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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 22
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Harrach, Max: Die Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie 1904
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Kunstchronik
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Nr. 22

Die Kunst-Halle.

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den Werken Höchst seien hier weiter genannt. Letztere
Serie giebt zugleich Anlaß, diesen: eminent dankbaren
Wanddekorationsbehelf eingehende Beachtung zu
schenken. Die leicbt modellirten flachplastischen Lin-
krustas in ihrer oft sehr geschmackvollen Färbung sind
für die einfache Wandtapete ein gefährlicher Neben-
buhler geworden. Freilich bleibt die plastische Linkrusta-
tapete mehr auf die Anwendung von Sockeln, großen
Räumen u. dgl. beschränkt.
Im Lrnst-Ludwigshaus, dem schon vor drei Jahren
erbauten Atelier- und Ausstellungsbau der Kolonie, sind
eine ganze Reihe Sonderkollektionen vereinigt. Da
sehen wir die Ausstellung von Ludwig Alter nach
Entwürfen Paul Haustein's; die einzelnen Interieurs
variiren den Darmstädter Stil, ohne ihm eine neue
Seite abzugewinnen. Kraft und Gehalt steckt weder
in dem Aufbau der einzelnen Möbel, noch im Gesammt-
arrangement der Zimmer, noch in der Außenarchitektur.
Das Dekorative ist das Beste, das einzig wert-
volle. Unter den Keramiken sind Sachen, denen man
wünschen möchte, daß sich ihnen das Interesse der
Sammler zuwenden möchte. Aber auch die Darin-
städter Kolonisten werden schon empfunden Habei:, wie
sehr der zeitgenössische Künstler unter der modernen
Manie für Altsachen zu leide:: hat.
Den Kolonisten, die sich noch des rosigen Lichtes er-
freuen, möchte man neidlos Erfolg wünschen, insofern
sie ehrlich bestrebt sind, ihr Bestes zu geben mit Fleiß
und heißem Bemühen. Vieles ist ii: der Reihe der
Arbeiten angewandter Kunst, was Mißlungenes, Fehler-
haftes, sa Geschmackwidriges enthält. Aber einzelne
Arbeiten fesseli: Jeden durch die Eigenart der Er-
findung. Eine der bezeichnendsten Arbeitei: dieser
Gattung ist ein Wandbild von Lissarz für das Musik-
zimmer auf der deutschen Abtheilung der Weltausstellung
zu St. Louis. Beethoven's Symphonie wird durch eine
wildbewegte Meerszenerie mit hochragendem Wolken-
himmel veranschaulicht; durch die Wellen steuert eii:
Jüngling sein Schifflein mit kraftvoller Hand.
Auch die höhere Elastik hat in einem der Aus-
stellungsräume des Ernst-Ludwigshauses Aufnahme ge-
funden. Da ist Dr. Daniel Greiner, ein jüngerer
Kolonist, der aus Liebe zur Kunst seinem gelehrten Be-
ruf entsagt hat. Seine Skulpturen und Graphiker:
zeigen einen Hang zur eigengearteten Auffassung.
Habich, der mit kleineren Statuetten begann und
später einzelne monumentale Aufgaben löste — das
Alicen- und Goethe-Denkmal im Herrengarten — bringt
diesmal mit einer Büste des Großherzogs seine beste
Leistung.
Damit neben dem künstlerischen Genuß auch die
materielle Erholung nicht fehle, hat man „unter den
Buchen" ein Ausstellungs-Restaurant arrangirt.
Der Eingang mit dem Kassenschalter ist nicht gerade
imposant und erinnert mich fatal an eine „Gschnas-
kunstausstellung" im wiener Krater. Die fünf Pavillons
sind bezeichnend für die Art, wie Glbrich hier antike
Vorbilder modernisirt hat. Der Rundbau mit dem
kuppelförmigen Patinadach wird von Säulchen ge-
tragen, die sich nach unten, bezw. nach der Mitte zu
erweitern — etwa in der Art der Säulen an: Tempel
der Insel philae. Die blendend weiße Farbe dieser
Pavillons verstärkt den graziös-kapriziösen Charakter
der Rundbauten.
Man hat diesmal die Ausstellung mit weniger
hochklingenden Wortei: angekündigt wie das „Dokument
des Jahrhunderts" voi: sHOs. Freilich fehlt den: Unter-
nehmen diesmal der pikante Reiz der Neuheit. Die
Bauten, die vor drei Jahren errichtet wurde,:, stehen

