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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

DOI Heft:
Heft VIII (August 1909)
DOI Artikel:
Hoßfeld, Max: Denkmalpflege auf dem Lande, [1]
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Lux, Joseph August: Bildwerke in der Kleinbürgerwohnung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0135

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kunstgeschichtliches Interesse bieten, als dass sie zu dem Heimatbilde gehören,
dessen Schutz und Erhaltung zu den Obliegenheiten einer weitblickenden Denkmal-
pflege gehören.
* *
*
Fragen wir uns also zunächst: AVie steht es mit der Denkmalpflege
auf dem Lande? oder richtiger: Wie verhält es sich mit den des Denkmalschutzes
bedürftigen Dingen und mit den für diesen Schutz in Betracht kommenden Zu-
ständen auf dem Lande? so kann die Antwort leider nicht durchaus befriedigen.
Im Zuge der Zeit liegt es, dass die ländliche Bevölkerung nach der Stadt,
womöglich nach der Grossstadt schielt. Eine gewisse Grossmannssucht beherrscht
die Gemüter. Die altehrwürdige Dorfkirche hält man für zu klein und zu unschein-
bar; ihr Turm ist nicht hoch genug; der schlichte Block- oder Fachwerkbau wird
mit einer „alten Scheune“ verglichen, man will etwas „Schöneres“, etwas „Städtisches“
haben. Das von den Vätern ererbte Gutshaus ist nicht „modern“ genug. Auch
das Bauernhaus soll „städtisch“ werden. Denn der Bauer schämt sich, ein Bauer
zu sein; er will mindestens „Landwirt“ oder „Oekonom“ genannt werden. Sein
Sohn ist ja auch Einjähriger; die Tochter ist in der Stadt auf der höheren Schule
und bringt, wenn sie heimkommt, ein Klavier und allen möglichen sonstigen
Stadtkram mit. Der passt natürlich nicht mehr in das alte Haus. Es wird unw
gebaut, verschönert, womöglich abgerissen und macht einem städtisch aufgeputzten
Plunderkasten Platz. Sein alter, gediegener Hausrat wird verschleudert und durch
die „moderne Einrichtung“ ersetzt, deren Fabrikkram keine Generation überdauert.
Aehnlich geht’s mit den Wirtschaftsgebäuden. Damit soll keineswegs gesagt sein,
dass der Landmann sich denjenigen Errungenschaften der Neuzeit gegenüber
ablehnend verhalten solle, die allein ihm heutzutage einen zweckmässigen, Vorteil
bringenden landwirtschaftlichen Betrieb ermöglichen. Aber viel wird auch in dieser
Hinsicht gesündigt. Gar manche Neuerung wird nur aus Neuerungssucht und
urteilsloser Nachahmerei vorgenommen; und wenn sie an sich vernünftig und be-
gründet ist, so liesse sie sich sehr oft einführen, ohne dass der alte Rahmen ganz
über Bord geworfen wird. Warum man das durch Jahrhunderte bewährte und
dabei schöne Bauernhaus, die prächtige alte Scheune verfallen lässt und durch den
nichtssagenden Abklatsch eines Stadthauses, durch einen Backsteinkasten mit Holz-
zementdach oder gar durch eine Bretterbude mit Pappdach ersetzt, begreife, wer
kann. Mögen die Verhältnisse des Feuerversicherungswesens, mögen unvermeid-
liche baupolizeiliche Bestimmungen zu gewissen Veränderungen zwingen, es wird
vielfach gedankenlos verfahren und mit zu kurzsichtigen Rentabilitätsberechnungen
gearbeitet. (Fortsetzung folgt.)
Bildwerke in der Kleinbürgerwohnung.
Von Joseph Äug. Lux (Dresden).
Für die Art, Bilder zu hängen, haben die Durchschnittswohnungen in den heutigen
Mietshäusern kein Prinzip ausgebildet. Oder doch nur eines: nämlich die Löcher in der
Wand zu verdecken. Beim Beziehen einer neuen Wohnung geben diese garstigen Löcher,
mit Gips verschmiert, aus der Wandbemalung grell hervorleuchtend, der ratlosen Hausfrau
die einzige und getreulich befolgte Auskunft auf die Frage: „Wie sollen wir die Bilder
hängen?“ Und sind sie glücklich gehängt, gerade dort, wo der göttliche Zufall, der für die
Löcher sorgt, sie haben wollte, dann freut sich gross und klein über die schöne Wohnung.
Ich habe nichts so himmlisch und nichts so verderblich gefunden, als diese Anspruchslosig-
keit. Als ich einmal über den ordinären Schund loszog, mit dem gewöhnlich die Wände
der Durchschnittswohnungen angefüllt werden, schrieb mir ein gewisser Jemand: „Da haben
Sie sich einmal gründlich blamiert! Oder es ist schöner, wenn überall die Löcher hervor-
schauen? Glauben Sie vielleicht, dass jeder erste beste einen Böcklin kaufen kann usw.“
Dieser zeitgemässe Jemand, der mir so temperamentvoll widersprach, ahnte wahrscheinlich
gar nicht, wie sehr er mir recht gab. Der Aufschrei war sicher ein Beweis, dass ich den
Finger auf eine Wunde gelegt hatte. Ich glaube wahrlich nicht, dass in einen solchen
Raum ein Böcklin besser passen würde, als etwa eines jener fabrikmässigen Oelbilder, die
der Rahmenhändler als Daraufgabe für einen geschmacklosen und lärmenden Goldrahmen
liefert. Dagegen ist um dasselbe billige Geld gute und echte Kunst zu haben, wenn wir
uns mit Reproduktionskunst begnügen.
Für das Hängen der Bilder ist entscheidend, dass nicht die Wand die Hauptsache
 
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