn Gemälde des in Paris lebenden Gari
Melchers; ferner eine Gruppe von Werken des „Mär-
kischen Künstlerbundes", sowie Werke markanter Künstler-
persönlichkeiten, wie Hoffmann von Fallersleben, Frau
 
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