auch heute noch, und das diesjährige Ausstellungs-
unternehmen stellt lediglich eine Erweiterung der
Kolonie in baulicher Hinsicht dar. Für den Fortschritts-
geist des modernen Kunsthandwerks wird die Aus-
stellung auch diesmal wieder anregend wirken, auch die
dekorative Kunst wird ihrer: Motivenschatz um einige
hübsche Vorbilder vermehren. Für die hohe Kunst und
die Architektur dagegen sind die Leistungen der Darm-
städter Kolonisten von weit geringerem werthe.
W
Unrere MilSung.
wir bringen in: vorliegenden Hefte ein aus jüngster Zeit
stammendes Porträt des Bildhauers Prof. Reinhold Begas,
von der Hand des Berliner Nalers Anton Schöner. Ab-
weichend von den bisherigen Bildnissen des berühmten Meisters
ist dessen interessanter Kopf hier im Profil gegeben, wodurch
er für Manche fast befremdend wirkt. Aber die Ähnlichkeit
und die künstlerische Auffassung des Werkes verdienen dennoch
Anerkennung.
W
Aunrtcliroiiik.
* Berlin. Zur Erinnerung an die 200 jährige Jubelfeier
der Akademie der Wissenschaften hat der Kultusminister
Vr. Studt sämtlichen preußischen Universitäten eine Plakette ge-
stiftet. Sie ist von Prof. A. Vogel in Bronze ausgeführt und zeigt
zwei allegorisch gehaltene Reliefs. Die Vorderseite verbildlicht
die Wissenschaft, die Rückseite stellt Meer und Himmel dar.
— Im großen Treppenhause des Kaiser Friedrich -Museums
wird jetzt eine Kopie öes Denkmals des Großen Kurfürsten
von Schlüter ausgestellt. Für das Museum soll auch eiue Statue
Friedrichs des Großen nach dein Werke Schadow's (Stettin)
von: Bildhauer Tübbecke in Marmor ausgeführt werden. Bei
Bildhauer Hubrich ist fermer eiue Kopie der Venus von pigalle
lSanssouci) in karrarischem Marmor bestellt. Die Kopie erhält
ihren Platz auf einer der beiden Treppenwangen des kleinen
Treppenhauses. Das Gegenstück zur Venus wird hier der
Merkur von Pigalle bilden, den das Museum schon in einer
alte:: Marmorkopie besitzt. In den Nischen des kleinen Treppen-
hauses stehen die Mriginalstatuen der friedericianischen Generale,
die anfangs ihren Standort auf dem Wilhelms-Platz hatte::,
hier durch Bronzeschöpfungen ersetzt und dann in der Haupt-
Kadettenanstalt zu Groß-Lichterfelde aufbewahrt wurden.
* Loburg. Bildhauer Prof. A Sommer hat der Stadt
einige seiner Bildwerke geschenkt, die im Pavillon des Hof-
gartens zur Aufstellung gelangten. Darunter befinde,: sich
eine „Schlafende Sphinr", „Bacchantin mit Herme", „Berg-
geist" u. s. w.
* Kopenhagen. Eine Gruppe junger Bildhauer,
darunter R. Tegner, Hansen-Jacobsen u. A., protestirte neuer-
dings gegen den Einfluß, den Prof. Bissen nicht zum Segen
einer gesunde:: künstlerischen Entwicklung auf die öffentlichen
Kunstverhältnisfe ausübe. Seit ;889/90 bewilligte der Staat
zum Ankauf von Bildhauerarbeiten für die kgl. dänische
Skulpturensammlung jährlich ;s ooo Kronen. Seit aber Prof.
Bissen in der Kommission fitzt, wurden unverhältnißmäßig
große Summen zum Bronzeguß von nicht weniger als 5^ Por-
trätbüsten des verstorbenen H. v. Bissen verwendet, Sie die
Gallerie schon im voraus in Gips besaß und die dazu theil-
weise in der Glyptothek in Marmor zu finden sind! Die
Kommission sei einseitig, ihre Anschauung veraltet und die
jüngeren Künstler hätten die Aufmunterung entbehren müssen,
deren sie so sehr bedurften, und die ihnen wohl auch zuge-
dacht war durch die jährlichen Bewilligungen des Staates.
Zum vergleich theilt man die entsprechenden Zahlen aus der
Periode Julius Lange s mit. In seiner Zeit wurden t28^00 Kr.
angewendet zum Einkauf von Werken lebender Künstler und
 
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