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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

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Heft IX (September 1909)
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Lux, Joseph August: Bildwerke in der Kleinbürgerwohnung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0150

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baren Original mehr zu bedeuten, als eine farblose vervielfältigte Reproduktion. Aber sie
stellen das einzige Mittel dar, die Meisterwerke der Malerei wenigstens annähernd kennen
zu lernen. Der bescheidenste Haushalt kann einen solchen Bilderschatz besitzen. Es darf
erwähnt werden, dass sowohl diese Reproduktionen nach Meisterwerken der Malerei als
auch die Original-Künstlerlithographien in einfachen Rahmen zu haben sind, in Rahmen,
die aus glatten farbigen Leisten bestehen und daher durchaus den Anforderungen des guten
Geschmacks entsprechen.
Für das Hängen dieser Bilder können äusser dem früher Gesagten noch folgende
Winke dienen. Niemals bringe man Bilder an der Fensterwand an. Den an der Fenster-
wand erscheinen infolge des grossen Lichteinfalles die in derselben Ebene liegenden Mauer-
teile vollkommen dunkel und wir werden, geblendet von diesem Lichtstrom, die Bilder an
der Fensterseite nicht anders als wie einen dunklen Fleck wahrnehmen. Der Inhalt, der zu
uns sprechen soll, geht auf diese Weise verloren. An den übrigen Wänden seien die Bilder
möglichst in Augenhöhe anzubringen, wobei zu beachten ist, dass sie mit der oberen Kante
in einer Horizontalen liegen. Vor allem hüte man sich vor dem Zuviel. Jedes Bild braucht
Eine sparsame Wirkung ist immer
die wir der eigenen Kunsthilfe ver-
danken. Ich meine die Amateur-
photographie. Das Bepflastern der
Wände mit kleinen Photographien
soll man durchaus vermeiden, wenn
man auf guten Geschmack hält.
Ist aber einer als Amateurphoto-
graph so weit gekommen, dass er
gute grosse Aufnahmen erzielt, die
im Wege der Vergrösserung das
Mindestmass von 18x24 nicht unter-
bieten, dann hat er ein Mittel, seine
Räume durch die eigene Kunst zu
schmücken. Aus diesem Grunde
möchte ich ein paar Winke bei-
fügen, die das ästhetische Problem
der Amateurphotographie betreffen.
Eine Amate urauf nähme nennen
wir künstlerisch, wenn sie durch
interessante Licht- und Schatten-
wirkungen dem Gegenstand eine
ungewöhnliche Charakteristik ver-
leiht. Die Mittel sind also Licht
und Schatten mit ihren Abtönungen
der Schwarz-Weiss-Skala, die uns
durch die Feinheit der Nuancen bis
zu einem gewissen Grade die ab-
wesende Farbigkeit suggerieren
kann, und der Zweck ist die Dar-
stellung des Charakteristischen. An
dem Gegenstand interessiert uns nicht das Allgemeine, sondern das Charakteristische. Nicht der
Hundim allgemeinen interessiert uns, sondern die eigenartige Hunderasse, die charakteristischen
Merkmale, die besondere Schönheit oder Hässlichkeit. Wir wollen die Natur nicht in ihrem
Alltagsgesicht, sondern bei einer ihrer interessanten Unwillkürlicbkeiten überraschen, die für
uns neu und originell sind und ein neues Gesicht der sonst so sattsam bekannten Menschen und
Dinge darstellen. Nur auf diese Art vermehren wir den Schatz unserer Seelenbilder und
entheben uns der abstumpfenden Gewohnheit. Unsere Kamera ist ein Mittel, in das unbe-
kannte Land der Ueberraschungen, der wundervollen und seltenen Augenblickserscheinungen,
der seltsamen Gesichte, die das Leben geheimnisvoll vertiefen, vorzudringen, und in der Tat
gelingt der Kamera mancher Zufall, über den wir unseren Augen nicht trauen. Aber die
Kamera soll nicht bessere Augen haben als wir, denn sonst sind wir in der Lage des Jägers,
der nur aus Zufall trifft. Wir können nicht Ueberraschungen bieten, wenn wir nach Art
der mittelmässigen Berufsphotographen Menschen und Dinge zusammenstellen und der Natur
gewissermassen Gewalt antun. Es darf also weiterhin bemerkt werden, dass das willkürliche
Gruppieren die Gefahr einschliesst, durchaus konventionelle Genreszenen zu bilden. Die
künstlerische Liebhaberphotographie strebt natürlich auch in ihren Studienaufnahmen (photo-
graphische Aufnahmen sind stets nur Studien) eine bildmässige Wirkung an, das heisst, sie wählt
einen Hauptgegenstand, konzentriert auf ihn alle Aufmerksamkeit und vermeidet in der Um-
gebung des Gegenstandes alles, was nicht zur Steigerung, sondern eher zur Schwächung
der Charakteristik beitragen könnte. Die Bildmässigkeit beruht auf der Einheit der Wirkungen
und die Einheit setzt nur einen einzigen geistigen Mittelpunkt im Bilde voraus, während
zwei solcher Mittelpunkte sich gegenseitig stören und die Einheit aufheben würden. Es ist
klar, dass dieser geistige Mittelpunkt nicht nur in einem Dinge, sondern auch in einer

eine gewisse Raumatmosphäre, um voll auszuwirken,
besser als die Ueberladung.
Nicht zu vergessen ist eine dritte Möglichkeit,
 
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