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Baldass, Ludwig; Geertgen; Staatliche Lichtbildstelle (Wien) [Contr.]
Kunst in Holland (Band 5/6): Geertgen van Haarlem — Wien: Hölzel, [1921]

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https://doi.org/10.11588/diglit.74099#0016
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den Landen behutsam das Ärmchen des Kindes zu heben und zu küssen,
der zweite in seiner feierlich andächtigen Laltung und der heranschreitende
Mohr. Bei allen fühlt man, daß sie viel mehr und viel Tieferes empfinden,
als sie durch ihre Mienen und Gesten ausdrücken können. Wundervoll
erzählt aber sind vor allem die Szenen im Mittelgrund. Wir sehen hier
in ein mittelalterliches Dorf, das Betlehem repräsentieren soll, und in
dem sich das Gefolge der drei Könige herumtummelt. Lier herrscht eine
Naturbeobachtung, die Bruegel vorweg nimmt. Man sehe sich nur die
Neiter in der Schwemme an, die Figuren, die im Gespräch vor dem
Lause sitzen, den berittenen Mohren, der anhält, um sich nach dem Wege
zu erkundigen, und vor allem den kleinen zierlichen Knappen, der gewichtigen
Schrittes einherstolziert, in gehobener Stimmung, weil man ihm die Lanze
seines Ritters zu tragen gegeben hat. Die frühere Anbetung der Magier
in Amsterdam ist in manchem innerlicher, vor allem in der Gestalt des
hier fehlenden Josef, aber Geertgen mag nun empfunden haben, daß diese
ungeheuere gehaltene Innigkeit wohl der Geburt oder der Anbetung der
Lirten entsprechend ist, daß aber der Vorgang der Anbetung der Könige
vor allem ein vornehm festlicher ist und daher in breiter, heiterer Weise
erzählt werden muß.
Die zu diesem Altar gehörigen doppelseitig bemalten Flügel sind leider
oben um ungefähr ein Drittel der Darstellung verkürzt auf uns gekommen.
Auf den Innenseiten sind wenigstens die Figuren ganz geblieben. Wir
sehen die beiden Stifter in frommer kniender Stellung und dahinter ihre
Schutzheiligen: den hl. Bavo, mit dem Schwert und den Falken aufder Faust
und den ebenfalls gerüsteten hl.Adrian mit Schwert und Amboß, den ganz
heraldisch gebildeten Löwen neben sich. Seine Rüstung, in deren blankem
Stahl ganze Figuren sich wiederspiegeln, ist ein Meisterwerk der Malerei.
Ebenso vollendet ist die stoffliche Wiedergabe des Panzerhemdes und der
Eisenhandschuhe. Dagegen fehlt der obere Teil der Bilder mit dem Ab-
schluß der Landschaft und dem Limmel. Über dem Stifter erkennen wir
nur die Krippe, an der Ochs und Esel friedlich stehen und hinter der
Stifterin blicken wir über eine grasbewachsene Mauer auf einen Gartenhof
mit eingefaßten großen Wafferbehältniffen. Ein radschlagender Pfau und
eine Pfenne wandeln auf dem Kies des Lofes, aufder Mauer aber sitzt ein

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