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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 21
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Günther, Julius: Grosse Kunstausstellung Dresden
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328

Die A u n st - H a l l e.

Nr. 21,

zu schaffen; und Greiner hat's doch gar nicht nöthig,
sich gewissermaßen von dort aus „gründen" zu lassen,
was er leistet, worin seine Bedeutung liegt, das weiß
man schon lange und diese Ausstellung zeigt es auf's
neue; sie zeigt seine Einseitigkeit in der Naturauffassung,
seine Manier, aber auch sein stupendes Rönnen und
seinen rastlosen Fleiß. Daß er, um einige „Nummern"
mehr zu haben, ganz alte, ziemlich minderwerthige
Oelbilder mitsandte, ist schade: dazu ist Greiner noch
zu jung, um schon Jugendarbeiten auszustellen. Im
Ganzen bietet die Kollektion wenig, im Einzelnen viel
des Interessanten. Sagt man sich bei manchem der
Studienblätter, daß sicher in vielen Ateliers unbekannterer
Künstler Sachen von gleicher Vollendung zu finden
sein werden, so ragen doch einige über dieses Niveau
hinaus, so z. B. das kleine Pastell „Römerin", zwei
weibliche Aktstudien in einem Nahmen und die litho-
graphische Federzeichnung „Ser Rodolfo", ein Blatt von
verblüffender zeichnerischer Sicherheit.
Line eingehende Besprechung des Menzel-Kabinetts
können wir uns angesichts der allgemein anerkannten
Bedeutung des Altmeisters hier versagen: es genüge
der Hinweis, daß die Kollektion außerordentlich reich-
haltig an herrlichen selten gesehenen Werken ist.
wenden wir uns weiter zu den beiden Räumen
Karl Köpp ings', so finden wir daselbst zunächst seine
meisterhaften Nadirungen nach Rembrandt, „Die Staal-
meesters" und „Bildniß eines Greises", nach Breton,
Munkacsy und Hals; diese sind wohl für alle Zeiten
unübertrefflich; besonders das Greisenbildniß nach dem
Dresdner Original ist in Nachahmung des Farben-
auftrages und der malerischen Wirkung stupend. Sehen
wir weiter seine eigenen Schöpfungen aus früheren
Jahren bis auf die letzte Zeit, so interessirt
es, zu bemerken, wie die technische Freiheit
und Sicherheit wuchs, die Feinheit des malerischen
Ausdrucks zunahm, bis zu den vom Jahre 1s>03 da-
tirten knieenden Figuren, einem äußerst reizvollen Blatt.
Die bekannten Ziergläser in einem selbstentworfenen
Glasschrank und einige andere kunstgewerbliche Sachen
vervollständigen das Bild des vielseitig schaffenden
Künstlers.
In einem der letzten, leider wenig günstig beleuch-
teten Säle finden wir eine internationale Gesellschaft
versammelt, den Spanier Anglada-Eamarasa mit seinen
farbig pikanten, höchst manierirten Stücken, Eugene
Larriere mit dem großen Theater vonBelleville, das
an diesem Platze kaum zu sehen ist, ein feines Hafen-
bild von Whitelaw-Hamilton, ein älteres vortreffliches
Porträt von Leon Pohle, einen Hochzeitsschmaus in
Hessen von T. Bantzer, zwei farbig spröde, aber lebendig
erfaßte Bildnisse von wislioenus und zwei Bilder von
Constantin Somoff. Im anschließenden Saal sind die
Worpsweder versammelt; unter ihnen finden wir die
bekannten Namen Hans am Ende mit einem prächtig
stimmungsvollen Bild „Abend am Sumpf", Fritz Over-
beck, A. Vogeler und Earl Vinnen, dessen Bild
„Mittagsbrüten" eine vorzügliche stimmungsvolle Schilde-
rung ist. Aus der kleinen Künstlergruppe Frankfurt a. M.-
Tronberg sei Rud. Gudden's „Echternacher Brücke",
Ottilie Nöderstein's reizendes „Frühstück" und das farbig
famose „Interieurs" von Heinrich Werner erwähnt.
Weimar ist wenig günstig vertreten und die zu vielen
Sachen hängen zu dicht. Strengere Sichtung hätte aber
auch ohne Rücksicht auf die Platzfrage noth gethan.
Am meisten Freude hat man eigentlich an einer an-
spruchslosen feinen landschaftlichen Studie vonMaxThedy.
Hans Olde hat die große goldene Plakette für seine
„Ernte" erhalten, ob nach Verdienst wollen wir geruhigen

