Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

DOI Heft:
Heft 2 (März 1924)
DOI Artikel:
Graf, Gottfried: Betrachtung der Holzschnitte
DOI Artikel:
Hils, Karl: Umwendung und Auswirkung des Werkunterrichts
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0042
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
177

Dcrtikalc der jungc Tog, unllörpcrlich, symbolisch.
Dcr Schwerpunki des Schwarz, wic der des Wcih sal-
len zusammen, wicdcrum in der Bildmikie- Die Har-
mon'ie des opkischen Eindrucks der Kunstgeskalt isl gc-
wahrt.

Aier ifi die nakurhaste Suhcre Anschauung verlas-
sen. Die Gestaltung aus dcr inneren Borstellung
hat Plah gegriffen. Veide Anschauungcn verlangen
in ihrer Berwirklichung den Organismus der Kunsk-
gestalk. Dork mit den ihr enksprechenden Mitteln der

Naturjorm, hier mit dcn ihr enksprcchcnden Milteln
der abstrakken sgcometrischen) Form. Alle drei
Grundformen sind themakisch durchgesührt und inein-
andergestellk: Ouadrat. Dreieck, Kreis.

Betrachtung. Skeil hebt sich der Tag aus
Morgenröte in die weichende Nacht, das Morgen-
gestirn verblaßk vor den aufsleigenden Sonnen. Der
Lärm des Tages erwachk. Die Nachk rückt ab und der
Strahlcnde schreiket sicghaft iiber dle Erde in könen-
den Harmonien. G. G r a f.

AnLvendung und Auswirkung des WerkunLerrichts

Karl

Der Werkunkerricht ist in unserem Land ni'chtS
Neues. Aber zum Klassen- und Massenunkerrichk i?
er nicyk geworden. Das siärkere Hervortreken des
Arbeitsunterrichts hat ihn aber zu einer Notweu-
digtieit erstens Ranges werdcn lassen. Alle noch so
schönen Programme und Wünsche, welche dahinzic-
len, daß in der Schule Kenntnisse und Ferkigkeiteu
erarbeitet und nicht nur gelcrnt werden soll, werdcn
daran scheitern, daß Lehrer und Schüler die Fähig-
keit nicht besitzen, werkmäßig zu gcstalken. Wohl
hat die Grundschule zum Teil rech! ansehnliche Er-
folge im Arbeiksunkerricht erzielt; aber späker bleibk
mangels werkmäßiger Erziehung des Lehrers alles
in der Lust hängen. Da tritt nun der Zeichenlehrer
auf den Plan. Er allein beflht die umfassende, pä-
dagogische und kechnische Bildung, roelche zu diescr
schwierigen Arbeit befähigt.

Das Ziel des Werkunterrichts ist auch das Ziel
aller Erziehung, nämlich Enkfalkung der im Kindc
schlummernden schöpferischcn Kiäfte, Bekäkigung der-
selben durch schaffendes Gestalken, Kräftigung durch
Uebung und Führung zur Höhe des deutschen Kul-
kurideats. Und wenn Kank sagt, „daß das Problem
der Lrziehung zum Menschen im engeren Sinn nur
iiber die harke Arbeit führk*, so ist die Arbeik im
Kindesalker eben unsere Werkkäkigkeik. Der Werk-
unterricht erziehk zu Gewisienhafiigkeit nnd Ge-
stttung. Er weckk und stärkk das Verank-
workungsgefühl, lehrk Arbeit und Arbeiker achten und
verstehen. siede Werkstunde ist ein Erlebnis und
wird nichk so leicht vergesien wie eine Lernstundc,
And das isi schlietzlich das Wesentliche, datz etwas er-
arbeikek und so zu geistigem Deflh gemachk wird, wäh-
rend das Eelernke ja bekannklich nur allzu leichk wie-
der vergesien wird. So kann der Werkunlerrichk zu-
nächst im Zeichnen dann abcr auch für die Heinrat»
kunde, Deographie, Phyfik und Nakurgeschichke so
angewendek werden, datz diese Fächer ohne viel Um-
stände und ohne Erschütkerung vom Lcrnunkcrrichk
zum Arbeiksunkerricht Lbergeleitek werden können.
klnd.das ist das höchste Berdienst des Werkunker-
richks, daß er gerade in dem Augenblick eingesprun-
gen ist, wo er am nötigsken war. Denn sonst wäre es
ja nichk möglich gewescn, daß an den höheren Schu-
len der Arbeiksunkerrichk überhaupk häkke Fuß fas-
sen können, wenn nichk von einem berufenen Lehrcr
die Schüler in die Lage verseht wurden, zunächst die
allernotwendigsten kechnischen Fähigkeiten für dcn
Arbeitsunterrichk zu erwerben, daß also z. B. der
Geographielehrer in seincm Fach dic Fähigkeiken
fiir Werkarbeit beim Schülcr schon vorfindet.*)

