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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

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Heft IX (September 1909)
DOI Artikel:
Lux, Joseph August: Bildwerke in der Kleinbürgerwohnung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0151

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geht in seinen Zeichnungen so

Vielheit von Dingen, in einer Handlung oder in einer Mehrzahl von Personen bestehen
kann. Das Ueber- und Unterordnen der Dinge bei voller Wahrung der natürlichen Freiheit
ist eine besondere Kunst, die leicht zu Fehltritten führt. Der richtige Amateur wird die
Natur, wo er sie trifft, bei ihrer Eigenart und Unwillkürlichkeit zu überraschen suchen und
die Gewaltsamkeit eines Eingriffes vermeiden. Den rechten Augenblick wahrzunehmen, ist
die Kunst des Amateurs. Die schwere Kunst des Sehens ist seine Aufgabe. Sobald er die
besitzt, ist die zweite, aber nicht minder unerlässliche Forderung dieses künstlerischen Sehens
durch die technische Qualität seiner photographischen Aufnahmen sichtbar zu machen.
Schlechte Aufnahmen wirken wie erblindete Spiegel, die von der empfundenen Herrlichkeit
nichts erkennen lassen. Es gibt natürlich kein Rezept. Wir haben lichtschwache Aufnahmen
gesehen, die künstlerisch vollendet sind, ob zwar lichtschwache Aufnahmen häufig die Folgen
von Belichtungs- und Expositionsfehlern sind und als technische Mängel an sich gar nichts
Künstlerisches haben. Es lässt sich also nicht sagen, dass die scharfen Aufnahmen oder die
lichtschwachen Aufnahmen an sich gut oder schlecht sind. Was gut oder nicht gut ist,
darüber entscheidet immer die Besonderheit der Fälle.
Unter diesen Voraussetzungen müssen wir trachten, den zu photographierenden Gegen-
stand möglichst gross in die Bildfläche zu bringen. Ganz in den Vordergrund. Wenn wir
diesen Grundsatz konsequent durchführen, kommen wir dahin, auch in der kleinen Bildfläche
eine monumentale Wirkung zu erzielen, indem wir das Objekt so gross als möglich nehmen.
Diese Forderung schliesst naturgemäss aus, zuviel auf die Platte bringen zu wollen. Grösse
und Einfachheit sei das Bestreben. Der Amateur sehe sich darauf hin die Werke moderner
Maler an, etwa die Bilder Fernand Khnoppfs. Der Künstler
weit, dass er die obere Stirnhälfte einer aufrechten
Figur in dem Bildrahmen verschwinden lässt, von den
unteren Partien gar nicht zu reden. Trotz der Kleinheit
des Formates wirken solche künstlerische Darstellungen
grössenhaft. Ebenso eindrucksvoll sind die alten Me¬
daillen und Münzen bis ins 18. Jahrhundert, oder die
Holzschnitte um die Zeit Dürers. Der Grund ihrer
machtvollen künstlerischen Wirkung ist bis zu einem
gewissen Grade derselbe. Wir werden immer finden,
dass in solchen Fällen das Dargestellte sehr vereinfacht
und so gross in den Vordergrund gestellt ist, dass es
die Bildfläche ausfüllt und fast darüber zu treten
scheint. Es ist kaum eine Spur von Perspektive darin.
Auch das alte Porträt bis ins 18. Jahrhundert ist durch
dieselben Eigenschaften ausgezeichnet. Es gibt immer¬
hin einige künstlerisch empfindende Photographen, die
diesen Wink bemerkt haben, aber der grossen Zahl der
Amateure scheint dieses Gesetz unbekannt zu sein.
Man wird verstehen, was es für Porträtaufnahmen
bedeutet. Wie eindringlich und lebensvoll wirkt ein
Kopf, der die ganze Bildfläche einnimmt. Angenehm
schon deshalb, weil alsdann alles störende Beiwerk fehlt.
Die Aufnahme mag verschleiert sein, das kann unter Umständen die Wirkung um einen starken
künstlerischen Akzent bereichern. Wir müssen nicht alles mit pfründnerhafter Deutlichkeit
vor Augen haben. Namentlich in einer Bildnisaufnahme, die nur das Gesicht möglichst gross
bringt, kann trotz oder vielleicht wegen einer gewissen Undeutlichkeit die Phantasie des Be-
trachters zur Mitarbeit angespornt werden. Wir pflegen dann zu sagen, das Bild sei sprechend,
es sei geheimnisvoll belebt oder es sei geistvoll. Was in Wahrheit spricht, ist nicht das Bild,
sondern die angeregte Phantasie, die es mit Leben oder Geist ausstattet, und die, weil sie
Spielraum findet, Stimmung oder Seele hineinträgt. Hier liegt eines der grössten Geheimnisse
der Kunst vor, dessen sich bis zu einem gewissen Grade auch der Amateurphotograph be-
mächtigen darf. Nicht was er sagt, sondern was er verschweigt, macht den Meister des Stils.
Die bekannten Verfahren der hochentwickelten Amateurphotographie, die auf Vereinfachung
des Tones, Verflüchtigung verwirrender Details und Milderung der Uebergänge in der Schwarz-
Weiss-Skala abzielen, sind ebenfalls durch dieses Gesetz der künstlerischen Wirkung begründet.
Man wird mir glauben, wenn ich sage, dass Kunst und Schönheit allgemein menschliche Güter
sind, die nicht so sehr von dem Geldsack abhängen als von der geistigen Fähigkeit, sie irgendwie
sichtbar zu machen. Kein Leben braucht so arm zu sein, dass nicht eine Lichtspur dieses
Gedankens das Heim erhelle und die Seelen erwärme. (Aus der Dürer-Bundes-Korrespondenz.)



Verein württb. Zeichenlehrer.
Die Generalversammlung
findet Ende Oktober statt. Termin, Tagesord-
nung usw. werden in der nächsten Nummer d.
Zeit sehr, bekannt gegeben. Der Vorsitzende.
NB. Mit der Generalversammlung wird eine Lehr-
und Lernmittelausstellung verbunden sein.

Besprechungen. „Deutsches Land
und Volk. 9. Heft. Links und rechts
vom Rhein in Lied, Spruch und Prosa-
Schilderung“, herausgegeben von Rektor Dr.
Wohlrabe. Verlag0 eb auer-Schwetschke,
Halle a. S. Preis Mk. 1.20. Dieses Büchlein
führt uns durch Wasgau und Pfalz, Schwarz-
 
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