Sinnes dem Urtheile einer späteren Zeit überlassen.
Der alte treffliche Theodor Hagen scheint mir den
Jüngeren mehr, als er nöthig hätte, auch in Bezug
auf die Wahl reizloser Motive nachzustreben. Den
Meister erkennt man aber auch da. Sonst wäre noch
H. Behmer und Berthold Paul Förster zu nennen.
Die kleine Königsberger Künstler-Kolonie ist nicht un-
interessant: für Sachen wie Dettmann's Pastelle „Herbst"
und „wirthshausgarten" wird man immer dankbar-
sein. Sein „Abendmahl" ist ein älteres Bild, dessen
Vorzüge bekannt sind, das „Friesische Lied" ist dagegen
ein unerfreulicher Mißgriff. Sehr gut, von feinem
Humor durchweht und prächtig lebendig in der Malerei
ist Otto Heichert's großes „Freilichtgruppenbildniß
„Familie Iernberg".
Die letzte Gruppe, zu der wir gelangen, umfaßt
Holstein und Hamburg. Hier seien rühmend ein Still-
leben von T. Albrecht, das stimmungsvolle Bild „Lebens-
abend" von T. Eitner und die „Schwäne" von Illies
hervorgehoben.
Julius Günther.
(Fortsetzung folgt.)

8ro5re Zerliner Run5tsu55telkng 1S04.
IV.
^AIne der erfreulichsten Abteilungen im Moabiter
Glaspalaste ist der Saal der Karlsruher
Maler, die auch ohne ihre Kollegen von der
Linken den Beweis führen, daß bei ihnen eine hoch-
gemuthe künstlerische Gestaltung gepflegt wird. Das
hat indeß einen der Führer der dortigen Sezessionisten,
Ludwig Dill, nicht gehindert, im eigenen Nähmet:
auszustellen, d. h. mit einer Sonderausstellung seiner im
klebrigen von uns schon gewürdigten Dachauer Bilder
zu uns zu kommen. Gleich das Arrangement läßt im
Karlsruher Saal eine geschickte Hand erkennen. Sie
gruppirte, wenn man den Raum von der Mittelaxe
des Hauses betritt, die Werke um einige charakteristische
Arbeiten des Meisters und Führers Ferdinand
Keller, der mit seinem etwas outrirten Idealismus
von Form und Kolorit der Schule das spezielle Ge-
präge gab. Den Mittelpunkt seiner Arbeiten, zu denen
zwei seltsam xoetisirte Landschaften, ein grünbraunes
Felsenmotiv und eine grünblaue „waldesstille" ge-
hören, bildet ein im Profil gegebenes, uniformirtes
Kniestück des ehrwürdigen Großherzogs von Baden,
gleichfalls eigentümlich durch den hellbräunlichen, wie
Verblasen wirkenden Farbenton der Leinwand. Eine
Art Pendant hierzu bildet das vortrefflich gezeichnete
Porträt der Großherzogin von Otto Propheter, der
einer der begabtesten Rivalen seines Meisters, sich auch
an die elegante Art des Vortrags gewisser englischer
Muster anlehnt, so in einem anmuthigen Kinderbildniß
und den Halbfiguren eines Geschwisterpaares, eines
blassen bartlosen Jünglings, dessen melancholisch ge-
senktes Haupt das der Schwester beinahe berührt.
Von den übrigen Figurenmalern der Gruppe habe
ich mir zwei herrliche Mädchenakte von Hermann
Moest notirt, darunter eine als „Psyche" hingestreckte,
in Knie und Leib eingezogene Figur, deren knospig
schlanke Formen trotz der Halbschatten sich weich und
 
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