*)einarrsdrücklich.WimIch dcsDcrb.Würii. Schulgcographcn

H i l s.

Äne weitere und meines Erachtens wichtrgere Auf-
gabe erfüllt der Werkunterricht in künstlerischer und
geschmacklicher Hinstcht.

Die Ausslellung: „Bildsprache des Kindes im Lan-
dcsgewerbemuseum zu Skuttgart" hak ahnen lassen, zu
welcher Höhe deuische Bolkskunst bei kundiger Füh-
rung emporgefllhrt werden könnte. Es ist aber auch
eine äutzerst zarke und schwierige Aufgabe, welchc
der Lehrer zu bewälkigen hat, wenn er diese Füh-
rung durchseht ohne die Quellen, aus denen die
Schöpferkraft Zprudelk, zu verstopfen. 3m Kindc isk
die deutsche Seele, die deuksche 3nnigkeik und das
deutsche Gemük wieder zu erwecken.

Das Streben nach diesem an und für sich idealen
^iele stößt nakürlich auf einen ungeheuren Wider-
tland. Hier kann nur der kundige Pädagoge einen
Ausweg finden. Kein Theoretiker und kein Künst-
ler kann alletn helfen, wenn der Werkunkerricht vom
Papier zum Leben erwachen soll. *)

Slatk mehrer Werktechnikcn beschränke ich mich
auf eine:

Den Holz- und LinolschnM.

Hier mußder gegebene Werkstoff durch das Werk-
zeug den Willen und die Vorstellung des Menschen-
geisies annehmen. Mik anderen Worken: die leere
Fläche des Linoleumstücks bekommk durch Werk-
zeugspuren seine Eindrücke. Ein einziger Schüler der
Klasse macht den Anfang, und nach und nach kann
eine hinkerste Bankreihe während des Zeichen-
unterrichts mik diesem Werkskoff arbeiten. Der offene
Zeichensaal dienke mir zu solchen Versuchen und zu
einer planmäßigen Borarbeit.

An der Anschaffung der Werkzeuge schien zunächst
dieser Zweig des Werkunkerrichts zu scheikern; aber
dec in unseren Kindern schlummernde Erfindergeisl
ist zurzeik noch so groß, daß er es fertig brachte,
Schnitzwerkzeuge aus geschliffenen und gehärkeken
Schirmspeichen mik Holzgriff, Druckwalze aus Fahr-
radschlauch und Rundholz selbst herzustellen, und
zwar in beliebiger Anzahl.**) So wurde der Grund in
diesem Ziveig des Werkunterrichts ein- für allemal
gelegt.

Wie die primitivsten Bölker mit primikiven Werk-
zeugen die erste und ursprtingliche Kunst geschaffen
haben, so dürfen auch unsere Schüler ihre erste und
ursprünglichste Arbeik ruhig mit einfachen Werkzeu-
gen ausführen. 3ch habe sogar herausgefunden, daß
werkvolles Material und komplizierke Werkzeuge
lcicht die Phanlasie töken. Späkcr ist nakürlich so-

SeiLens der Vehörde wurden bereits Tiefdruckpresien auf-
gcstellt und Materialzuwendungen gemacht

^^) Zum Druckcn verwendet man Iapanaqua°Farbe oder
Druckerschwärzc
 
Annotationen