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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

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Heft IX (September 1909)
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Huberich, Karl: Die Illustrationen zur Fibel für die kathol. Volksschulen Württembergs
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0146

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Die Illustrationen zur Fibel für die kathol. Volksschulen
Württembergs.
Ziemlich gleichzeitig gelangen die beiden neuen württemb. Volksschulfibeln
zur Ausgabe. Unsere Zeitschrift war in der Lage, in ihrer Augustnummer Proben
von den Bildern zur Fibel der evangelischen Volksschulen zu bringen, denen nun
heute solche der Fibel für die kathol. Volksschulen folgen. (Muth’sche Verlagshdlg.)
Unserer Zeit war es vorbehalten, das Wort von der „Kunst des Kindes“ zu
prägen und kaum je zuvor hat man sich so eingehend mit dem Wesen dieser kleinen
Kunst vertraut gemacht, und es zu ergründen, zu entwickeln und zu pflegen gesucht,
wie gerade in unseren Tagen. Man geht nicht mehr achtlos vorüber an den un-
beholfenen Kritzeleien der Kleinen, man hat vielmehr gelernt, sie als Aeusserungen
der Kindesseele zu verstehen, in ihnen zu lesen. Andererseits ist man bemüht,
das Kind zum Verstehen und Lesen von Bildern, die dem jeweiligen Alter angepasst
sind, anzuleiten. Besondere Aufmerksamkeit schenkt man deshalb dem Bilderbuch,
und Inhalt und Ausstattung desselben sind, gleichwie der Wandschmuck für die
Kinderstube von grundlegender Bedeutung. Je einfacher der Inhalt solcher
Bilder, der dargestellte Vorgang, gewählt ist, sei er nun aus dem Leben des Kindes
selbst, aus seiner Umgebung oder aus dem Gebiet des Märchens u. s. w. geholt,
und je mehr sich die Darstellungsart der kindlichen zeichnerischen Ausdrucksweise,
also der mehr typischen oder symbolischen Darstellung, nähert, ohne unkünstlerisch
oder unwahr zu sein, umso eher wird das Bilderbuch seinem Zweck entsprechen.
Entwächst das Kind der Kinderstube und kommt es in die Schule, so muss ihm
zweifellos die Schule ebenfalls die richtige Bilderkost bieten. Das Kind ist reifer
geworden, nun kann sowohl der Inhalt der Bilder ein vertiefterer sein, als auch
die Darstellungsart von der des Bilderbuchs etwas ab weichen und freier werden.
Immerhin aber wird der Illustrator sich in das kindliche Anschauen, Denken und
Empfinden versenken, und eine möglichst knappe, abgekürzte Darstellungsweise, die
eben nur das Wesentlichste gibt, wählen müssen. Er ist in der Lage, durch die
Art seiner Darstellung, durch Gruppierung und Kaumausfüllung der Bilder bereits
kunsterzieherisch auf die Kinder zu wirken, kunsterzieherisch eben in dem Sinne, als
die Kinder durch das regelmässige Anschauen guter Bilder eine Empfindung für
das Schöne in sich aufnehmen.
Welch prächtige Gelegenheit bietet nun hier das erste Lesebuch, die Fibel! Durch
gut gewählte Illustrationen ist sie nicht mehr allein das ABC-Buch, sondern wird
zugleich zu einem Lesebuch in künstlerisch-pädagogischem Sinn. Das Kind lernt
die Zeichen unserer Schrift kennen, lernt sie zu Worten und Sätzchen gereiht lesen;
belebend tritt die Illustration hinzu und jetzt gewinnen die Laute und Wörtchen
so recht Bedeutung, lösen die Sätzchen Vorstellungen aus, regen die Phantasie an.
Mit den Schriftzeichen und Worten lernt so das Kind also auch die Bilder lesen,
die Abbildungen aber vertiefen das Verständnis für den Text, und gewöhnen das
Auge an schöne Darstellungen.
Gegen früher ist hier ein bedeutsamer Fortschritt zu verzeichnen. Die älteren
Fibeln — im allgemeinen gesprochen — hatten entweder gar keine Abbildungen,
oder solche, die meist das nicht trafen, worauf es ankommt, zum Teil waren sie
auch recht unkünstlerisch. Da ist es nun dankenswert, dass insbesondere süddeutsche
Schulbehörden vorangingen und mit der Illustrierung der Fibeln tüchtige Künstler
betrauten. So ist z. B. die Münchner Volksschulfibel von dem bekannten Zeichner
der Fliegenden Blätter Hengeler illustriert, der dabei seine Eigenart als Humorist
durchaus nicht verleugnet. Die Bilder, — mit breiten kräftigen Umrissen hinge-
setzt, da und dort durch satte Lokalfarben belebt, — sind meist humoristisch auf-
gefasst und streifen vielfach die Karikatur. Ein Teil der Bilder dürfte allerdings
besser für ein lustiges Bilderbuch des vorschulpflichtigen Alters geeignet sein.
Mit den Illustratoren der württb. evangel. Volksschulfibel sind wir durch die
letzte Nummer von Kunst und Jugend bekannt gemacht worden. Der Zeichner
der zahlreichen Bilder zur kathol. Fibel ist Kunstmaler Theodor Schnitzer
 
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