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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1.1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.45111#0253
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tig auf ihre Arbeit, wie ciu Bräutigam auf seine
Liebste, und nur den Hühnerstall nnd den Tauben-
boden hat sie mir nach vielem Flehen überlassen!
Meine Kraft reicht noch aus zur Arbeit, sagte
Marthe, und Du hast andere Dinge zu thun, als
am Herd zu stehen oder zu backen und zu brauen.
Auch dürfen Deine Hände nicht rauh werden und
steif, denn sic müssen die Feder halten, damit Du
Deine Arbeiten macheil kannst, die Dir die Gou-
vernante der Baronesse aufgibt! Aber horch! Was
ist das für ein Geräusch? Ist's nicht, als ob da
ein Wagen fahre?
Es wird die Baronin seyn, welche zur Kirche
fährt! sagte Peter aufstehend.
Nein, Alter, die ist schon lange vorüber gefah-
ren und der Gottesdienst hat schon begonnen. Der
liebe Gott möge es uns verzeihen, daß wir heute
unter unserm Lindenbaum mit unseru Kiudcrn Got-
tesdienst gefeiert haben, und nicht da drinnen in
seiner Kirche!
Das Rollen der Räder kommt näher, sagte Eduard,
aus seinem trüben Sinnen sich aufrichtend und mit
scharfem Blick nach der Landstraße spähend, welche
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blickenden Herrn und weinte an seinem Halse Thrä-
neu der Freude, des Entzückens.
Mein Bruder! Ich sehe Dich wieder! Nach zwan-
zigjähriger Trennung sind wir endlich wieder bei-
sammen! rief Peter, sich aus seines Bruders Armen
aufrichtcnd und ihn mit leuchtenden Blicken anschend.
Du hast Dich also endlich ein wenig gesehnt nach
Deinem Bruder! Du hast endlich daran gedacht,
daß Du uoch einmal das Grab unserer Acltern be-
suchen und die alte, verfallene Hütte wieder sehen
wolltest, in der wir als Kinder so glücklich gewe-
sen! Ja, ja, Fritz, Du sollst Alles sehen! Aber erst
siel) hier mein Weib und meine Kinder! Da, meine
alte Marthe, die tapfer und unverdrossen mit mir
den Gang durch das Leben gemacht hat! Da meine
Kinder, den Burschen und das Mädel da!
Der vornehme Bruder reichte der alten Marthe
mit einem kühlen Lächeln die Hand hin und drückte
die ihre flüchtig, dann winkte er Rustica zu und
ließ sein Auge theilnahmlos über ihre junge, er-
reichende, knospende Schönheit hinschweifen. Aber
auf Eduard haftete sein Blick mit einem forschenden,
durchdringenden Ausdruck, und schien auf dem tief-
sten Grunde seines Herzens forschen zu wollen.
Eduard wich diesem Blick nicht aus, er begegnete
ihm mit keckem, fast drohendem Ausdruck, und das
lange, durchdringende Anschauen des Oheims schien
ihn fast zu beleidigen.
Das also ist Dein Sohn! sagte der vornehme
Herr und mit einem tiefen Seufzer das Haupt ab-
wendeud, murmelte er: Du bist sehr glücklich, einen
Sohn zu haben, Bruder!
Peter hatte in dem freudigen Ungestüm seines
Herzens die lezten Worte seines Bruders nicht ge-
hört. Er nöthigte ihn mit liebevoller Hast, in das
Haus einzutrcteu, uud auszuruhen von der anstren-
genden Reise. Er rief Marthen zu, eiligst für ciu
Frühstück zu sorgen, und befahl Rustica, in den
Keller hinabzusteigen und die Flasche Wein, welche
dort noch liege, herauf zu holen.
Aber der vornehme Kaufherr lehnte das Alles
mit herablassender Freundlichkeit ab. Er wollte nicht
das Haus betreten, er wollte nicht ausrnhen und
nicht essen, er bat nur um ein Glas Wasser mit
Zucker und Marthe mußte verlegen gestehen, daß
sie gerade dieses nicht zu bieten vermöge, weil in
ihrem ganzen Hause kein Stückchen Zucker zu fin-
den sey.
 
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